Spondylolisthesis: Symptome und Therapie

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Eine Spondylolosthesis (Wirbelgleiten) kann zahlreiche Ursachen haben und zu starken Schmerzen führen. Was dagegen hilft und wann eine Spondylolisthesis-OP sinnvoll sein kann.

wirbelgleiten spondylolisthesis
© iStock.com/Filip_Krstic

Bei einer Spondylolisthesis (Spondylolisthese, auch Wirbelgleiten oder Gleitwirbel) gleitet einer der Wirbelkörper der Wirbelsäule über den darunter liegenden nach vorn oder selten nach hinten, was aus unterschiedlichen Gründen starke Schmerzen auslösen kann. Ein Wirbelgleiten kann angeboren oder erworben sein, wobei der Erwerb im Kindesalter durch knöcherne Fehlentwicklungen ebenfalls als angeboren bezeichnet wird. Meist ist die Lendenwirbelsäule, also der untere Rücken (Lumbalbereich), von der Spondylolisthesis betroffen.

Zum Gesamtvorkommen gibt es keine verlässlichen Angaben. Schätzungen zufolge leiden bis zu 11,5 Prozent der Bevölkerung (oft unbemerkt) unter einem genetisch bedingten Wirbelgleiten. In manchen Ethnien ist dieses Phänomen noch deutlich stärker verbreitet, zum Beispiel bei den Inuit (rund 45 Prozent). Mit zunehmendem Alter tritt eine Spondylolisthesis verstärkt durch Abnutzungserscheinungen an den Wirbelgelenken und Bandscheiben auf.

Im Überblick:

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Wie kommt es zur Spondylolisthesis?

Die Gründe für ein Wirbelgleiten sind vielfältig.

Im Kindesalter werden abhängig von der Ursache zwei (angeborene) Arten der Spondylolisthesis unterschieden:

  • dysplastisch (kongenital): durch eine abweichende Struktur des fünften Lendenwirbelkörpers oder des Kreuzbeins

  • isthmisch (Spondylolisthesis vera, echtes Wirbelgleiten): durch einen genetisch bedingten Defekt in der Pars interarticularis (Interartikularportion), dem Wirbelabschnitt zwischen Gelenkfortsatz und Bogenwurzel.

Je nachdem, wie dieser Defekt ausfällt, werden drei Subtypen der Spondylolisthesis vera unterschieden:

  • A: Die Pars interarticularis weist einen Ermüdungsbruch auf (Spondylolyse).

  • B: Die Pars interarticularis ist durch das eigenständige Heilen des Ermüdungsbruches verlängert.

  • C: Die Pars interarticularis weist einen akuten Bruch auf.

Im Erwachsenenalter werden abhängig von der Ursache vier (erworbene) Arten der Spondylolisthesis unterschieden:

  • degenerativ: durch alters- oder überlastungsbedingten Verschleiß von Wirbelgelenken und Bandscheiben

  • traumatisch: durch eine (unfallbedingte) Wirbelfraktur

  • pathologisch: durch (krankheitsbedingte) verminderte Knochensubstanz, die zur Auflösung der Pars interarticularis führt

  • postoperativ: als Folge einer Wirbelsäulen-Operation

Am häufigsten sind die isthmische und die degenerative Spondylolisthesis, wobei beide Formen auch ineinander übergehen können: Ist die Pars interarticularis genetisch bedingt beschädigt, so verstärkt eine einseitige Belastung (etwa durch Sportarten wie Gewichtheben, Trampolinspringen, Delfinschwimmen, Geräteturnen oder Speerwerfen) die Ausmaße des dadurch entstandenen Wirbelgleitens.

Wie macht sich eine Spondylolisthesis bemerkbar?

Schätzungen zufolge verursachen etwa 50 Prozent aller Fälle (für lange Zeit) keinerlei Beschwerden, weshalb das Wirbelgleiten häufig unbemerkt bleibt.

Das wichtigste Spondylolisthesis-Symptom sind tiefe, zum Teil stechende, bewegungs- und belastungsabhängige Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich (unteren Rücken), die durch die mechanische Reizung (Kompression) der Nervenwurzeln zustande kommen und bis in die Füße ausstrahlen können (radikulärer Schmerz).

