Altersweitsichtigkeit: Presbyopie ist nur eine Frage der Zeit
Altersweitsichtigkeit ist eine normale Alterserscheinung, die jeden normalsichtigen Menschen betrifft. Etwa ab dem 45. Lebensjahr verliert die Linse des Auges langsam an Elastizität.
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Die Altersweitsichtigkeit, auch Presbyopie genannt, ist weder eine Krankheit noch eine Fehlsichtigkeit. Sie entsteht aufgrund eines normalen Alterungsprozesses der Augenlinse sowie der Zonulafasern. Die Linsenelastizität nimmt ab und die Linse verhärtet.
Das Altern der Linse beginnt bereits ab Geburt und schreitet kontinuierlich fort. Erst wenn die Anpassung des Auges an unterschiedliche Entfernungen (Akkommodationsfähigkeit), soweit abgesunken ist, dass man das Auge gerade noch auf einen Leseabstand von 33 Zentimetern einstellen, Kleingedrucktes aber nicht näher ans Auge heranführen kann, merkt man die Einschränkung. Beim Normalsichtigen ist dies mit etwa 45 Jahren der Fall.
Altersweitsichtigkeit verschiebt sich bei Fehlsichtigkeit
Liegt eine Fehlsichtigkeit wie Weit- oder Kurzsichtigkeit vor, tritt die Altersweitsichtigkeit früher oder etwas später als normal ein. Für die Akkommodation muss sich die Linse wölben, um die Brechkraft anzupassen. Ist die Linsenelastizität verringert, dann ist dies nur eingeschränkt möglich. Um im Nahbereich von bis zu 33 Zentimetern scharf sehen zu können, ist jedoch eine relativ starke Linsenwölbung nötig.
Der Bereich, in dem wir in der Nähe scharf sehen können, rückt deshalb mit zunehmendem Lebensalter immer weiter weg. Alle fünf Jahre nimmt die erforderliche Dioptrienzahl um etwa eine Dioptrie zu. Das Resultat (ohne Lesebrille): Bis zum 65. Lebensjahr klappt die Naheinstellung statt auf 33 Zentimeter nur noch auf zwei Meter. Danach findet nur noch in wenigen Fällen eine weitere Verschlechterung statt.
Symptome der Altersweitsichtigkeit
Bei der Altersweitsichtigkeit können Gegenstände aus der Nähe immer schlechter erkannt werden. Beträgt der Abstand weniger als 30 bis 40 Zentimeter, wird der Gegenstand nur noch verschwommen oder undeutlich wahrgenommen. Das Problem macht sich besonders beim Lesen bemerkbar. Die Betroffenen halten die Zeitung oder das Buch weiter weg. Dabei stellen sie fest, dass das Bild wieder schärfer wird. Irgendwann sind die Arme jedoch zu kurz. Auch wer kurz- oder weitsichtig ist, wird zusätzlich noch altersweitsichtig.
Bei Weitsichtigkeit schon früh Lesebrille nötig
Weitsichtigkeit entsteht, weil der Augapfel zu kurz ist und deshalb der Schnittpunkt des einfallenden Lichtes hinter der Netzhaut liegt. Altersweitsichtigkeit macht sich bei weitsichtigen Menschen bereits im Alter zwischen 35 und 45 Jahren bemerkbar, sodass einige Weitsichtige bereits mit 35 Jahren eine Lesebrille benötigen. Sie können dann in der Nähe und später auch in der Ferne nicht mehr scharf sehen.
Bei der Kurzsichtigkeit ist es umgekehrt. Eine zusätzliche Altersweitsichtigkeit tritt zwar ebenfalls bereits vor dem 40. Lebensjahr auf, wird aber zunächst von der Kurzsichtigkeit ausgeglichen. Kurzsichtige müssen meist erst mit 50 Jahren zur Lesebrille greifen, manche Patienten kommen ganz ohne Brille aus.
Ursachen der Altersweitsichtigkeit
Die Presbyopie ist eine Alterserscheinung. Wenn das Auge nahegelegene Gegenstände erkennen soll, dann muss sich die Linse wölben. Doch im Laufe der Jahre wird die Linse immer dicker und aufgrund von Kalkeinlagerungen härter. Der starre Kern vergrößert sich auf Kosten der weichen Rinde. Dadurch wird die Elastizität der Linse geringer und sie kann sich weniger wölben. Mit zunehmendem Alter ist auch der Ziliarmuskel, der an der Linsenwölbung beteiligt ist, nur noch eingeschränkt zur Kontraktionsbewegung fähig. Außerdem lässt die Spannung der Zonulafasern bei Kontraktion des Ziliarmuskels nach.
