SAD – saisonale affektive Störung

Winterdepression: Wenn Lichtmangel aufs Gemüt schlägt

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Kalt, nass und grau – der Winter trübt bei vielen die Stimmung. Doch schlechte Laune bei Kälte und Dunkelheit sind noch keine Depression. Erst wenn weitere Symptome zum Stimmungstief hinzukommen, sprechen Fachleute von einer Winterdepression. Wie Sie die saisonale affektive Störung erkennen und wann eine Behandlung nötig ist.

Winterdepression: Saisonale affektive Störung
© Getty Images/Marjan_Apostolovic

Wie ihr Name bereits sagt, tritt die Winterdepression vor allem in den dunklen Wintermonaten auf und wird deswegen auch saisonal abhängige Depression (SAD) genannt. Gerade Menschen in den gemäßigten Breitengrad sind betroffen, da hier die Tageslänge im Laufe eines Jahres erheblich schwankt.

Artikelinhalte im Überblick:

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Was ist eine Winterdepression?

In der kalten Jahreszeit ist ein Anstieg depressiver Störungen um etwa zehn Prozent zu verzeichnen. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer. Meist tritt die Winterdepression in den mittleren Lebensjahren auf, aber auch Kinder und Jugendliche können betroffen sein.

Die saisonale affektive Störung (SAD, Seasonal Affective Disorder) ist ein psychisches Leiden mit jahreszeitlicher Abhängigkeit. In Fachkreisen spricht man auch von einer rezidivierenden depressiven Störung, die mit einem saisonalen Muster auftritt.

In der nördlichen Hemisphäre beginnen die saisonalen Depressionen im Allgemeinen im Herbst im Oktober/November und enden im Frühjahr im März/April.

Die Winterdepression tritt unabhängig von psychosozialen Stressoren auf und verschwindet meist vollständig wieder. Rund 13 Prozent der Bevölkerung in Mitteleuropa leiden unter einer leichten, vier Prozent unter einer schweren SAD, so eine Studie der Universität Wien.

Symptome der Winterdepression

Die typischen Anzeichen der Winterdepression gleichen denen anderer depressiver Erkrankungen. Bis auf drei Unterschiede:

  • Bei SAD klagen Betroffene nicht über Schlafstörungen, sondern über ein erhöhtes Schlafbedürfnis.
  • Statt Appetitlosigkeit entwickeln sie sehr häufig einen gesteigerten Appetit, bisweilen Heißhunger auf Süßes und Kohlenhydrate.
  • Außerdem nehmen sie an Gewicht zu, statt ab.

Weitere Symptome der Winterdepression sind:

  • anhaltende Müdigkeit
  • Antriebslosigkeit
  • körperliche Abgeschlagenheit
  • Traurigkeit
  • Isolationsneigung
  • Interessenlosigkeit
  • Reizbarkeit

Depression oder harmloser Winterblues?

Dass Herbst und Winter mit kürzeren Tagen oder schlechtem Wetter hin und wieder auf das Gemüt schlagen, dürfte jeder schon an sich selbst erlebt haben. Beim Herbst- oder Winterblues verschwindet die trübe Stimmung in der Regel jedoch schnell wieder.

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Bei einer behandlungsbedürftigen SAD treten diese Anzeichen dagegen mindestens in zwei aufeinanderfolgenden Jahren für mindestens zwei Wochen auf.

Depression oder saisonale affektive Störung?

Auch wenn es sich bei der Winterdepression um ein saisonales Problem handelt, ist sie doch eine ernstzunehmende psychische Erkrankung. Insbesondere weil bei Erkrankungsbeginn nicht unbedingt klar ist, ob sich die Beschwerden im nächsten Frühjahr wieder legen, sollte die depressive Verstimmung ernst genommen werden. Zudem können die Symptome einer Depression individuell abweichen und auch charakteristisch untypisch sein, auch im Rahmen einer "normalen" Depression können eine Gewichtszunahme und ein erhöhtes Schlafbedürfnis vorkommen.

Zudem: Zwar tritt die Winterdepression im Winter auf, doch nicht jede Depression, die sich in der kalten Jahreszeit  manifestiert, gilt auch als saisonale affektive Störung.

Sinnvoll ist es, in jedem Fall der Ursache auf den Grund zu gehen und sich bei anhaltenden depressiven Beschwerden medizinische und psychotherapeutische Hilfe zu suchen.

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Ursache: Gestörte Melatonin- und Serotoninproduktion

Als Ursache der SAD wird unter anderem eine gestörte Melatonin- und Serotoninproduktion im Gehirn vermutet, bedingt durch den winterlichen Lichtmangel.

Schon im September sinkt die durchschnittliche Sonnenscheindauer in unseren Breitengraden beträchtlich, im November erreicht die monatliche Sonnenscheindauer in Deutschland mit durchschnittlich knapp 50 Stunden nur noch ein Viertel der Werte aus den Sommermonaten mit knapp 200 Stunden.

Das hat Auswirkungen auf den Körper, denn Licht beeinflusst den Hormonhaushalt. Bei wenig Licht produziert der Körper weniger stimmungsaufhellende Endorphine und schüttet eine geringere Menge des Glückshormons Serotonin aus. Zugleich wird mehr Melatonin erzeugt, das den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert.

