So gefährlich ist Spielsucht
Spielen ist nicht immer harmlos. Für eine größer werdende Zahl von Deutschen ist ein Tag ohne Automatenspiel oder Glücksspiel im Internet sinnlos. Wer dann die Kontrolle über das riskante Spielen verliert, ist spielsüchtig – oft mit dramatischen Konsequenzen.
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Spielsucht trifft nur wenige? Diese Aussage stimmt schon lange nicht mehr. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) nennt in ihrem „Jahrbuch Sucht 2014“ andere Zahlen: Knapp eine halbe Million Menschen in Deutschland sind spielsüchtig. Sie spielen zwanghaft Lotto, an gewerblichen Spielautomaten oder online Poker. Besonders fatal: Online können sie gleichzeitig an mehreren Tischen spielen. Die sozialen Folgekosten durch Überschuldung, Bankrott und Verlust der Arbeit liegen laut DHS bei rund 40 Milliarden Euro.
Spielsucht ist eine ebenso ernste Erkrankung wie jede andere Sucht. Dabei handelt es sich um eine Verhaltenssucht und ist nicht an einen Stoff gebunden, wie das etwa bei Alkoholismus ist. Medizinisch als Pathologisches Spielverhalten bezeichnet und als Krankheit anerkannt, bedeutet das häufig den finanziellen Ruin. Infolge der Spielsucht treten zusätzlich Persönlichkeits- und Angststörungen auf.
Spieler können sich sperren lassen
Wie groß der Leidensdruck ist, zeigen auch Maßnahmen durch den Gesetzgeber: So hat etwa nach Hessen jetzt Rheinland-Pfalz ein Sperrsystem für Glücksspieler in Spielhallen in die Wege geleitet. Das bedeutet, ein Spieler kann sich landesweit in diesen Geschäften sperren lassen und damit verhindern, dass er rückfällig wird.
Eindeutige Anzeichen für Spielsucht
- Der Spielsüchtige verbringt die meiste Zeit mit dem Spielen
- Beim Spielen treten starke Glücksgefühle auf
- Freunde und Familie sowie Beruf werden vernachlässigt
- Mit Lügen versucht ein Spielsüchtiger seine Sucht zu vertuschen und
- er oder sie leiht Geld, um die Sucht zu finanzieren
- die Risikobereitschaft wächst, Teufelskreis beginnt
Der Grat zwischen normalem Spielen und zwanghaftem ist schmal
Typisch bei Spielsucht: Die Spannung zwischen Angst vor dem Verlieren und Hoffnung auf Gewinn ist extrem anregend. Im Verlauf der Krankheit wird der Suchtcharakter stärker. Was anfangs als Nervenkitzel und Erfolgserlebnis verbucht werden kann und Glücksgefühle auslöst, kehrt sich mit der Zeit ins Gegenteil um. Wenn die Gewinne ausbleiben, wächst die Risikobereitschaft und die Einsätze werden größer.
Damit beginnt der Teufelskreis: Während anfangs nur aus Langeweile gespielt wird, kommt es nun zu zwanghaftem Spielen. Die Kontrolle über das Spielverhalten wird verloren. Typisch wie für jede andere Sucht auch ist die Entschuldigung vieler Spielsüchtiger: "Ich könnte ja jederzeit aufhören, wenn ich möchte."
Glücksspiel verändert das Gehirn
Warum ist Glücksspiel jedoch so tückisch? Das Spiel löst im Gehirn ähnliche Prozesse aus wie Drogen. So wird das Belohnungssystem aktiviert, wie eine Forschergruppe des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) anhand von Magnetresonanztomographie (MRT) nachweisen konnte. Glücksspiel kann also süchtig machen, beeinflusst die Glückshormone Dopamin, Endorphin und Serotonin.
Die Ursachen der Spielsucht
Untersuchungen haben gezeigt, dass vor allem junge Männer, die in einer persönlichen Krise stecken oder einen Migrationshintergrund haben, gefährdet sind. Weitere Ursachen der Glücksspielsucht sind:
- Suchtproblematik in der Familie,früher Verlust eines Elternteils,
- Trauma wie Gewalt und Krieg sowie
- Lebenskrisen wie Verlust des Arbeitsplatzes, Tod eines nahen Angehörigen oder Freundes, Unfall, Krankheit und Finanzprobleme.
Hilfe und Therapie bei Spielsucht
Meist suchen Spielsüchtige erst dann Hilfe, wenn sie finanziell am Boden sind und den Offenbarungseid leisten müssen. Die Unterstützung von Freunden und Familie ist verloren. Am besten wenden Sie sich an Beratungsstellen, die es in jeder größeren Ortschaft bundesweit gibt. Adressen nach Postleitzahl geordnet finden Sie hier.
Einzeltherapie plus Gruppensitzungen
Meist wird die Therapie ambulant durchgeführt. In einem Erstgespräch stellt der Psychologe fest, wie stark die Sucht ausgeprägt ist. Dabei gibt es auch Hilfestellungen gegen die psychosozialen Probleme Spielsüchtiger, wie zum Beispiel Wohnungsverlust oder Pfändung. In der anschließenden Motivationsphase wechseln sich Einzelgespräche und Gruppensitzungen ab. Oft hat sich in Folge der Glücksspielsucht eine Angststörung entwickelt, die gleichzeitig mit der Abhängigkeit behandelt werden muss.
Der Kranke lernt, die Ängste zu bewältigen, mit der Sucht umzugehen und Glücksspiel zu vermeiden. Dazu gehört etwa auch Risikosituationen zu erkennen und diese zu bewältigen. Danach schließt sich eine Rehabilitationszeit an, die mehrere Monate andauert.
Rückfallquote bei Spielsucht ist noch nicht bekannt
Wie hoch die Rückfallquote bei Glückspielsucht ist, steht noch nicht fest. Es gibt keine aussagekräftigen Studien dazu. Günstig wirkt sich jedoch auf alle Fälle aus, wenn der Betroffene weiterhin lockeren Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe für Spielsüchtige hält.
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