Unfälle bei der Selbstbefriedigung

Morbus Kobold: Penisverletzung durch Masturbation mit Staubsauger

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Beim Masturbieren kommt es immer wieder zu Unfällen – und das häufiger als gedacht. Vor allem Penisverletzungen durch Selbstbefriedigung mit einem Staubsauger haben lange Zeit Schlagzeilen gemacht: das Staubsaugermodell "Kobold" barg eine hohe Verletzungsgefahr. Mit welchen Folgen müssen Betroffene rechnen?

morbus kobold
© Getty Images/Robert Kneschke/EyeEm

Im Überblick:

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Was ist Morbus Kobold?

Morbus Kobold bezeichnet scherzhaft eine Penisverletzung, die durch Masturbation mit einem Staubsauger ausgelöst wird.

Der Begriff geht auf die Dissertation "Penisverletzungen bei Masturbation mit Staubsaugern" des Arztes Michael Alschibaja Theimuras aus dem Jahr 1978 zurück. Die Arbeit behandelt Fallbeispiele betroffener Männer, die zur Selbstbefriedigung auf einen Handstaubsauger des Modells Kobold der Marke Vorwerk zurückgriffen. Mitunter wird die Penisverletzung auch als Kobold-Syndrom oder Morbus Vorwerk bezeichnet.

Übrigens: Als die Firma Vorwerk Ende der 1970er Jahre auf das erhöhte Verletzungsrisiko aufmerksam wurde, änderte man die Bauweise des Modells Kobold und verlängerte das Ansaugrohr. Derlei Unfälle können also nicht mehr passieren. Dennoch hat sich die inoffizielle Bezeichnung Morbus Kobold bis heute für sämtliche autoerotischen Unfälle durchgesetzt. Von einem autoerotischen Unfall sprechen Fachleute, wenn es durch das Herbeiführen sexueller Erregung an der eigenen Person ohne Beteiligung Dritter zu Verletzungen kommt.

Ursachen: Wie kommt es zum Masturbationsunfall mit Staubauger?

Bei den in der Dissertation behandelten Fallbeispielen führten die betroffenen Männer ihren Penis in den Ansaugstutzen des Staubsaugermodells Kobold ein. Dass es vor allem bei diesem Modell zu Verletzungen kam, ist der speziellen Bauform geschuldet:

  • Der Motor mit den Rotationsblättern, der sich bei den meisten Geräten hinter dem Staubbeutel befindet, ist beim Kobold-Staubsauger sehr nah am Rohrausgang platziert. Einen Verbindungsschlauch gibt es anders als bei herkömmlichen Modellen nicht. Nur der Ansaugstutzen – 11 cm lang und 3,2 cm breit – trennt den „Propeller“ von der Staubsaugeröffnung.

  • Die Anwender führten ihr Glied nach eigenen Angaben im nicht erigierten Zustand in den Ansaugstutzen ein. Wird der Staubsauger dann aktiviert, kommt es durch den Sog zur Erektion. Je stärker der Sog wird, desto tiefer wird der Penis in den Ansaugstutzen gezogen und kann hier – je nach Größe des Glieds sowie Motorleistung und Saugstufe des Geräts – vom laufenden Propeller erfasst werden.

Symptome bei Morbus Kobold

Die Folgen eines Masturbationsunfalls durch die Verwendung des Staubsaugermodells „Kobold“ sind schmerzhafte Verletzungen

  • der Vorhaut (Praeputium) und des Vorhautbändchens (Frenulum)
  • der arteriellen Schwellkörper, die sich über die gesamte Länge des Penis erstrecken (Corpora cavernosa),
  • der Eichel (Glans penis),
  • sowie der Harnröhre (Urethra).

In den meisten Fällen tritt unmittelbar eine starke Blutung auf – ausgelöst durch Hauteinrisse, Schnittverletzungen und offene Wunden. Nach kurzer Zeit verfärbt sich die Penishaut aufgrund von Quetschwunden typischerweise bläulich bis schwarz und es bilden sich Hämatome. Auch starke Schwellungen (Ödeme) sind möglich. Häufig kommt es zudem zu tiefen Gewebsdefekten (Nekrosen) und Fisteln, die wiederum bakterielle Infektionen zur Folge haben können.

