Methode der Alternativmedizin

Akupressur: Mit Fingerdruck Beschwerden lindern

Die Akupressur hat sich aus der Akupunktur entwickelt und ist wie diese eine Methode der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Während die klassische Akupunktur Nadeln verwendet, werden bei der Akupressur die Akupunkturpunkte durch Fingerdruck stimuliert.

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© iStock.com/omgimages

Dabei können verschiedene Techniken wie etwa Streichen, Reiben oder Kneten zum Einsatz kommen. Die Akupressur eignet sich gut zur Selbstbehandlung, wenn man die entsprechenden Akupunkturpunkte kennt. Eine spezielle japanische Weiterentwicklung der Akupressur stellt Shiatsu dar.

Wie funktioniert die Akupressur?

Die Traditionelle Chinesische Medizin basiert auf der Vorstellung von einer den Körper in vorgegebenen Bahnen, sogenannten Meridianen, durchfließenden Energie "Qi". Den einzelnen Energiebahnen (Meridian) werden jeweils bestimmte Organe oder Organsysteme zugeordnet. Krankheiten entstehen nach der Vorstellung der TCM dann, wenn der freie Fluss der Körperenergien blockiert wird oder im Ungleichgewicht ist. Negative Einflüsse wie zum Beispiel Stress, Druck, mangelnde Bewegung, unausgewogene Ernährung oder klimatische Einflüsse (Hitze, Kälte) können hier eine entscheidende Rolle spielen.

Durch die Stimulation bestimmter, auf den Meridianen liegender Energiepunkte – zum Beispiel mittels Akupressur – soll der Energiefluss normalisiert und der Körper zur Selbstheilung angeregt werden.

Das sagt die Schulmedizin zur Akupressur

Mit wissenschaftlichen Methoden lässt sich die Existenz von Qi und Meridianen nicht nachweisen. Dennoch bestehen teilweise positive Erfahrungen bei der der praktischen Anwendung der Akupressur. In China ist sie eine gängige Methode der Selbstbehandlung bei Alltagsbeschwerden wie Verspannungen, Kopf- und Rückenschmerzen oder Verdauungsproblemen.

In Westeuropa wird die Akupressur zur Behandlung von Beschwerden und Krankheiten angeboten. Auch aus der Schulmedizin gibt es einige plausible Erklärungsmodelle zur Wirkung der Akupressur. So kann die Druckmassage unter anderem zu einer Stimulation von Muskeln und Nerven führen und dadurch eine Entspannung der Muskulatur und eine Ausschüttung von schmerzlindernden Botenstoffen bewirken. Schmerzen können auf diese Weise gelindert, die Durchblutung und das allgemeine Wohlbefinden verbessert werden.

Verglichen mit der Akupunktur gibt es jedoch bislang nur wenige Studien, die sich der Wirksamkeit der Akupressur widmen. Einige Untersuchungen weisen zwar auf positive Wirkungen bei Übelkeit und Erbrechen verschiedener Ursache hin, allerdings beurteilen Experten diese Ergebnisse aufgrund methodischer Mängel noch nicht als hinreichenden Wirkungsnachweis.

Keine Erstattung durch die Krankenkassen

Aufgrund fehlender gesicherter Studiendaten zur Wirksamkeit der Akupressur gehört das Verfahren derzeit nicht zu den erstattungsfähigen Regelleistungen der gesetzlichen Krankenkassen.


Wann kann die Akupressur angewendet werden?

Gängige Anwendungsgebiete der Akupressur sind vor allem Störungen des Bewegungsapparats (Muskeln, Sehnen oder Nervenbahnen) sowie weitere körperliche und psychische Beschwerden. Mit der Akupressur werden vor allem Alltagsbeschwerden und Funktionsstörungen behandelt – bei Verletzungen von Organen und Gewebsstrukturen wird die Akupressur hingegen nicht eingesetzt.

