Gefahr des postoperativen Delirs

Durchgangssyndrom: Verwirrtheit nach der OP vorbeugen

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Sind Menschen nach einer Operation durch die Narkose desorientiert, sprechen Mediziner vom Durchgangssyndrom. Vor allem bei älteren Patienten kommt das postoperative Delir sehr häufig vor, obwohl bereits einfache pflegerische Maßnahmen Abhilfe schaffen könnten.

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Etwa ein Fünftel der Menschen über 70 Jahre ist nach einer Operation mit Vollnarkose verwirrt, desorientiert oder erkennt die eigenen Familienmitglieder nicht einmal mehr. Damit ist das Durchgangssyndrom oder postoperative Delir die häufigste Komplikation operativer Eingriffe an älteren Patienten. Es verlängert nicht nur den Krankenhausaufenthalt, sondern macht zudem einen nachfolgenden Heimunterbringung wahrscheinlicher. Nicht zuletzt geht das Durchgangssyndrom auch mit einem erhöhten Sterberisiko einher.

Apathisch oder hyperaktiv: Symptome des Durchgangssyndroms

Das Durchgangssyndrom zeigt sich auf zwei Arten: Entweder liegen die Patienten ruhig im Bett, wirken apathisch und desorientiert. Beim hyperaktiven Delir hingegen sind sie sehr unruhig, wollen etwa das Bett verlassen oder reißen ihre Verbände ab. Auch Halluzinationen, Herzrasen und Schweißausbrüche zählen zu den häufigen Anzeichen des Durchgangssyndroms.

Ein Problem: Durch Symptome wie Verwirrtheit und mangelndes Wiedererkennen kann das Syndrom leicht als Demenz fehlinterpretiert werden. Deshalb ist wichtig, dass Angehörige gemeinsam mit den Ärzten über das Verhalten sprechen und klären, ob es eventuell schon vor dem Eingriff Auffälligkeiten gab. Im Idealfall findet bereits bei der Aufnahme des Patienten ein Screening auf kognitive Defizite statt.

Ursachen und Dauer des Durchgangssyndroms

Das postoperative Delir kann Stunden, aber auch Tage oder länger dauern. Seine Ursachen sind vielfältig. Eine bestehende Demenz ist der bedeutendste Risikofaktor für die Entwicklung des Durchgangssyndroms. Neben dem Alter der Patienten spielen auch Infektionen vor der Operation, etwa ein Harnwegsinfekt, eine Rolle.

Stress und Reizüberflutung durch die vielen unbekannten Geräusche und Menschen sind laut der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie (DGGPP) weitere mögliche Ursachen. Wahrnehmungsprobleme fördern das postoperative Delir – etwa wenn der Patient Brille oder Hörgerät nicht trägt.

Weiteren Einfluss haben lange Nüchternheit – vor allem der Verzicht auf Flüssigkeit – vor der Operation sowie die Dauer des Eingriffs beziehungsweise der Narkose.

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Angehörige wichtig für Behandlung des Durchgangssyndroms

Um die postoperative Verwirrung schnell wieder in den Griff zu bekommen, sollten Orientierungshelfer wie ein Kalender oder eine Uhr sowie vertraute Fotos oder persönliche Gegenstände in der Umgebung des Patienten aufgestellt werden. Wichtig ist außerdem ein erholsamer und ungestörter Schlaf. Ausreichende Beleuchtung tagsüber fördert den Tag-Nacht-Rhythmus. Es ist hilfreich, den Patienten von unnötigen Reizen abzuschirmen und Wechsel des Pflegepersonals zu vermeiden. Die im Alltag benötigten Hilfsmittel wie Hörgerät und Brille sollten eingesetzt werden.

Angehörige können dazu beitragen, dass sich das Durchgangssyndrom zurückbildet und die Patienten sich wieder besser orientieren können. Zuwendung und beruhigende Worte von vertrauten Menschen helfen, postoperativen Stress zu reduzieren und das Gefühl der Isolation abzubauen.

Neben diesen Mitteln sind in schwereren Fällen des Delirs eventuell medizinische Maßnahmen nötig, etwa die Gabe bestimmter Psychopharmaka.

Noch besser: dem Durchgangssyndrom vorbeugen

Die Ursachen des postoperativen Delirs lassen sich häufig mit entsprechender Pflege verhindern. Vor allem ein fester Ansprechpartner während des gesamten Krankenhausaufenthalts senkt die Häufigkeit des Durchgangssyndroms. Das zeigte eine Studie des Evangelischen Krankenhauses Königin Elisabeth Herzberge in Berlin, die 2015 in der Ärztezeitung veröffentlicht wurde: 20,2 Prozent der über 70-jährigen Studienteilnehmer, denen keine Präventivmaßnahmen zuteil wurden, entwickelten ein Durchgangssyndrom nach ihrer OP. Bei jenen, die vor und nach dem Eingriff von einem geschulten Delirpfleger begleitet wurden, waren es 4,9 Prozent.

Einige vorbeugende Maßnahmen im Überblick:

  • fester Ansprechpartner für den Patienten
  • keine Personalwechsel
  • Orientierungshilfen wie Kalender, Uhr, vertraute Fotos und Gegenstände
  • eventuell Gabe von Neuroleptika (nervendämpfend) vor OP
  • Vermeiden von langen Nüchtern- und Narkosezeiten
  • rascher Einsatz von Hörgerät oder Brille
  • Zuwendung durch Angehörige
  • Screening auf kognitive Defizite bei der Aufnahme
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