Auch ohne Beeinträchtigung der Nervenwurzel können Kreuzbeschwerden auftreten (pseudoradikulärer Schmerz), denen zum Beispiel Störungen der Wirbelsäule sowie muskuläre Spannungsverschiebungen im Bauch und unteren Rücken zugrunde liegen.

Weitere häufige Spondylolisthesis-Symptome sind Instabilitätsgefühle im Bereich der Lendenwirbelsäule, eine Unbeweglichkeit des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts und belastungsabhängige Gesäß- und Beinschmerzen (vor allem an der Rückseite der Oberschenkel).

Neurologische Ausfälle wie Lähmungserscheinungen, Gefühlsstörungen (Kribbeln in den Gliedern) oder ein Kontrollverlust über Blase und Darm sind ebenfalls möglich, kommen jedoch eher selten vor.

Wie stellt der Arzt die Diagnose?

Geeigneter Ansprechpartner ist der Orthopäde. Im Rahmen der Anamnese fragt er unter anderem nach Risikofaktoren wie familiärer Veranlagung, sportlicher Betätigung sowie vorangegangenen Erkrankungen, Unfällen und Operationen.

Bei der anschließenden Untersuchung wird die Wirbelsäule auf der Suche nach Stufenbildungen (Schanzenphänomen) abgetastet. Außerdem prüft der Facharzt, ob Haltungsfehler wie Hohlkreuz, Skoliose (seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule) oder ein abgekipptes Becken vorliegen, da diese sowohl Ursache als auch Folge einer Spondylolisthesis sein können.

Sogenannte Provokationstests (beispielsweise das Aufrichten des Oberkörpers aus gebückter Haltung) helfen dabei, den konkreten Ursachen der Rückenschmerzen auf die Spur zu kommen. Neben der Motorik untersucht der Arzt auch die Reflexe.

Erhärtet sich der Verdacht auf Spondylolisthesis, gehört eine Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule zur grundlegenden Diagnostik. Auf dem Röntgenbild lässt sich die exakte Position des Wirbelgleitens feststellen: In vielen Fällen liegt eine Überbeweglichkeit des fünften Lendenwirbels (L5) gegenüber des ersten Sakralwirbels (S1) vor. Diese Kombination wird mit L5/S1 abgekürzt. Häufig ist auch das Segment L4/5 betroffen (Spondylolisthesis des vierten gegenüber des fünften Lendenwirbels).

Anhand eines seitlichen Röntgenbildes im Stand, auf der auch die Hüftköpfe zu sehen sind, kann der Grad des Wirbelgleitens bestimmt werden. Er wird nach einer Klassifikation beschrieben, die 1932 von dem US-amerikanischen Orthopädischen Chirurgen Henry W. Meyerding aufgestellt wurde:

  • Spondylolisthesis Meyerding Grad 1 (MD I°): Gleitvorgang (Wirbelkörperversatz) bis zu 25 Prozent

  • Grad 2 (MD II°): Gleitvorgang bis 50 Prozent

  • Grad 3 (MD III°): Gleitvorgang bis 75 Prozent

  • Grad 4 (MD IV°): Gleitvorgang von mehr als 75 Prozent

  • Grad 5 (MD V°): Gleitvorgang von mehr als 100 Prozent (die beiden benachbarten Wirbelkörper haben keinerlei Kontakt mehr, Spondyloptose)

In schweren Fällen, die eine Spondylolisthesis-Operation nötig machen, wird zusätzlich eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt, weil damit gut dargestellt werden kann, wo der Rückenmarkskanal in der Wirbelsäule verengt ist, beziehungsweise wo eine Nervenkompression vorliegt.

Ist eine MRT nicht möglich, kann eine Computertomografie (CT) der Lendenwirbelsäule weiterhelfen. Mit einer  Myelografie (Myelo-CT) lassen sich dabei auch die Nervenstrukturen darstellen. Bei speziellen Fragestellungen sind gegebenenfalls weitere Bildgebungsverfahren notwendig.

Wie wird eine Spondylolisthesis behandelt?

Ein Schmerzen verursachendes Wirbelgleiten kann konservativ oder chirurgisch behandelt werden. Die Therapieentscheidung trifft der behandelnde Arzt vor allem abhängig von der Ursache des Gleitwirbels. Grundsätzlich sollte zunächst immer versucht werden, die Beschwerden ohne Operation zu lindern.