Akupressur wird traditionell unter anderem angewendet bei:

Akupressurbehandlung und Selbstbehandlung

Die Akupressur gilt als sanftere Form der Akupunktur und ist wenig schmerzhaft. Vor einer Sitzung lässt sich der Behandelnde die Beschwerden und weitere, persönliche Faktoren genau beschreiben, um die geeigneten Akupressurpunkte auszuwählen. Je nachdem, ob die Behandlung anregend oder beruhigend sein soll, wendet der Akupresseur verschiedene Drucktechniken an. Die Akupressur eignet sich sehr gut zur Selbstbehandlung.

Bei der Behandlung liegt der Patient auf einer bequemen Massageunterlage, während der Akupresseur die ausgewählten Körperpunkte oder größere Meridianbereiche, mitunter auch Schmerzpunkte an verspannten Muskeln, mit speziellen Fingertechniken massiert und dabei in unterschiedlichem Maße Druck ausübt. Je nachdem, welche Beschwerden behandelt werden, können unterschiedliche Techniken, wie etwa Drücken, Klopfen, Reiben, Kreisen, Streichen, Kneten, Drehen oder Vibrieren zum Einsatz kommen.

Die Möglichkeiten der Akupressur – anregen, beruhigen, harmonisieren

Grundsätzlich lassen sich bei der Akupressur drei energetische Behandlungsarten unterscheiden. Um anzuregen wird ein nur sanfter, oberflächlich spürbarer Druck ausgeübt. Kraftvolles, wiederholtes Drücken und Reiben wirkt hingegen beruhigend (bei Energiestau beziehungsweise energetischer Fülle). Um zu harmonisieren, zum Beispiel bei gestörten Organfunktionen oder zur Vorbeugung, wendet der Akupresseur eine mittlere Druckstärke an, indem er beispielsweise die entsprechenden Akupunkturpunkte oder Meridianabschnitte sanft und gleichmäßig reibt.

Dauer der Behandlung und Wiederholung

Eine Akupressurbehandlung dauert etwa zwischen 15 und 30 Minuten, wobei jeder Punkt ungefähr zwischen fünf Sekunden und zwei Minuten lang massiert wird. Bei Kindern und schwächeren Menschen sollte eine kürzere Behandlungszeit gewählt werden. In der Regel finden zehn bis zwölf Sitzungen statt, die je nach speziellem Problem etwa ein- bis zweimal pro Woche erfolgen.

Wer führt die Akupressur durch und was kostet sie?

Die Akupressur wird zumeist von Heilpraktikern, Masseuren oder Krankengymnasten durchgeführt, die eine entsprechende Zusatzqualifikation (zum Beispiel in Kursen an privaten Heilpraktiker- oder Akupunkturschulen) erworben haben. Für die Ausbildung gibt es keine allgemeinverbindlichen Regelungen. Eine Teilnahme an entsprechenden Kursen ist oft auch ohne medizinische Vorkenntnisse möglich. Anders als die Akupunktur ist die Akupressur nicht Bestandteil der kassenärztlichen Behandlung. Die Kosten für eine Sitzung sind von der jeweiligen Ausbildung abhängig, man muss mit 20 bis 50 Euro rechnen.

Selbstbehandlung durch Akupressur und wichtige Akupunkturpunkte

Die Akupressur ist nebenwirkungsarm und ohne Hilfsmittel durchzuführen. Sie eignet sich deshalb besonders gut zur Selbstbehandlung, Wenn man wichtige Akupressurpunkte und grundlegende Techniken der Massage kennt, kann man sich bei verschiedenen Beschwerden Linderung verschaffen.  

Akupressur an der Hand
© iStock.com/doglikehorse

Folgende Körperpunkte eignen sich für die Selbstbehandlung bei:

