Feldenkrais: Körperschule für bessere Bewegungen
Fehlhaltungen und ungünstige Bewegungsmuster sind oft der Auslöser für Verspannungen, Schmerzen und Verschleiß. Feldenkrais hilft dabei, unbewusste Bewegungsgewohnheiten zu erkennen, gesündere Alternativen zu finden und den Gebrauch des Körpers wieder zu verbessern.
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Die Feldenkrais-Methode ist eine ganzheitliche Bewegungslehre, mit deren Hilfe die Qualität von Bewegungen und Körperhaltungen in Gruppenstunden oder Einzelsitzungen grundlegend verbessert werden kann. So sollen sich verschiedenste Beschwerden auf körperlicher und auch psychischer Ebene lindern lassen. Benannt wurde die Methode nach ihrem Begründer, dem Naturwissenschaftler Dr. Moshé Feldenkrais (1904-1984).
Artikelinhalte im Überblick:
Wirkung der Feldenkrais-Methode
Feldenkrais beruht auf der Annahme, dass die meisten Menschen in bestimmten Situationen immer wieder die gleichen Bewegungsmuster vollführen. Das Gehirn hat gelernt, diese Bewegung quasi automatisch abzurufen. Leider gilt das auch für ungesunde Bewegungsabläufe und Fehlhaltungen – beispielsweise nach Unfällen, schweren Operationen, entzündlichen oder psychischen Erkrankungen. Auch bei Gesunden schleichen sich auf Dauer viele unbewusste Bewegungsmuster ein, durch die einzelne Muskeln unterfordert werden, andere aber unter ständiger Spannung stehen. So vertiefen ungünstige Bewegungsgewohnheiten sich über Jahre und können zu dauerhaften Schäden (wie Bandscheibenvorfällen oder Arthrose) führen.
Das Ziel von Feldenkrais ist es, mithilfe von Übungen die Wahrnehmung für den eigen Körper zu schulen und quasi das Gehirn umzuprogrammieren. Behandelte sollen erkennen, dass es neben den jahrelang ausgeführten Routinebewegungen auch andere Möglichkeiten gibt, die bisher ungenutzt waren. Über kleinste Bewegungen wird die Bewusstheit für den eigenen Körper sensibilisiert und verbessert. Der Hauptaspekt liegt dabei darauf, die Bewegungen mit Leichtigkeit zu tun, statt immer wieder zu üben, was der Betreffende nicht mehr oder noch nicht kann.
Durch die Unterbrechung alter Gewohnheiten und das Einüben neuer Bewegungsmuster wird die Struktur des Gehirns beeinflusst. So verändern sich nicht nur Bewegungsmuster, sondern auch das Denken und Fühlen. Praktizierende werden körperlich und geistig fitter und entwickeln ein neues, gestärktes Selbstwertgefühl.
Einsatzbereiche für Feldenkrais
Feldenkrais versteht sich als Bewegungsschule und ist keine Therapie im eigentlichen Sinne. Die Methode ist ein ergänzendes Verfahren, welches auf einer bewussten Bewegungs- und Haltungswahrnehmung basiert. Es wird im Umfeld von Entspannungstherapien, Psychotherapie und Physiotherapie angeboten.
Chronische Schmerzpatienten oder Menschen mit psychosomatischen Beschwerden können von Feldenkrais-Übungen als ergänzender Behandlungsmöglichkeit profitieren. Grundsätzlich eignet es sich nicht als alleinige Therapie, sondern sollte mit anderen Behandlungsmethoden kombiniert werden.
Genutzt wird das Verfahren in der Rehabilitation und um Menschen einen besseren Zugang zu ihrem eigenen Körper zu ermöglichen, zum Beispiel
bei chronischen Nacken-, Schulter-, Rücken- und Hüftschmerzen
nach Unfällen
bei psychosomatischen Beschwerden (wie Migräne, Kopfschmerzen, Tinnitus)
bei neurologischen Störungen
um einseitigen oder stressbedingten Belastungen vorzubeugen
um Stress abzubauen
um generell die Lebensqualität zu steigern, zum Beispiel in der Altenpflege
Für die Teilnahme an einem Feldenkrais-Kurs sind keine körperlichen Voraussetzungen nötig, die Übungen können in jedem Alter ausgeführt werden. Auch Kinder mit Wahrnehmungsstörungen, Aufmerksamkeitsdefiziten oder Entwicklungsverzögerungen können von Feldenkrais-Übungen profitieren.
Sportlern, Schauspielern, Tänzern und Musikern hilft die Methode, eigene, fehlerhafte Muster bei teilweise sehr spezialisierten feinmotorischen Bewegungen zu erkennen. Sie kommen durch die Feldenkrais-Methode nicht nur zu einer verfeinerter Körper- und Eigenwahrnehmung, sondern können eigene Bewegungsabläufe effektiver gestalten. Daneben werden berufsbedingte Beschwerden vermindert oder ganz ausgeschaltet.
Da beim Feldenkrais-Verfahren auch psychische Effekte ausgelöst werden können, ist bei entsprechend vorbelasteten Menschen (zum Beispiel mit Psychosen, ausgeprägten Depressionen, akuten psychischen Krisen, bei Alkohol- und Drogenmissbrauch) Vorsicht geboten.