Die konservative Spondylolisthesis-Therapie kann sich (je nach Ursache) aus den folgenden Maßnahmen zusammensetzen:

  • medikamentöse Schmerzbehandlung: Begonnen wird in der Regel mit leichten Schmerzmitteln, deren Dosis nach Bedarf erhöht werden kann. Oft werden zwei Präparate miteinander kombiniert.

  • Physiotherapie (Krankengymnastik) zur Stärkung und Dehnung der Rücken- und Bauchmuskeln: Auch schmerzhafte Muskelverspannungen, die durch ein Wirbelgleiten verursacht sind, lassen sich oft durch eine konsequente Durchführung bestimmter Spondylolisthesis-Übungen reduzieren. Es kommt sogar vor, dass der Wirbel durch die Mobilisierung wieder in seine ursprüngliche Position gezogen wird.

  • äußere stützende Maßnahmen (Tragen eines Mieders oder Korsetts)

Einige Ärzte empfehlen zusätzlich Anwendungen wie Massagen, Elektro- oder Ultraschalltherapien oder Osteopathie.

Wann muss ein Gleitwirbel operiert werden?

Bei neurologischen Ausfällen oder anhaltenden starken Schmerzen trotz längerfristiger konservativer Therapie kann eine Spondylolisthesis-OP sinnvoll sein, um die Nervenstrukturen zu entlasten. Vor einem chirurgischen Eingriff empfiehlt sich hier das Einholen einer Zweitmeinung, also der Therapieempfehlung eines weiteren Orthopäden.

Der Eingriff wird meist vom Rücken aus durchgeführt und hat eine Erweiterung des betroffenen Wirbelkanals und häufig zusätzlich eine Versteifung der Wirbel zum Ziel. Je nach Klinik werden unterschiedliche operative Verfahren angewendet. Meist ist ein minimalinvasives Vorgehen (durch kleinste Hautschnitte) möglich, was in der Regel die Heilungszeit verkürzt.

Die Spondylolisthesis-OP wird unter Vollnarkose durchgeführt. Einen Tag nach dem Eingriff kann sich der Betroffene wieder bewegen und erhält Physiotherapie sowie rückenentlastende Verhaltensempfehlungen. Nach Bedarf kann sich eine Rehabilitations-Maßnahme (Reha) anschließen.

Wie verläuft eine Spondylolisthesis?

Abhängig von der Ursache des Wirbelgleitens sind unterschiedliche Verläufe möglich. Besonders bei einer angeborenen Spondylolisthesis dauert der Gleitvorgang des Wirbels oft über Jahre oder Jahrzehnte an. Symptome sind dann erst nach langer Zeit feststellbar. Manchmal kommen Gleitwirbel auch von alleine wieder zur Ruhe.

Bei wiederkehrenden oder anhaltenden Schmerzen sollte immer eine konservative Behandlung ins Auge gefasst werden, da die Beschwerden sonst chronisch werden können.

Wie kann dem Wirbelgleiten vorgebeugt werden?

Besonders, wenn eine familiäre Anlage zur Spondylolisthesis besteht, sollten möglichst alle Belastungssituationen gemieden werden, die ein Wirbelgleiten begünstigen. Dazu zählen:

  • Sportarten, die ruck- oder stoßartige Bewegungsabläufe erfordern

  • Bewegungsabläufe, die den unteren Rücken belasten (zum Beispiel das Aufheben schwerer Gegenstände mit durchgedrückten Knien)

  • regelmäßiges langes Sitzen ohne Positionswechsel (kann zu Muskelverkürzungen im Lendenwirbelbereich führen)

Regelmäßige gezielte Gymnastikübungen sowie rückenschonende Maßnahmen wie die Anschaffung eines höhenverstellbaren (Steh-)Schreibtisches stabilisieren und schonen die Wirbelsäule.

Wer nachgewiesenermaßen einen Gleitwirbel, aber bislang keine Beschwerden hat, sollten mit gezielter Physiotherapie dafür sorgen, dass der Rücken vorbeugend stabilisiert wird und die Spondylolisthesis schmerzfrei bleibt.

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