Blutiger Urin kann auf eine Verletzung der Harnröhre und einen dadurch ausgelösten Harnwegsinfekt beim Mann hindeuten. In seltenen Fällen kann es zu einer Durchtrennung der Harnröhre kommen.

Wie wird Morbus Kobold behandelt?

Betroffene eines autoerotischen Unfalls schämen sich häufig für die Ursache ihrer Penisverletzung. Deshalb versuchen einige, die Blutungen eigenständig zu stillen, anstatt sich in medizinische Behandlung zu begeben. Das ist jedoch keine gute Idee: Je eher die Verletzungen von einem*einer Arzt*Ärztin versorgt werden, desto besser ist die Aussicht auf eine komplikationslose Heilung. Betroffene sollten daher nicht zögern, schnellstmöglich Hilfe zu einholen.

Je nach Schwere der Verletzungen müssen autoerotische Unfälle wie Morbus Kobold stationär im Krankenhaus behandelt werden. Die Erstversorgung erfolgt in der Regel durch Fachleute der Unfallchirurgie. Im weiteren Verlauf übernehmen urologische und dermatologische Fachkräfte die Therapie.

Typische erste Behandlungsmaßnahmen sind folgende:

  • Legen eines Blasenkatheters, wenn die Verletzungen schmerzfreies Urinieren verhindern und es in der Harnröhre zu Blutungen kommt
  • Wundversorgung: Stillen der Blutungen, Säubern und Desinfizieren des Penis, Abtragen zerfetzter Hautteile (Nekrosen)
  • Nähen der Wunden und Anlegen eines Druckverbands

In einigen Fällen kann eine Beschneidung (Zirkumzision) notwendig werden. Dabei wird die männliche Vorhaut teilweise entfernt. Wurden größere Teile des Glieds zerfetzt, kann zudem eine Hauttransplantation durchgeführt werden. In diesem Fall wird Haut von einer anderen Körperstelle, etwa dem Oberschenkel oder Gesäß, auf den Penis verpflanzt.

Um die Wundheilung zu fördern, können tägliche Sitzbäder helfen. Diesen ist etwa Kamillosan oder Kaliumpermanganat zugesetzt (ein Kaliumsalz, das zur Desinfektion und äußeren Behandlung der Haut eingesetzt wird, etwa auch bei Fußpilz).

Wenn die Wundheilung beginnt, kann die weitere Versorgung in der hausärztlichen Praxis erfolgen. Wichtig ist auch eine regelmäßige Nachsorge, da es zu postoperativen Komplikationen wie Hautinfektionen kommen kann.

Medikamentöse Behandlung bei Morbus Kobold

Eine Überprüfung des Impfstatus und eine Tetanusprophylaxe werden grundsätzlich bei offenen Verletzungen durchgeführt, um eine Tetanusinfektion zu vermeiden. Treten bakterielle Hautinfektionen oder eine Harnwegsentzündung auf, wird zudem ein Antibiotikum verabreicht. Da Penisverletzungen mit sehr starken Schmerzen verbunden sind, erhält der Patient in der Regel auch Schmerzmittel.

Verlauf und Prognose bei Morbus Kobold

Die stationäre Behandlung im Krankenhaus dauert in der Regel zehn bis 15 Tage. Anschließend ist jedoch meist eine weitere Behandlung in der hausärztlichen Praxis nötig – etwa zum Verbandswechsel. In einigen Fällen heilt die Penisverletzung folgenlos aus. Häufig geht Morbus Kobold jedoch mit postoperativen Komplikationen und Langzeitfolgen einher:

  • Aufgrund starker Verletzungen kann es zu Durchblutungsstörungen im Glied kommen. Das wiederum hat eine Sensibilitätsschwäche und damit eine verminderte Erektion beim Geschlechtsverkehr zur Folge.
  • Möglich sind auch Beschwerden beim Wasserlassen (Miktionsbeschwerden), etwa durch eine Vernarbung der Harnröhre. Auch mehrstrahliges Urinieren kann eine Folge sein.
  • Bakterielle Infektionen von Haut und Gewebe können zu einem Absterben bestimmter Partien oder des gesamten Glieds führen.

