Therapie nach körpereigenem Vorbild

Antikörpertherapie: Waffe gegen Krebs

Antikörper sind wichtige Bestandteile der menschlichen Immunabwehr. Im Rahmen der Antikörpertherapie werden sie zu therapeutischen Zwecken genutzt.

Krebszelle
© iStock.com/xrender

Antikörper sind spezielle Eiweiße (Proteine), die natürlicherweise Bestandteile des menschlichen Immunsystems sind und eine wesentliche Rolle in der Immunabwehr spielen. Sie werden auch Immunglobuline genannt. Antikörper erkennen körperfremde oder veränderte körpereigene Strukturen (sogenannte Antigene) und markieren sie, sodass sie für andere Bestandteile des Immunsystems, die für die Abwehr zuständig sind, gut erkennbar sind und eliminiert werden können.

Der Körper unterschiedlichste Antikörper bilden. Ihre wichtigste natürliche Funktion ist die Abwehr von Krankheitserregern.

Antikörper können aber auch künstlich hergestellt und zur Behandlung von bestimmten Krankheiten eingesetzt werden. In diesem Fall spricht man von einer Antikörpertherapie.

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Wie wirkt die Antikörpertherapie?

Die Antikörper, die therapeutisch eingesetzt werden, richten sich jeweils gegen ganz bestimmte Strukturen im Körper, die bei der Krankheitsentstehung oder im Krankheitsverlauf eine wichtige Rolle spielen. So gibt es spezielle Gruppen von Antikörpern, die bestimmte Rezeptoren, auf denen die Krebszellen andocken, blockieren und so die Zellteilung und damit das Wachstum eines Tumors verringern können. Andere Antikörper lagern sich an Tumorzellen an und lösen dadurch eine Abwehrreaktion aus.

Außerdem gibt es auch Antikörper, die entzündungsfördernde Botenstoffe, die bei Autoimmunerkrankungen wie Rheuma oder Multipler Sklerose eine Rolle spielen, gezielt erkennen und deren Bekämpfung durch das körpereigene Immunsystem einleiten können.

Eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung therapeutischer Antikörper ist die genaue Erforschung der jeweiligen Krankheitsprozesse und relevanter körpereigener Abwehrmechanismen. Gerade in den letzten Jahren wurden hier große Fortschritte gemacht. Heute stehen Patienten bei verschiedenen Erkrankungen therapeutische Antikörper zur Verfügung. Viele neue Medikamente werden derzeit in Studien geprüft.

Monoklonale Antikörper

Zu therapeutischen Zwecken werden heute vorwiegend sogenannte monoklonale Antikörper genutzt. Dies sind künstliche, mittels gentechnischer Verfahren im Labor hergestellte Antikörper, die gezielt auf die Erkennung bestimmter Strukturen hin produziert werden können. Im Gegensatz zu den früher aus Mauszellen hergestellten monoklonalen Antiköpern sind die modernen monoklonalen Antikörper „humanisiert“, das heißt der Anteil des tierischen Proteins ist deutlich reduziert. Damit wird weitgehend verhindert, dass das menschliche Immunsystem diese Proteine als „fremd“ einstuft und im Rahmen einer Abwehrreaktion bekämpft. 

Wann wird eine Antikörpertherapie von den Krankenkassen bezahlt?

Antikörpertherapien gehören in vielen Fällen zu den Regelleistungen der gesetzlichen Krankenkassen, wenn sie gemäß den aktuellen Therapieempfehlungen verordnet werden. Zumeist sind sie nicht das Mittel der ersten Wahl, sondern werden erst in bestimmten Krankheitsstadien oder bei bestimmten Krankheitsverläufen empfohlen. Bei Krebserkrankungen spielen zum Teil auch spezielle Eigenschaften der Tumoren eine Rolle, die für oder gegen die Wirksamkeit einer Antikörpertherapie sprechen. Daher gehen einer Verordnung  entsprechende Voruntersuchungen voraus.

Wann die Antikörpertherapie zum Einsatz kommt

Spezifische monoklonale Antikörper werden heute verwiegend zur Behandlung von Krebs - und Autoimmunerkrankungen eingesetzt. Zu den wichtigsten Indikationen (Anwendungsgebiete), für die Antikörper bereits zur Behandlung zugelassen sind, gehören:

Therapeutische Antikörper werden in der Regel eingesetzt, wenn konventionelle Behandlungsmethoden nicht ausreichend wirken. In vielen Fällen lässt sich der Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. In der Krebstherapie erfolgt der Einsatz häufig ergänzend zu anderen Behandlungsverfahren wie Operation, Bestrahlung, Chemotherapie oder Hormontherapie.

Neben den bereits zugelassenen therapeutischen Antikörpern für die genannten Indikationen werden derzeit weitere Antikörper für neue Anwendungsgebiete in Studien getestet.

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Wie läuft die Antikörpertherapie ab?