  • Kopf- und Rückenschmerzen, Migräne: den Punkt in der Hautfalte („Schwimmhaut“) zwischen Daumen und Zeigefinger kräftig für ein bis zwei Minuten kräftig mit Daumen und Zeigefinger der anderen Hand zusammendrücken und/oder massieren.
  • Übelkeit (auch in der Schwangerschaft) und Reiseübelkeit: Auf der Innenseite des Unterarms, etwa drei fingerbreit unterhalb der Handgelenksfalte zwischen den fühlbaren Sehnen: Dieser Punkt wird mit den Fingerkuppen der anderen Hand etwa zwei Minuten massiert, so dass ein Druckgefühl spürbar ist. Die Massage sollte mit zehnminütigen Pausen mehrfach wiederholt werden.
  • Schulter- oder Nackenschmerzen, Nervosität und Darmproblemen: Der passende Punkt nennt sich "Dünndarm 3“. Wenn man eine Faust macht, findet man ihn an der Handaußenkante direkt unterhalb des Kleinfingergelenks. Mit dem Daumen oder Daumennagel wird dieser Punkt ein bis zwei Minuten gedrückt.
  • Müdigkeit und Schlafstörungen: Ein Akupressurpunkt gegen diese Beschwerden befindet sich auf der Fußsohle in der Vertiefung zwischen beiden Fußsohlenvorderballen. Kreisende Bewegungen rechts herum wirken anregend (gegen Müdigkeit), in die andere Richtung sind sie schlaffördernd.

Wann man mit Akupressur vorsichtig sein sollte

Bei professioneller Anwendung sind mit der Akupressur kaum Risiken oder Nebenwirkungen verbunden. Bei unsachgemäßer Anwendung wie bei einer falschen Drucktechnik kann es zu blauen Flecken kommen. Daher ist es wichtig und ratsam, sich nur von ausgebildeten Akupresseuren behandeln zu lassen beziehungsweise die Selbstbehandlung unter fachgerechter Anleitung zu erlernen.

Nach der Akupressur müde?

Relativ häufig tritt nach der Akupressur Müdigkeit auf, was ganz normal ist und zeigt, dass sich im Körper etwas getan hat. Dadurch können Reaktionsvermögen und Fahrtauglichkeit beeinträchtigt sein. Es empfiehlt sich, die Behandlung terminlich so zu planen, dass man unmittelbar danach nicht mehr mit dem Auto fahren oder in die Arbeit muss.

Bei krankhaften Erweiterungen (Krampfadern ) und Entzündungen oberflächlicher Venen (Thrombophlebitiden) sollte die Akupressur nur mit großer Vorsicht erfolgen. Lymphgebiete wie die Kehle, der Bereich um die Ohren, Leistengegend, Achselhöhlen und Brustbereich sollten nur sanft massiert werden.

Akupressur in der Schwangerschaft und bei Kindern

Um das Auslösen von Wehen zu vermeiden, sollte in der Schwangerschaft grundsätzlich keine Akupressur an Akupunkturpunkten erfolgen, die den Unterleib beeinflussen können. Auch bei Kleinkindern darf die Akupressur nur mit Vorsicht erfolgen. Außerdem sind kürzere Behandlungszeiten als bei Erwachsenen anzusetzen.

Grundsätzlich sollte bei hartnäckigen Beschwerden ohne klare Ursache immer eine Diagnose durch einen Arzt erfolgen, um zugrunde liegende ernsthafte Erkrankungen, die schulmedizinisch behandelt werden müssen, zu erkennen.

Wann die Akupressur nicht angewendet werden sollte

Die Akupressur ist ein sehr sicheres, nebenwirkungsarmes Verfahren. In einigen Fällen muss aber darauf verzichtet werden. Zu den wichtigsten Gegenanzeigen gehören:

  • Hautkrankheiten sowie Verbrennungen, Verletzungen und Entzündungen der Haut oder auch Hautveränderungen wie Leberflecken, Warzen oder Geschwüre. (Die Akupressur darf nur auf gesunder Haut durchgeführt werden!)
  • Schwere Infektionskrankheiten, zum Beispiel Tuberkulose, Diphtherie
  • Lymphknotenschwellungen
  • Krebserkrankungen, zum Beispiel Tumore im Lymphgewebe (Lymphome), Leukämie
  • Schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Gesteigerte Blutungsneigung (hämorrhagische Diathese) und Einnahme blutgerinnungshemmender Medikamente (Antikoagulanzien)
  • Osteoporose
  • Große Müdigkeit, zum Beispiel nach dem Konsum von Alkohol oder Drogen
  • Problemschwangerschaften
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