Zudem sind die psychischen Folgen eines autoerotischen Unfalls nicht zu unterschätzen. Viele Betroffene leiden etwa unter der veränderten Optik ihres Geschlechtsteils, schämen sich und meiden sexuellen Kontakt zu anderen Menschen. Auch die erforderlichen chirurgischen Behandlungsverfahren sind mitunter sehr schmerzhaft und mit einer Menge Scham für die Betroffenen verbunden.

Weitere häufige autoerotische Unfälle

Masturbation wird noch immer tabuisiert, dabei ist die sexuelle Praktik weit verbreitet: Statistiken zufolge masturbiert der Großteil der deutschen Bevölkerung im Schnitt ein- bis dreimal pro Woche. Regelmäßige Selbstbefriedigung kann wesentlich zur körperlichen und seelischen Gesundheit beitragen: Die Tätigkeit kann zum einen

  • Stress abbauen,
  • für Entspannung sorgen
  • und das psychische Wohlbefinden steigern.

Zum andere kann Masturbation als eine Art sportliche Betätigung eingeordnet werden, die den Körper fit hält und vor diversen Erkrankungen schützen kann.

Um von Selbstbefriedigung zu profitieren, ist jedoch eines wichtig: Die Masturbation sicher durchzuführen, damit es nicht zu autoerotischen Unfällen kommt.

Immer wieder berichten Mediziner*innen von Fällen, in denen Personen bei der Selbstbefriedigung auf Hilfsmittel zurückgreifen, die nicht für derlei Praktiken vorgesehen sind. Auf diese Weise soll die sexuelle Erregung gesteigert werden. Was im ersten Moment kreativ, skurril und mitunter lustig klingt, kann böse – und in der Notaufnahme – enden. Mitunter kommt es sogar zu Todesfällen.

Krankenhausberichten zufolge führen etwa folgende Praktiken regelmäßig zu Verletzungen, die medizinisch behandelt werden müssen:

  • Sauerstoffmangel: Der Entzug von Sauerstoff ist die häufigste Todesursache bei autoerotischen Unfällen. Sauerstoffmangel kann in Verbindung mit sexueller Erregung euphorisierend wirken, da vermehrt Dopamin ausgeschüttet wird. Deshalb strangulieren sich einige Menschen selbst oder stülpen sich einen Plastikbeutel über den Kopf. Auch das Einatmen rauscherzeugender oder erstickender Stoffe kommt mitunter zum Einsatz – häufig bis zur Bewusstlosigkeit. In einigen Fällen endet die „Masturbation durch Atemkontrolle“ tödlich.
  • Elektrostimulation: Einige Menschen versuchen, sich mit Stromschlägen zu stimulieren (erotische Elektrostimulation). Die Anbringung elektrischer Reizquellen an Genitalien und erogenen Zonen kann zu Herzrhythmusstörungen, Atemnot, Verbrennungen und Bewusstlosigkeit – und letztlich auch zum Tod führen.
  • Einführen von Fremdkörpern in Körperöffnungen: Das Einführen von Gegenständen, etwa in Vagina, Harnröhre oder Anus, kann zu urologischen sowie rektalen Verletzungen führen. Auch kommt es vor, dass Fremdkörper zu tief in eine Körperöffnung geschoben werden und diese nur mit medizinischer Hilfe wieder entfernt werden können.

Wie häufig sind autoerotische Unfälle?

Die offizielle Zahl der autoerotischen Unfälle mit Todesfolge liegt in Deutschland bei ein bis zwei Menschen pro Jahr. Fachleute gehen jedoch von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus. Auch bei Masturbationsunfällen ohne Todesfolge wird die Dunkelziffer als sehr hoch eingeschätzt: Viele Betroffene suchen aus Scham keine ärztliche Hilfe auf oder verschweigen den tatsächlichen Grund ihrer Verletzung oder geben andere Ursachen an. Autoerotische Unfälle kommen Berichten zufolge zum Großteil bei Männern vor.

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