Therapeutische Antikörper stehen je nach Präparat zumeist als Infusionstherapie oder als Injektionstherapie (Spritzen) zur Verfügung. Die Gabe erfolgt regelmäßig, je nach Art der Antikörpertherapie und den individuellen Voraussetzungen des Patienten zum Beispiel in ein-, zwei- oder vierwöchigem Abstand. Oftmals sind eine ärztliche Überwachung des Patienten während der Infusion bzw. Injektion und/oder vorbereitende Maßnahmen wie die Gabe eines Antiallergikums (Antihistaminikum) notwendig.

Im Falle einer Injektionstherapie (Verabreichung des Wirkstoffs in Form von Spritzen ) ist es in manchen Fällen auch möglich, dass sich der Patient nach einer entsprechenden Einweisung in die Injektionstechnik zu Hause selbst spritzt, falls der Arzt dies für angemessen hält und medizinische Nachuntersuchungen nach Bedarf erfolgen.

Vor Beginn einer Antikörpertherapie müssen verschiedene Voruntersuchungen erfolgen, um gesundheitliche Probleme und Situationen auszuschließen, die gegen eine Antikörpertherapie sprechen. Zudem wird der Arzt vorab prüfen, ob die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der vorgesehenen Antikörpertherapie beim Patienten gegeben sind. So wirken bestimmte Antikörper in der Krebstherapie nur bei Tumoren mit ganz speziellen Tumoreigenschaften.

Im Rahmen der Antikörpertherapie ist in der Regel eine engmaschige Überwachung und Kontrolle des Patienten erforderlich, da mitunter schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten können, die manchmal auch einen Abbruch der Therapie nötig machen.


Antikörpertherapie: Risiken

In vielen Fällen stellt die Antikörpertherapie  eine gute Möglichkeit dar, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Patienten profitieren von einer verbesserten Lebensqualität. Je nach Anwendungsgebiet lässt sich das Fortschreiten einer Krankheit in manchen Fällen sogar langfristig aufhalten. Dennoch ist der Einsatz therapeutischer Antikörper mit bestimmten Risiken und Nebenwirkungen verbunden, die je nach verwendeter Antikörpertherapie unterschiedlich sein können. Vor der Anwendung müssen Nutzen und Risiken abgewogen werden.

Zu den Risiken einer Antikörpertherapie gehören je nach verwendetem Antikörper zum Beispiel Überempfindlichkeitsreaktionen wie Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit, Hautausschlag, Atemnot , Juckreiz und Schwellungen. Möglich sind darüber hinaus Immunreaktionen an gesundem Gewebe (es werden nicht nur Krebszellen erkannt und unschädlich gemacht) oder auch eine Unterdrückung des Immunsystems mit deutlich erhöhtem Risiko für schwerwiegende Infektionen, wenn eine Antikörpertherapie verwendet wird, die sich gegen Strukturen des Immunsystems richtet.

Im letzteren Fall sind auch sogenannte opportunistische Infektionen möglich. Davon spricht man, wenn sich Erreger, die im gesunden Organismus in Schach gehalten werden können, eine geschwächte Verfassung des Körpers (vor allem des Immunsystems) zunutze machen, um sich zu vermehren. Entsprechende opportunistische Infektionen, die im Zusammenhang mit bestimmten Antikörpertherapien auftreten können, sind Tuberkulose oder die progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML), eine schwere, zum Teil auch tödlich verlaufende Hirnerkrankung, die durch das humane Polyoma-Virus  (JC-Virus) hervorgerufen wird.

Um entsprechende Risiken und Nebenwirkungen im Therapieverlauf rechtzeitig zu erkennen, ist es notwendig, den Patienten während der Antikörpertherapie engmaschig zu überwachen. Dazu dienen beispielsweise regelmäßige Blutbildkontrollen und weitere Untersuchungen.

Neben den genannten können in Verbindung mit der Anwendung einzelner therapeutischer Antikörper weitere Nebenwirkungen und Risiken möglich sein, auf die der Arzt jeweils hinweisen wird. 

Allgemein besteht das Risiko, dass der Körper den therapeutischen Antikörper selbst als Fremdkörper erkennt und gegen ihn Antikörper bildet. Dies hat zur Folge, dass die Therapie nach anfänglichem Therapieerfolg später keine Wirkung mehr zeigt und abgesetzt oder durch eine andere ersetzt werden muss.

Antikörpertherapie: Gegenanzeigen

In bestimmten Fällen darf eine Antikörpertherapie nicht durchgeführt werden. Dies ist je nach verwendetem Antikörper beispielsweise der Fall, wenn

  • Eine Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe besteht
  • Eine aktive Tuberkulose oder andere schwere Infektionen vorliegen
  • Der Patient unter einer mäßigen bis schweren Herzschwäche (Herzinsuffizienz) leidet
  • Beim Patienten ein geschwächtes Immunsystem vorliegt, z.B. aufgrund einer anderen bestehenden chronischen Erkrankung oder einer nötigen Medikation

Weitere Gegenanzeigen, die sich in Abhängigkeit von der speziellen Antikörpertherapie ergeben, wird der Arzt mit dem Patienten besprechen und deren Vorliegen prüfen.

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