So verläuft eine Feldenkrais-Stunde
Die Feldenkrais-Methode ist kein klassisches Entspannungsverfahren, auch wenn sie manchmal als solches angeboten wird. Sie setzt nicht auf eine Kräftigung von Muskelgruppen oder Dehnung von verspannten Muskelpartien. Die Feldenkrais-Methode basiert vielmehr auf ganz einfachen Bewegungen, die der Übende entspannt und ohne Kraftaufwand ausführt. Das kann das Heben des Kopfes sein, das Drehen des Körpers im Liegen von einer auf die andere Seite, das Rollen über den Boden oder auch das einfache Gehen.
Dabei sollen die Schüler beobachten, was genau passiert: Wie schnell oder wie langsam wird eine Bewegung ausgeführt? Welche einzelnen Bewegungen sind dafür nötig? Wie schwer oder wie leicht gehen diese vonstatten? Wo gibt es Hindernisse, was passiert noch im Körper?
Ziel dieser Übungen ist es, seinen Körper bewusst wahrzunehmen und herauszufinden, auf welche Art sich eine Bewegung besonders einfach und schonend ausführen lässt.
Die Einzelbehandlung: Funktionale Integration
Die Feldenkrais-Methode kann sowohl in der Gruppe ("Bewusstheit durch Bewegung") als auch in Einzelarbeit ("Funktionale Integration") durchgeführt werden. In einer Einzelsitzung liegt die Person, die behandelt wird, auf einer Liege. Der Feldenkrais-Lehrer führt die Bewegungen des Übenden sanft mit seinen Händen, um herauszufinden, welche Bewegungen leicht gehen, wo das Potenzial des Einzelnen ist und wie die nächsten Schritte aussehen können. Der Behandelte konzentriert sich einzig auf seine Körperwahrnehmung und spürt in Details der Bewegungen hinein. Diese Übungen werden üblicherweise in Stille ausgeführt, es entsteht ein "Gespräch ohne Worte" zwischen Lehrer und Übendem.
Die Gruppenstunde: Bewusstheit durch Bewegung
In Gruppenkursen wird das ganze Spektrum menschlicher Bewegung erprobt. Die meisten Übungen finden auf dem Boden statt und werden vom Lehrer ausschließlich verbal angeleitet. Auf diese Weise kann jeder selbst herausfinden, wie er die Bewegung durchführt und seine eigenen Muster beobachten. Wichtig ist dabei immer, dass die Übungen im eigenen Tempo durchgeführt werden und sich angenehm und leicht anfühlen. Zum Ende einer Übungsstunde fügen sich die einzelnen Bewegungen häufig zu einer Gesamtbewegung zusammen. Diese kann dann meist schon nach einer Sitzung anders, nämlich leichter und mit geringerem Körpereinsatz, ausgeführt werden.
Feldenkrais-Übungen zum Ausprobieren
Mit etwas Routine lässt sich Feldenkrais auch zu Hause anwenden. Anfänger sollten die Methode jedoch zunächst in einem geführten Kurs oder Einzelsitzungen erlernen. Bei der Auswahl des Lehrers sollte man auf eine anerkannte Ausbildung achten, die nach internationalen Richtlinien erfolgt. Mithilfe dieser drei Übungen bekommen Sie jedoch einen ersten Eindruck davon, wie Feldenkrais funktioniert:
Gewohnheiten verändern. Verschränken Sie Ihre Arme vor der Brust. Welcher Arm liegt oben? Mit hoher Wahrscheinlichkeit tut er das immer, weil Sie Ihre Arme ganz automatisch immer auf diese Art verschränken. Wechseln Sie nun einmal die Arme und spüren Sie, wie sich das anfühlt. So kommen Sie Gewohnheiten auf die Spur und können entscheiden, künftig anders zu handeln.
Anstrengung vermeiden. Heben Sie einen Arm und halten ihn gestreckt vor Ihren Körper. Was machen Sie dabei mit Ihrer Hand? Viele halten diese automatisch ebenfalls ausgestreckt – dabei ist das gar nicht nötig. Lassen Sie die Hand einfach locker hängen und spüren Sie, wie viel weniger Kraft Sie dazu benötigen.
Alternativen entdecken. Stellen sie sich gerade hin, die Arme hängen locker herunter. Nun drehen Sie sich so, als wollten Sie etwas hinter Ihnen Stehendes betrachten – die Füße bleiben dabei auf dem Boden stehen. In welcher Reihenfolge haben Sie sich gedreht? Mit hoher Wahrscheinlichkeit haben Sie erst den Kopf, dann die Schultern und dann die Hüften bewegt. Nun versuchen Sie sich an einer Alternative: Sie drehen sich, beginnen aber mit der Hüfte und lassen dann Schultern und Kopf folgen. Welcher der Abläufe fällt Ihnen leichter?
Was kostet Feldenkrais?
Feldenkrais-Gruppenstunden kosten üblicherweise zehn bis 20 Euro je Stunde, für Einzelstunden muss man mit etwa 60 bis 90 Euro rechnen. Einige Krankenkassen übernehmen einen Teil der Kosten im Rahmen von Präventionsprogrammen. Dafür sind jedoch bestimmte Voraussetzungen wie der Nachweis einer anerkannten Ausbildung und eine Mindestanzahl an absolvierten Stunden durch den Teilnehmer nötig.
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