Linse wird mit zunehmendem Alter unbeweglicher
Die Linse ist unbeweglicher und die Akkommodation des Auges ist erschwert. Bei geringerer Wölbung ist die Brechkraft der Linse vermindert, die einfallenden Lichtstrahlen werden also nicht mehr genug gebündelt. Von Gegenständen beziehungsweiseTexten im Nahbereich entsteht dann auf der Netzhaut nur ein verschwommenes Bild.
Altersweitsichtigkeit: Diagnose per Sehtest
Für die Diagnosestellung liefern dem Augenarzt schon die geschilderten Sehbeschwerden und des Alters des Patienten wichtige Hinweise, sofern keine weiteren Beschwerden vorliegen. Darüber hinaus kann der Arzt die Sehschärfe des einzelnen Auges mit Hilfe von Sehproben-Tafeln ermitteln.
Nach der Diagnose ermittelt der Arzt die Brillenstärke
Danach kann mit einem Phoropter der Sehtest wiederholt werden. Dabei schaut der Patient durch ein Gerät, in welchem der Augenarzt verschieden starke Korrekturgläser einstellen kann. Der Patient gibt an, welche Buchstaben und Zahlen er jeweils erkennen kann und der Arzt bestimmt das richtige Glas für Ferne und Nähe. Alternativ kann eine Messbrille, in die unterschiedlich starke Gläser eingesetzt werden, Anwendung finden. Ein sogenanntes Refraktometer misst ebenfalls die nötige Dioptrienzahl. Während der Patient vor dem Refraktometer sitzt und durch ein optisches System schaut, schickt das Gerät Lichtstrahlen ins Auge. Das Refraktometer überprüft die Lichtbrechung. Dann errechnet es automatisch, welche Brillenstärke nötig ist, um im Fern- und Nahbereich wieder gut sehen zu können.
Behandlung der Altersweitsichtigkeit: Sehhilfe oder OP
Die Korrektur der Presbyopie wird durch eine Lesebrille mit konvexen Gläsern (Sammellinse) erzielt. Weiterhin besteht die Möglichkeit, Kontaktlinsen zur Korrektur zu verwenden oder sich einem operativen Eingriff im Zusammenhang mit der Behandlung des grauen Stars zu unterziehen.
Lesebrillen
Normalsichtige benötigen im Alter von etwa 45 Jahren eine LesebrilleLesebrille mit +0,75 bis +1 Dioptrie. Die Akkommodationsfähigkeit des Auges verschlechtert sich alle fünf Jahre um weitere +0,5 bis +1 Dioptrien. Bei weitsichtigen Menschen müssen die Werte für die Alterssichtigkeit zur bislang verwendeten positiven Korrektur addiert werden. Insgesamt ergibt sich dann ein relativ hoher positiver Korrekturwert.
Bei kurzsichtigen Menschen addieren sich die Werte für die Alterssichtigkeit ebenfalls zu den bislang vorhandenen Korrekturwerten. Da diese aber negativ sind, gleichen sich die Werte zwischendurch aus und sind relativ niedrig. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Bei einer Kurzsichtigkeit von -2,0 Dioptrien und einer Alterssichtigkeit von +2,0 Dioptrien ergibt sich als Gesamtkorrekturwert null, sodass der Betroffene in der Lage ist, für einige Jahre ohne Brille zu lesen, obgleich er bereits über 45 Jahre alt ist.
Zumeist sind irgendwann zwei Lesebrille nötig, eine für die Ferne und eine für den Nahbereich. Alternativ hierzu gibt es Bifokal-Brillen, die im oberen Glasbereich auf die Fernsicht und im unteren Glasbereich beim Lesen auf die Nahsicht eingestellt sind. Der abrupte Übergang zwischen Nah- und Fernbereich wird mitunter als störend empfunden.
