Vererbte Stoffwechselkrankheit

Porphyrie: Symptome, Diagnose und Behandlung

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Bei der Stoffwechselkrankheit Porphyrie funktioniert die Herstellung des roten Blutfarbstoffs Häm schlecht. Das führt zu plötzlichen heftigen Bauchschmerzen, einem Anstieg des Blutdrucks, Verwirrtheit oder Hautbeschwerden. Mit guter Behandlung können weitere Schübe meist verhindert werden.

porphyrie bauchschmerzen
© PeopleImages via Getty Images

Porphyrie ist eine sehr seltene angeborene Stoffwechselerkrankung. Dabei funktionieren bestimmte Enzyme (Eiweiße) nicht richtig und können deshalb nur unzureichend Häm bilden. Häm ist jedoch entscheidend für die Herstellung der roten Blutkörperchen (Hämoglobin), die im Blutkreislauf den Sauerstoff transportieren. Je nachdem, an welcher Stelle der Häm-Produktion der Defekt auftritt, werden mehrere Krankheitsformen mit teilweise eigenen Symptomen unterschieden.

Im Überblick:

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Formen der Porphyrie

Akute Formen der Porphyrie zeigen sich plötzlich:

  • Akute intermittierende Porpyhrie (AIP) – die weitaus häufigste Form
  • Porphyria variegata (PV)
  • Hereditäre Koproporphyrie (HKP)
  • Delta-ALA-Dehydratase-Mangel-Porphyrie (Doss-Porphyrie) – sehr selten

Mit langfristigen Symptomen, in der Regel an der Haut, gehen die nichtakuten Formen der Porphyrie einher:

  • Porphyria cutanea tarda
  • Erythropoetische Protoporphyrie
  • Kongenitale erythropoetische Porphyrie (Morbus Günther) – sehr selten

Da durch den Defekt an den Enzymen kein Häm gebildet werden kann, sammeln sich im Körper übermäßig viele Vorstufen von Häm an. Teilweise lagern diese sich in der Leber, im Knochenmark oder in der Haut ab. Daraus resultieren dann die Beschwerden. Gleichzeitig fehlen rote Blutkörperchen für den Sauerstofftransport. Aufgrund der unterschiedlichen und im Zusammenhang mit vielen Krankheiten stehenden Symptome und dem seltenen Vorkommen der Porphyrie wird die Krankheit oft erst spät diagnostiziert. Dabei variieren die Symptome von leicht störend bis lebensbedrohlich.

Ursachen: Das löst Porphyrie aus

Einer Porphyrie liegt ein vererbter Gendefekt zugrunde. Allerdings gibt es auch viele Menschen, bei denen dieser Gendefekt keine Probleme verursacht. Der Körper schafft es, den Defekt auszugleichen. Meist sind es weitere (äußere) Einflüsse, die zum Auftreten der Symptome führen. Wenn beispielsweise hoher Alkoholkonsum oder die Einnahme von Medikamenten die Leber zusätzlich belasten, sorgen die Häm-Vorstufen in Blut und Leber für Beschwerden. Auch der weibliche Zyklus oder Infekte können einen Schub auslösen.

Typische Auslöser für einen akuten Porphyrie-Schub:

In Europa hat etwa einer von 75.000 Menschen im Jahr einen akuten Porphyrieschub. Da laut einer Analyse französischer Blutspender etwa einer von 1.700 Menschen die genetische Anlage dafür hat, erkrankt tatsächlich nur ein sehr kleiner Teil der genetisch Betroffenen daran. Drei Viertel der Erkrankten sind Frauen. Meist fällt die Krankheit im jungen Erwachsenenalter auf, zwischen 20 und 40 Jahren.  

Die Porphyria cutanea tarda hingegen tritt erst etwas später auf und wird meist erst nach starkem Alkoholkonsum sichtbar. An dieser Form der Porphyrie erkranken Männer doppelt so häufig wie Frauen, insgesamt rund eine von 25.000 Personen jährlich. Oft waren Betroffene vorher an Hepatitis C erkrankt oder nahmen Östrogene. Außerdem kann eine Bleivergiftung zu einer Porphyrie führen.

Symptome einer akuten Porphyrie und Porphyria cutanea tarda

Typisch bei einer akuten Porphyrie sind heftige, krampfartige Bauschmerzen, die plötzlich beginnen. Dazu kommen oft Übelkeit und Erbrechen sowie Herzrasen und ein erhöhter Blutdruck. Auch neurologische Auffälligkeiten wie Missempfindungen, Muskelschwäche oder Lähmungen sind häufig, ebenso Verwirrtheit, Ängste oder sogar Halluzinationen. Im Extremfall können die Beschwerden sogar lebensbedrohlich werden.

Eine Porphyria cutanea tarda („späte Porphyrie der Haut“) hingegen zeigt sich vor allem an der Haut: An Gesicht, Hals und Händen bilden sich bei Sonneneinstrahlung/UV-Licht schnell Hautbläschen. Diese entstehen auch bei kleinsten Verletzungen im Alltag. Deshalb sind Betroffene durch viele winzige Narben entstellt, die oft mit kleinen weißen Flecken (Milien) einhergehen. Bei vielen von ihnen wachsen auch kleine Härchen auf der Stirn und den Wangen. Oft ist der Urin dunkel gefärbt.

