Durchblutungsstörung in den Fingern

Raynaud-Syndrom: Was steckt hinter der Weißfingerkrankheit?

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Es betrifft Frauen häufiger und tritt meist bei Kälte in Erscheinung: Das Raynaud-Syndrom. Dabei werden die Hände und Füße nur noch wenig oder gar nicht mehr durchblutet – das Ergebnis sind weiße Zehen und Finger. Wie kann die Weißfingerkrankheit behandelt werden?

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© Getty Images/Peter Dazeley

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Was ist das Raynaud-Syndrom?

Beim Raynaud-Syndrom handelt es sich um einen Gefäßkrampf (Vasospasmus) wodurch einzelne Gliedmaßen kurzzeitig kaum oder nicht mehr durchblutet werden. Die dabei auftretende Minderdurchblutung (Ischämie) legt sich in der Regel nach bis zu 30 Minuten wieder. In den meisten Fällen sind die Finger von dieser anfallsartigen Durchblutungsstörung betroffen. Sie verfärben sich dadurch so weiß, dass die Erkrankung die Beinamen "Weißfingerkrankheit" oder "Leichenfinger" bekommen hat. Daneben können auch Zehen, Nase oder Ohren betroffen sein.

Ursachen für Raynaud-Syndrom

Es gibt zwei verschiedene Formen: Das primäre Raynaud-Syndrom (Morbus Raynaud) und das sekundäre Raynaud-Syndrom, auch Raynaud-Phänomen genannt. Mit über 80 Prozent der Fälle ist die erste Ausprägung deutlich stärker verbreitet, Frauen sind davon viermal häufiger betroffen als Männer. Am sekundären Raynaud-Syndrom leiden Männer und Frauen dagegen gleichermaßen.

Die Ursachen des primären Raynaud-Syndroms sind bis heute weder bekannt, noch gibt es eine erkennbare Grunderkrankung. Das macht diese Form der Ischämie zwar unangenehm, in der Regel aber harmlos. Der Hauptauslöser für beide Ausprägungen ist Kälte: Dabei kann der Gefäßkrampf schlicht durch eine niedrige Umgebungstemperatur oder das Anfassen kalter Gegenstände entstehen. Weitere Auslöser sind Stress sowie intensive Gefühlsregungen.

Sekundäres Raynaud-Syndrom: Mögliche Grunderkrankungen

Während die auslösenden Faktoren bei beiden Formen gleich sind, ist das sekundäre Raynaud-Syndrom die Folge einer bestehenden Grunderkrankung. Mögliche Ursachen für das sekundäre Raynaud-Syndrom sind:

Organische Veränderungen der Blutgefäße:

  • Bindegewebserkrankungen (Kollagenosen), zum Beispiel rheumatische Erkrankungen wie Sklerodermie/CREST-Syndrom, Lupus erythematodes, Sharp-Syndrom

  • Gefäßverschlüsse in den Finger- und Zehenspitzen

  • Embolien

  • Morbus Buerger, bei der sich kleinere und mittelgroße Gefäße der unteren Körperhälfte entzünden

  • Vibrationstraumen durch Pressluftbohrer oder Schläge mit dem Handballen auf Werkzeug

  • Kälteeinwirkungen und Erfrierungen

Neurologische Ursachen:

  • Fehlfunktion der Nerven bei neurologischen Erkrankungen, etwa einem Schlaganfall

  • periphere neurologische Erkrankungen

  • periphere Nervenschädigungen

Weitere Ursachen

  • Veränderte Fließeigenschaften des Blutes, zum Beispiel zähflüssigeres Blut oder Verklumpungen im Blut

  • Nebenwirkungen von Medikamenten wie Betablocker gegen Bluthochdruck, Ergotamin bei Migräne und Kopfschmerzen, Zytostatika bei Krebs oder Interferon (bei Infektionen, Krebs oder Autoimmunerkrankungen)

  • Rauchen

Symptome der Weißfingerkrankheit

Beim Raynaud-Syndrom wechseln die Finger in der Regel drei Mal ihre Farbe – je nach Durchblutungsgrad sind sie entweder weiß, blau oder rot. In der Medizin ist daher auch vom Tricolore-Phänomen die Rede. Nicht immer sind die gleichen Finger betroffen – bei einem weiteren Anfall können auch die Gefäße andere Glieder verkrampfen. Außerdem müssen nicht alle Menschen mit Raynaud-Syndrom zwingend diese drei Stadien durchlaufen. Die Dauer der einzelnen Attacken und ihre Häufigkeit sind von Patient*in zu Patient*in unterschiedlich.

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Nach dem auslösenden Reiz verkrampfen und verengen sich die Arterien der Finger beziehungsweise anderer betroffener Bereiche. Dadurch fließt nur noch sehr wenig oder kein Blut mehr durch diese Gefäße, weshalb die Haut sehr blass bis weiß wird. Zusätzlich kommt es zu Sensibilitätsstörungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühlen. Die Symptome können an mehreren Fingern oder auch nur an Teilen davon auftreten. In jedem Fall beginnt der Anfall von der Fingerkuppe und kann bis zur Handfläche reichen.

