Colon-Hydro-Therapie: Darmsanierung mit Risiken
Eine Colon-Hydro-Therapie, so die Bezeichnung für eine bestimmte Form der Darmspülung, wird von Heilpraktikern und Alternativmedizinern als wohltuende und gesundheitsförderliche Methode der Entschlackung angeboten. Experten warnen jedoch vor gefährlichen Nebenwirkungen, vor allem bei Menschen mit Darmerkrankungen.
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Bereits die alten Griechen und Ägypter nutzten verschiedene Substanzen wie Öle oder Milch, um den Dickdarm zu reinigen und somit Krankheiten zu heilen und vorzubeugen. Die moderne Colon-Hydro-Therapie (auch: Colonhydrotherapie) geht auf den Amerikaner John Harvey Kellogg (1853-1943) zurück, der das spezielle Verfahren in seinem Sanatorium für ganzheitliche Methoden anwendete. Von den USA aus gelangte die Colon-Hydro-Therapie im 20. Jahrhundert nach Europa. In Deutschland findet sie seit ungefähr 25 Jahren Anwendung.
Was genau ist eine Colon-Hydro-Therapie?
Eine Darmspülung gehört zur Vorbereitung auf eine Untersuchung des Darms und kann sowohl durch Trinken einer abführenden Lösung als auch durch das Einbringen von Spülflüssigkeit in den Darm über den After erfolgen. Letzteres Verfahren wird in der Alternativmedizin auch therapeutisch zur Darmsanierung, zur Entschlackung und Anregung der Darmtätigkeit genutzt.
Eine Form der rektalen Darmspülung ist die Colon-Hydro-Therapie, die in Deutschland von Heilpraktikern und Alternativmedizinern angeboten wird. Colon-Hydro-Therapeuten behaupten, es sei eine "erfolgreiche, von jahrhundertelanger Erfahrung ausgehende Methode, um den Dickdarm vollständig zu reinigen". Mit dieser Methode würden festsitzende Stuhlreste, Schlacken- und Fäulnisstoffe sowie schädliche Keime von der Darmwand gespült.
Vorbereitung und Ablauf der Colon-Hydro-Therapie
Vor der Darmreinigung entnimmt der Arzt oder Therapeut zunächst eine Stuhlprobe, um Blut im Stuhl und somit Verletzungen im Darm auszuschließen. Ist das Ergebnis negativ, kann mit der eigentlichen Behandlung begonnen werden. Der Patient sollte einige Stunden vor Behandlungsbeginn weder etwas essen noch trinken, damit der Dickdarm möglichst entleert ist.
Der Patient liegt bei der Colon-Hydro-Therapie auf dem Rücken oder auf der Seite. Durch ein zuvor in den After eingebrachtes, mehrere Zentimeter langes Kunststoffröhrchen wird warmes Wasser mit wechselnden Temperaturen zwischen 21 und 41 Grad Celsius in den Darm geleitet. Eine Bauchmassage kann das Lösen des Darminhalts unterstützen, der mit der Spülflüssigkeit dann über einen Schlauch abfließt.
Gegen Ende der etwa 45-minütigen Behandlung, sobald der Darm gereinigt ist, wird dem Spülwasser Sauerstoff zugesetzt. Manche Therapeuten arbeiten bei diesen Darmspülungen auch mit anderen Zusätzen wie Essig oder Kräuteressenzen in der Flüssigkeit. Die Prozedur wird im Rahmen einer Therapie in mehreren Sitzungen wiederholt.
Um die natürliche Darmflora nach der Behandlung wieder aufzubauen, raten einige Colon-Hydro-Therapeuten zu probiotischen Präparaten. Diese sollen die Darmschleimhaut mit guten Milchsäurebakterien besiedeln und so vor Krankheitserregern schützen.
