Penisverkrümmung trifft Männer hart
Eine Penisverkrümmung oder Induratio penis plastica (IPP) betrifft bis zu zehn Prozent der Männer. Die Krankheit erzeugt einen dramatischen Leidensdruck: Jeder zweite Patient entwickelt eine Depression. Die Ursachen der krankhaften Peniskrümmung liegen weitgehend im Dunkeln, es gibt aber Therapien dagegen. Je früher eine IPP bemerkt wird, desto besser – das kann mitunter die Manneskraft retten.
Männer, die an ihrem Penis Knötchen ertasten – sogenannte Plaques – sollten nicht zögern, sich bei ihrem Urologen oder Andrologen (Männerarzt) vorzustellen: Die Verdickungen können erste Anzeichen einer Penisverkrümmung oder Induratio penis plastica (IPP) sein. Viele Männer suchten aber erst einen Urologen auf, wenn die Erektion Schmerzen bereitet und der Penis schon angefangen hat, sich zu krümmen, erklärt Michael Sohn. Der IPP-Spezialist ist Chefarzt der Urologischen Klinik des Agaplesion-Markus-Krankenhauses in Frankfurt am Main.
Die Erkrankung zeigt sich durch einen Knick im Penis-Schaft. Er kann Sex erschweren oder gar unmöglich machen und ist dementsprechend mit enormem Leidensdruck verbunden, wie die Deutsche Gesellschaft für Urologie (GDU) erläutert. Ein um bis zu 30 Grad verbogenes Glied muss laut GDU meist nicht behandelt werden. In schweren Fällen, wenn die Schwellkörper durch Plaques schlechter durchblutet werden, leidet jedoch mitunter die Potenz. Dann können OPs Linderung bringen.
Schmerzfreie IPP-Phase wiegt Patienten in falscher Sicherheit
Eine erworbene Penisverkrümmung verläuft in zwei Phasen: Im ersten, akuten Abschnitt klagen Patienten typischerweise über Schmerzen und eine Verkrümmung der Erektion, erklärt Urologe und Androloge Sohn. "Die zweite, stabile Phase ist schmerzfrei, der Deformationsprozess kommt zum Stillstand." 90 Prozent der betroffenen Männer erreichten nach etwa einem Jahr diese stabile Phase der Penisverkrümmung.
Tückischerweise verläuft die IPP jedoch häufig schubweise: Selbst nach Jahren der Stabilität kann sich die Situation untenherum schlagartig verschlechtern. Umso wichtiger ist es, dass Männer einem geschulten Auge erlauben, einen Blick auf die Veränderungen an ihrem besten Stück zu werfen – selbst, wenn sie noch keine Schwierigkeiten beim Sex haben.
Fotos von der krummen Erektion helfen dem Facharzt
IPP-Fachmann Sohn rät Patienten zudem, zum Arztbesuch aussagekräftige Fotos des erigierten Penis aus allen Blickwinkeln mitzubringen. Sie helfen dem Arzt, die Diagnose per Tastbefund zu sichern. Denn schreitet die IPP unerkannt voran, wächst auch der Leidensdruck: Knapp die Hälfte aller betroffenen Männer (48 Prozent) haben Depressionen.
Meistens tritt die Erkrankung ab dem 35. Lebensjahr auf, jüngere Männer trifft es nur selten. Eine spontane Rückbildung der IPP ist rar. Wie viele Männer an einer Penisverkrümmung leiden, lässt sich nicht genau sagen. Verschiedenen Studien zufolge liegen die Zahlen zwischen drei und neun Prozent – Experten gehen aber, wie bei jeder Erkrankung im Intimbereich, von einer hohen Dunkelziffer aus.
Wieso sich der Penis krümmt, ist noch ein Rätsel
Die genaue Ursache einer Penisverkrümmung ist der DGU zufolge noch unbekannt, es gibt mehrere Erklärungsansätze. IPP-Experte Sohn glaubt, dass eine Entzündungsreaktion die Krankheit hervorruft – grob vergleichbar mit Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Diese Reaktion hinterlasse Narben im extrem dehnbaren Bindegewebe der Schwellkörperhülle des Penis. Dieses Narbengewebe führe letztlich zu Deformationen, da es weit weniger elastisch sei.
Eine andere weithin akzeptierte Hypothese geht von einer traumatischen Bindegewebsstörung aus: Demnach führen Mikroverletzungen der Schwellkörperhülle dazu, dass elastisches Bindegewebe spröde wird. Die dadurch tastbaren Knoten schrumpfen im Verlauf der Erkrankung – der Penis wird kürzer und krumm. Ein Diabetes mellitus oder Bluthochdruck sowie genetische und immunologische Faktoren könnten ebenfalls darüber mitentscheiden, ob es zu einer IPP kommt oder nicht.
Verschiedene OPs arbeiten mit Eigengewebe oder Prothesen
Ihr exakter Auslöser mag umstritten sein, behandeln aber lässt sich eine Penisverkrümmung. „In der akuten Phase der IPP wird medikamentös therapiert“, erklärt der Mediziner Michael Sohn. Operative Eingriffe seien dagegen erst nach drei oder besser sechs Monaten in der stabilen Phase angesagt. Die Methoden „können die Krankheit zwar nicht komplett beseitigen, aber dazu beitragen, die Funktion des Penis wieder zu verbessern“, sagt der Urologe und Androloge.
Dazu gibt es verschiedene OP-Techniken, von denen manche jedoch den Penis um wenige Zentimeter verkürzen und andere – wie das sogenannte Grafting – ein gewisses Risiko für die Manneskraft bergen. Mit Injektionen direkt in die Plaques versuchen Ärzte ebenfalls, die Knoten und damit den Grad der Penisverkrümmung zu verkleinern. Für Patienten, die unter einer Penisverkrümmung von mehr als 60 Grad gepaart mit einer erektilen Dysfunktion leiden, empfiehlt die GDU eine hydraulische Penisprothese.
Aktuelle Therapiehoffnung bei IPP: „Penile Stretcher“ zur Penisverlängerung
Neue Wege zur Penisbegradigung werden seit einiger Zeit in Italien und Spanien erforscht: „Penile Stretcher“ heißen die Hoffnungsträger. Sie wurden ursprünglich zur Penisverlängerung entwickelt, bei IPP-Patienten sollen die Strecker das Narbengewebe im Penis dehnen und so die Verkrümmung abmildern. „Erste Pilotstudien zeigen positive Effekte solcher Traktionssysteme", sagt IPP-Experte Sohn. Für eine Empfehlung zur Primärbehandlung reichten die Nachweise aber noch nicht.
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