Anschließend erweitern sich die Kapillaren und Venolen. Durch den Mangel an Sauerstoff färben sich die Finger nun blau. Löst sich der Krampf, kommt es zu einer verstärkten Durchblutung (Hyperämie). Dabei werden die betroffenen Finger maximal durchblutet, wodurch sie sich schließlich rot färben. Schießt dieses sauerstoffreiche Blut wieder in die tauben Glieder, kann das für Betroffene sehr schmerzhaft sein.

Symmetrie der beiden Formen des Raynaud-Syndroms

Charakteristisch für die primäre Form des Raynaud-Syndroms ist das symmetrische Auftreten der Symptome an beiden Händen. Außerdem handelt es sich meist um milde Episoden. Für die primäre Form gibt es eine genetische Veranlagung, sie kommt in Familien gehäuft vor.

Im Gegensatz dazu ist die sekundäre Form des Raynaud-Symdroms asymmetrisch und zeigt sich nur auf einer Seite. Allerdings sind die Anfälle in der Regel deutlich intensiver und es kann zu Hautveränderungen kommen. Das Alter, in dem das Raynaud-Phänomen typischerweise erstmals auftritt, liegt bei 40 Jahren oder älter. Im Gegensatz zum primären Raynaud-Syndrom gibt es hier keine genetische Veranlagung.

Behandlung des primären Raynaud-Syndroms

Eine Behandlung ist bei Morbus Raynaud nicht notwendig. Stattdessen sollten Betroffene lediglich bestimmte Maßnahmen im Alltag umsetzen. Die wichtigste davon lautet: konsequenter Kälteschutz, etwa mit Handschuhen, Ohrwärmern oder warmen Schuhen. Insbesondere in Kombination mit Feuchtigkeit kann Kälte die Durchblutungsstörung begünstigen. Da Nikotin die Gefäße verengt, sollte man auf das Rauchen verzichten. Neben Kälte zählt auch Stress zu den Auslösern – und sollte daher bestmöglich vermieden werden. Dagegen sind Wechselbäder und Sport gut für die Durchblutung. Allerdings sollten keine Sportarten und Arbeiten ausgeführt werden, bei denen die Hand als Schlagwerkzeug verwendet wird oder die mit Vibrationen verbunden sind.

Medikamente sind nur dann nötig, wenn die genannten Maßnahmen nicht wirken oder bereits Hautveränderungen wie offene Wunden vorhanden sind. In der Regel werden dann Medikamente mit gefäßerweiternder Wirkung verordnet, zum Beispiel Kalziumantagonisten wie Nifedepin oder Diltiazem sowie Nitroglycerin.

Sekundäres Raynaud-Syndrom: Zuerst Grunderkrankung behandeln

Die Therapie des sekundären Raynaud-Syndroms ist abhängig von der zugrundeliegenden Krankheit. Diese muss zuerst behandelt werden. Daneben ist auch hier ein ausreichender Schutz vor Kälte notwendig. Medikamente zur Behandlung des Raynaud-Phänomens sind unter anderem:

  • Salbe mit Nitroglycerin
  • Kalziumantagonisten
  • ACE-Hemmer
  • Angiotensin II Hemmer
  • Endothelin-Rezeptorantagonisten

Diagnose durch Anamnese, Untersuchung und Laborbefunde

Wer die typischen Raynaud-Symptome an sich bemerkt, sollte diese unbedingt von einer*m Ärztin*Arzt abklären lassen: Es könnte sich auch um eine ernste Erkrankung handeln, deren erste Anzeichen sich anhand der Durchblutungsstörung zeigen. Die Diagnostik beginnt mit einer Anamnese, um sich ein Bild von der Krankheitsgeschichte zu machen. Wichtige Informationen sind, wann die Symptome zum ersten Mal in Erscheinung traten, wie ein Anfall genau abläuft, welche Körperstellen betroffen sind oder wie häufig es zu der Ischämie kommt.

Um den Beschwerden weiter auf den Grund zu gehen, ist auch eine körperliche Untersuchung nötig. Neben allgemeinen Daten wie Größe oder Gewicht, werden die Finger nach Narben oder Verletzungen untersucht, die Temperatur der Hände gemessen sowie der Puls. Oft wird außerdem die Faustschlussprobe durchgeführt: Dabei öffnen und schließen Betroffene die Hand mehrfach zur Faust, während die*der Ärztin*Arzt die Arterien der Handgelenke abdrückt. Wird diese Blockade gelöst, sollten sich die Finger innerhalb von zwei bis drei Sekunden wieder vollständig mit Blut füllen.

Genauere Analyse mit apparativen Methoden

Mit speziellen Geräten können die Gefäße genauer untersucht werden. Die Durchblutung der Finger kann mittels Druckmanschetten (Oszillometrie) oder Lichtstrahl an der Fingerkuppe (Plethysmographie) gemessen werden. Bei beiden wird zusätzlich ein Kälteprovokationstest durchgeführt, indem die Hände der Betroffenen einige Minuten lang einer Kälte von zehn bis zwölf Grad Celsius ausgesetzt werden.

Weitere zur Verfügung stehende Methoden sind:

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