Die Reinigungswirkung entspräche der eines Langzeitfastens und viele Beschwerden könnten so geheilt werden, preisen Befürworter das Verfahren an. Nach Ansicht der Therapeuten lässt sich die Darmflora mithilfe der Colon-Hydro-Therapie günstig beeinflussen. Sie wenden die Methode daher vor allem bei folgenden Beschwerden an:
- Verdauungsbeschwerden wie Verstopfung, Darmkrämpfe oder Blähungen
- Reizdarm-Syndrom
- Allergien
- Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Akne
- Allgemeine Abwehrschwäche
- Kopfschmerzen und Migräne
- Konzentrationsschwäche, Leistungsabfall
- Pilzinfektionen des Dickdarms
- Rheuma
- Müdigkeit
Auch zur Fastenbegleitung wird das Verfahren zur Darmreinigung und Darmsanierung empfohlen.
"Antikes Konzept, wissenschaftlich überholt"
Zu einer ganz anderen Einschätzung kommt der Medizinische Dienst des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (MDS) in seinem IGeL-Monitor, einem Portal zur Bewertung sogenannter Individueller Gesundheitsleistungen (IGeL): "Die wohltuende Wirkung, die der Colon-Hydro-Therapie in der Alternativmedizin zugeschrieben wird, geht auf ein Krankheitskonzept der Antike zurück, das wissenschaftlich überholt ist", heißt es dort. Gemeint ist das Konzept, Krankheiten auf ein Ungleichgewicht der Körpersäfte zurückzuführen, das in der Antike entstanden ist und bis heute Anhänger findet.
Der MDS zitiert eine Informationsschrift der Paracelsus-Heilpraktikerschulen, wonach die Mehrzahl der Menschen an einer gestörten Zusammensetzung der Darmbakterien leide; seelische und körperliche Störungen und Krankheiten sowie ein geschwächtes Immunsystem seien die Folge.
Eine Darmspülung wie die Colon-Hydro-Therapie soll schädliche Mikroorganismen und Gifte auswaschen und so gegen spezifische Beschwerden wirken sowie das generelle Wohlbefinden steigern. "Doch das Konzept der Schlacken, die sich an verschiedenen Stellen im Körper ablagern – wie Ruß in einem Kamin – und durch Spülungen, Fasten oder Schwitzen ausgeschieden werden können, ist wissenschaftlich nicht haltbar", urteilt der MDS.
Schlimmer noch, die Entschlackung per Darmspülung kann ernsthaft krank machen, anstatt zu heilen, warnen Experten wie Wolfgang Wesiack, Präsident des Berufsverbands Deutscher Internisten (BDI). Er verweist auf eine US-Studie, der zufolge bei falschem Gebrauch etliche Nebenwirkungen möglich sind.
Risiken und Nebenwirkungen der Colon-Hydro-Therapie
Zu den unerwünschten Folgen zählen unter anderem Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall und Nierenversagen. Auch Todesfälle aufgrund von Infektionen habe es gegeben, warnt Wesiack. Besonders gefährlich könne eine nicht fachgerechte, medizinisch unbegründete Darmreinigung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie ausgeprägten Hämorrhoiden, Morbus Crohn, nach Darmoperationen oder auch bei Nieren- oder Herzerkrankungen sein.
Für die angepriesenen positiven Effekte der Darmspülung findet auch die US-Studie, auf die sich Wesiak bezieht und die im "The Journal of Family Practice" veröffentlicht wurde, keine Belege. Die Autoren warnen vielmehr vor dem Verfahren und raten Ärzten, ihre Patienten für die Gefahren, die es birgt, zu sensibilisieren.
Genannt werden unter anderem gefährliche Verletzungen der Darmwand bei unsachgemäßer Durchführung. Berichtet wird auch von Fällen, in denen die Zusätze in der Spüllösung sich als giftig für die Leber herausstellten: Vergiftung statt Entgiftung kann demnach unter Umständen eine Folge der Colon-Hydro-Therapie sein.
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