Alternativ zur Bifokallinse gibt es die Gleitsichtbrille, bei der die beiden Sehbereiche nicht abrupt, sondern allmählich ineinander übergehen. Gleitsichtbrillen sind insbesondere auch für all jene Menschen gut geeignet, die viel am Bildschirm arbeiten. Allerdings ist die Eingewöhnungsphase oftmals mit leichtem Schwindel und Kopfschmerz verbunden, die ein paar Wochen anhalten können.
Kontaktlinsen
Für die Korrektur der Altersweitsichtigkeit können Kontaktlinsen aus hartem oder weichem Material sowie monofokale, bifokale und multifokale Kontaktlinsen verwendet werden. Wird die klassische Monovisionstechnik angewandt, dann wird auf das dominante Auge eine Kontaktlinse für die Fernsicht gesetzt, auf das andere Auge eine Linse für den Nahbereich. Das Gehirn schafft es dann, die Seheindrücke so zu verarbeiten, dass ein Auge in der Ferne scharf sieht und das andere Auge in der Nähe. Da bei dieser Methode der Anpassung die Fähigkeit zum binokularen Tiefensehen eingeschränkt ist, kann sie zum Beispiel nicht bei Autofahrern angewandt werden.
Bei den simultanen Systemen befinden sich alle Zonen für die unterschiedlichen Entfernungen gleichzeitig vor der Pupille. Deshalb entstehen vom angeblickten Objekt zwei sich überlagernde Bilder unterschiedlicher Schärfe auf der Netzhaut. Der Träger solcher Systeme muss lernen, das jeweils unschärfere Netzhautbild zu unterdrücken und sich auf die scharfe Abbildung zu konzentrieren.
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Eine Vielzahl weicher Bifokallinsen (Linse mit je einer Korrektionszone für den Fern- und den Nahbereich, das heißt, zwei Entfernungen werden gleichzeitig abgebildet) sowie Multifokallinsen (Linse mit mehreren Korrektionszonen, das heißt, mehrere Entfernungen werden gleichzeitig abgebildet) sind als simultanes System konzipiert.
Bei alternierenden Systemen (Multifokal- und Bifokallinsen) bewegt sich die Kontaktlinse etwas auf dem Auge, sodass der Kontaktlinsenträger, je nachdem, ob er in die Ferne oder Nähe schaut, durch unterschiedliche Korrekturbereiche in der Linse blickt und jeweils ein scharfes Bild entsteht. So befindet sich beim Blick in die Nähe nur der Nahteil der Kontaktlinse vor der Pupille. Allerdings muss die Linse auf dem Augapfel gut verschiebbar sein. Beim Blick nach unten erfolgt die Verschiebung der Kontaktlinse mithilfe des Unterlides leicht nach oben. So gelangt der Teil der Kontaktlinse vor die Pupille, der für die Nahsicht korrigiert ist.
Operativer Eingriff
Eine Operation kann erfolgen, wenn zusätzlich zur Altersweitsichtigkeit ein Grauer Star (Katarakt) vorliegt. Die trübe Linse wird gegen eine Kunstlinse (Intraokularlinse) ausgetauscht. Dazu schneidet der Augenchirurg unter Vergrößerung durch ein Operationsmikroskop die Hornhaut im Randbereich einige Millimeter ein. Die Vibration (Ultraschall) einer in die Linse eingebrachten dünnen Hohlnadel zerlegt die Trübungen der Linse in kleine Bruchstücke, die durch die vibrierende Nadel abgesaugt werden.
Die seitliche und die hintere Linsenkapsel, der sogenannte Linsenkapselsack, verbleiben im Auge. Nun wird durch den winzigen Schnitt eine gefaltete Kunstlinse in den nun leeren Linsenkapselsack eingesetzt, die sich darauf hin im Augeninneren entfaltet. Kleine elastische Bügel verankern die Linse im Auge. Eine Neuentwicklung sind die sogenannten akkommodativen Linsen. Dafür sind zwei Monofokallinsen unterschiedlicher Dioptrienzahl hintereinander geschaltet. Durch die Arbeit des Augenmuskels soll sich der Abstand der beiden Optiken zueinander und damit auch der Brennpunkt verändern.