Bei den seltener auftretenden Formen akute Porphyria variegata und hereditäre Koproporphyrie zeigen sich ebenfalls oft Bläschen und kleine Wunden auf der Haut.

Diagnostik bei Porphyrie

Nicht immer denken Ärzte bei Bauchschmerzen und Herzrasen oder Hautproblemen an die seltene Krankheit Porphyrie. Wichtig ist es zur Diagnostik, während eines Schubs den Urin auf die beiden Porphyrin-Vorstufen Porphobilinogen (PBG) und 5-Aminolävulinsäure (5-ALA) zu untersuchen. Werden davon erhöhte Konzentrationen entdeckt, sollten auch Blut und Stuhl auf Porphyrin getestet werden. Zusätzlich muss der Arzt die Leberfunktion überprüfen. Teilweise empfiehlt es sich auch, eine virale Hepatitis auszuschließen und den Eisenstatus des Betroffenen zu kontrollieren. Ein erhöhter Eisenwert ist ein typisches Zeichen für die Porphyria cutanea tarda.

Steht nach der Diagnose fest, dass eine Porphyrie die Symptome ausgelöst hat, sollten Betroffene ihre Verwandten informieren. Denn häufig leiden sie an dem gleichen Gendefekt und können durch Vorsicht beim Alkoholkonsum und der Einnahme von Medikamenten das Ausbrechen der Krankheit verhindern.

Porphyrie: Behandlung durch Häm-Arginat

Die wichtigste Behandlung bei einem akuten Porphyrie-Schub ist jedoch eine Infusion mit Häm-Arginat. Dadurch erhält der Körper das benötigte Häm und reduziert deshalb die Bildung der schädlichen Häm-Vorstufen. Ist das Medikament nicht sofort verfügbar, hilft auch eine Infusion mit Glukose, wodurch die Konzentration der Häm-Vorstufe im Blut verdünnt wird. Gegen einen erhöhten Blutdruck oder Schmerzen können bestimmte Medikamente eingesetzt werden, die den Porphyrie-Schub nicht weiter verstärken.

Bei einer Porphyria cutanea tarda hilft vor allem gezielter Sonnenschutz: Betroffene sollten direkte Sonneneinstrahlung meiden und langärmelige Kleidung, geschlossene Schuhe und breitkrempige Hüte tragen. Unbedeckte Hautpartien sollten mit reflektierenden Sonnencremes wie Zinkoxid oder Titaniumoxid geschützt werden. Außerdem wird Betroffenen oft Blut abgenommen, um den erhöhten Eisengehalt im Blut zu senken. Manchen Erkrankten hilft auch das Medikament Chloroquin. Anders als bei den akuten Formen der Porphyrie verstärken Medikamente bei der Porphyria cutanea tarda normalerweise nicht die Symptome.

So können Sie Porphyrie vorbeugen

Wer weiß, dass er Porphyrie leidet oder den entsprechenden Gendefekt hat, sollte auf Alkohol und Diäten verzichten. Bei der Einnahme von Medikamenten sollten Betroffene mit dem Arzt besprechen, ob die Medizin unvermeidbar ist, und ob es Alternativen gibt, die für Erkrankte besser verträglich sind. Wer an einem akuten Porphyrie-Schub leidet, sollte versuchen, trotzdem möglichst normal weiter zu essen, insbesondere Kohlenhydrate. Ist ein bestimmtes Medikament der Auslöser, sollte es soweit möglich abgesetzt werden.

Auslöser meiden

Bei den meisten an einer akuten intermittierenden Porphyrie Erkrankten verschwinden nach Behandlung des Schubs alle Symptome wieder. Wenn sie die Auslöser fortan vermeiden, können Betroffene unbeschwert leben. Manche Menschen, insbesondere Frauen, entwickeln jedoch eine chronische Form. Bei ihnen kehren die Beschwerden regelmäßig wieder, oft mit dem Monatszyklus. In schweren Fällen empfiehlt sich eine Therapie bei Schmerzspezialisten.

Wer weiß, dass er an einem Porphyrie-Gendefekt leidet, sollte sich entsprechend umsichtig verhalten. Mit ein paar einfachen Vorsichtsmaßnahmen kann ein Schub meist verhindert werden:

  • Verzicht auf Alkoholkonsum
  • Vorsicht bei der Einnahme von Medikamenten
  • Verhütung ohne Hormone
  • Gleichmäßige Kohlenhydratzufuhr
  • Schutz vor der Sonne (bei Porphyria cutanea tarda)

Betroffene Eltern können ihre Kinder auf den Gendefekt testen lassen. Ihr Risiko, den Gendefekt zu erben, beträgt rund 50 Prozent. Wer sich an die Vorsichtsmaßnahmen hält, bemerkt oft gar nichts von seiner Porphyrie.

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