Diese Linsen sind zwar interessant, aber derzeit noch nicht ganz im klinischen Alltag angekommen. Die bereits länger eingeführten Multifokallinsen schneiden im Vergleich ähnlich gut, im Langzeitverlauf sogar etwas besser, ab. Sie verteilen das einfallende Licht auf mehrere Brennpunkte, was ein relativ scharfes Sehen in allen Entfernungen ermöglicht. Viele Patienten kommen ohne zusätzliche Brille aus. Eine gewisse Einbuße an Kontrastsehen ist möglich. Dieser Verlust entsteht durch die Verteilung des einfallenden Lichtes auf mehrere Brennpunkte. Bei einem Glaukom, einer altersbedingten Makuladegeneration und anderen Netzhauterkrankungen dürfen Multifokallinsen nicht eingesetzt werden.
Korrektur mittels Laser oder Radiowellen
Ziel des Eingriffs ist es, ein Auge auf den Leseabstand einzustellen, das andere Auge sieht in der Ferne scharf. Allerdings ist nur reduziertes räumliches Sehen möglich.
Die klassische LASIK-Methode (und die neueren Verfahren PresbyLASIK beziehungsweise PresbyCAM): Der liegende Patient muss während des mehrminütigen Eingriffs einen bestimmten Punkt mit den Augen fixieren. Zunächst wird der Augapfel angesaugt. Dann wird von der oberen Hornhautschicht mit einem automatischen Mikrohobel (Mikrokeratom) eine dünne Scheibe (etwa 0,16 Millimeter dick), Flap genannt, zu etwa 90 Prozent eingeschnitten und wie ein Buchdeckel weggeklappt. Der Vorhang ist damit geöffnet und die Bühne frei für den Laserstrahl (Excimer-Laser) zur Bearbeitung des Hornhautinneren (etwa 0,34 Millimeter). Die Pulse des Excimer-Lasers bringen in einer zentralen optischen Zone (Durchmesser etwa sechs Millimeter) Gewebe zum Verdampfen.
Das Relief der verbliebenen Hornhaut wird geeignet bearbeitet. Mit PresbyCAM (Presbyopia Custom Ablation Manager) wird ein Auge mittels negativer sphärischer Aberration im Zentrum für die Fernsicht und in der Peripherie für die Nahsicht korrigiert. Beim anderen Auge werden durch positive sphärische Aberration das Zentrum für die Nahsicht und die Peripherie für die Fernsicht optimiert. Dieses Verfahren soll das räumliche Sehen weniger beeinträchtigen als die gewöhnliche Monovision. Veröffentlichte Studienergebnisse liegen noch nicht vor.
Bei PresbyLASIK wird zuerst eine multifokale Sechs-Millimeter-Zone in der zentralen Hornhaut erzeugt. Die zentrale Drei-Millimeter-Zone wird dann um zusätzliche 1,5 dpt überkorrigiert. Zwischen diesen beiden Zonen liegt eine 1,5 Millimeter breite Übergangszone. Anschließend wird der Flap in seine ursprüngliche Position zurückgeklappt, wo er selbst anhaftet (aber nie wieder vollständig anwächst). Es gibt keine oberflächliche Wunde. Nicht jedes Auge ist für den Eingriff geeignet: Zwingende Voraussetzungen sind unter anderem, dass der Pupillendurchmesser tagsüber und nachts nicht zu groß ist und die Hornhaut eine ausreichende Dicke aufweist.
Die Conduktive Keratoplastik (CK)
Diese Methode ist nur bei reiner Alterssichtigkeit (eignet sich für Alterssichtige, die in der Ferne gut sehen) sowie bei Weitsichtigkeit bis 1,5 Dioptrien geeignet. Mittels Marker kennzeichnet der Augenarzt die Oberfläche der Hornhaut und die Mitte der Pupille. Er legt fest, an welchen Stellen des Hornhautrandes behandelt wird. Hochfrequente Wellen (Radiowellen) werden dann mit einer feinen Sonde innerhalb von Millisekunden ins Innere der Hornhaut geleitet. Das Gewebe zieht sich etwas zusammen. Nach der Behandlung sieht der Patient mit dem punktierten Auge in der Nähe scharf. Das Auge, das in der Ferne scharf sieht, wird nicht behandelt.
Vorbeugen kann man der Presbyopie nicht
Es handelt sich um einen normalen Alterungsprozess, der zur Altersweitsichtigkeit führt. Deshalb gibt es keine Prävention. Auch spezielles Augentraining kann nach derzeitigem Wissensstand den Prozess nicht aufhalten beziehungsweise hinauszögern.