Expert*innen gehen davon aus, dass das Schlafhormon Melatonin für die schlechte Gemütsverfassung verantwortlich ist. Aufgrund der Dunkelheit kann es nicht abgebaut werden, es kommt zu einer erhöhten Konzentration des Stoffes im Gehirn. Als Folge davon können Müdigkeit, Niedergeschlagenheit und andere Symptome auftreten.

Diskutiert wird auch, dass die Winterdepression durch die späteren Sonnenaufgänge im Winter ausgelöst wird. Dadurch verschiebt sich der gesamte Biorhythmus gegenüber der Uhrzeit. Andere Mediziner*innen sehen die Winterdepression als ein Überbleibsel des Winterschlafes und Schutzmechanismus des Körpers. Der fährt in der kalten (und kargen) Jahreszeit die Aktivitäten herunter, lässt uns mehr schlafen und zum Schutz vor Kälte an Gewicht zulegen.

Risikofaktoren für Winterdepression

Mehrere Faktoren können das Risiko, an SAD zu erkranken, erhöhen. Dazu gehören:

  • genetische Veranlagungen
  • Geschlecht
  • Alter
  • berufliche und familiäre Situation
  • aktuelle psychische Belastungen

Behandlung der Winterdepression

Ein anhaltendes Stimmungstief sollte Anlass sein, sich ärztliche Hilfe einzuholen, denn eine echte SAD sollte immer behandelt werden. Wer sich nicht sicher ist, ob es sich um die harmlosere Variante des Winterblues oder um eine behandlungsbedürftige Winterdepression handelt, spricht am besten der*dem Hausärztin*Hausarzt. Zunächst müssen körperliche Ursachen für die depressiven Beschwerden wie ein Vitaminmangel oder eine Schilddrüsenerkrankung durch Blutuntersuchungen ausgeschlossen werden. Falls keine körperliche Ursache vorliegt, können Betroffene weiter an eine*n Psychiater*in verwiesen werden.

Lichttherapie oder Phototherapie

Die Lichttherapie ist die erste Wahl bei der Behandlung saisonal abhängiger depressiver Störungen. Sie wird vor allem bei leichten und mittelschweren Winterdepressionen eingesetzt. Betroffene setzen sich dabei täglich 15 Minuten bis zu zwei Stunden vor eine spezielle Lichtquelle. Wichtig ist dabei die Beleuchtungsstärke: Mindestens 2.500 Lux muss die Lampe erzeugen, um zu wirken. Die Behandlung sollte jeweils am Morgen, direkt nach dem Aufstehen erfolgen und mindestens drei bis vier Wochen lang durchgeführt werden. Die Länge einer Lichtsitzung ist abhängig von der Stärke der Lampe: Bei einer 2500-Lux-Quelle beträgt die tägliche Behandlungszeit bis zu zwei Stunden, bei einer höheren Lux-Dosis reduziert sich die Zeit auf 30 bis 40 Minuten. Anders als im Solarium muss der Betroffene mit offenen Augen ins Licht sehen. Bräunen können die Anti-Depressions-Lampen nicht, das UV-Licht wird herausgefiltert.

Solarium keine Alternative zur Lichttherapie

Mit Lichttherapie ist nicht die künstliche Sonne in Solarien gemeint, denn die UV-Strahlen im Solarium dürfen nicht in die Augen gelangen. Die Produktion von Melatonin wird gerade über den Lichteinfall auf die Netzhaut gedrosselt. Auch die Menge an sichtbarem Licht, die unter der Sonnenbank entsteht, reicht bei weitem nicht aus, um eine Herbst-/Winterdepression behandeln zu können.

Anders als bei der Phototherapie bei Hauterkrankung übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für eine Lichttherapie bei saisonalen Depressionen nicht.

Medikamentöse Behandlung

Je nach Schwere der Winterdepression kommen wie bei anderen depressiven Störungen auch Antidepressiva wie Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) zum Einsatz. Leichtere Ausprägungen können auch mit pflanzlichen Präparaten, zum Beispiel mit Johanniskraut behandelt werden. Achtung bei der Einnahme der Pille: Johanniskraut setzt die Wirkung herab.

Behandlung von Depressionen: Hilfen & Tipps

Was tun gegen Winterdepression und Winterblues?

Die wichtigste vorbeugende wie auch therapeutische Maßnahme gegen eine Winterdepression oder die leichtere Variante Winterblues ist, auch in der dunklen Jahreszeit regelmäßig ausreichend Tageslicht zu bekommen. Dabei muss nicht unbedingt die Sonne scheinen. Selbst normales Tageslicht bei bedecktem Himmel ist mit rund 5.000 Lux immer noch fünfzigmal stärker als eine durchschnittliche Raumbeleuchtung. Für einen spürbaren Effekt reichen bereits täglich 30 bis 60 Minuten Aufenthalt bei Tageslicht.

Spaziergänge sind besonders geeignet, denn dabei tanken Sie nicht nur Licht und Sauerstoff. Auch die Bewegung hat einen nachweislich positiven Effekt auf die Gemütslage. Auch Menschen mit anderen Formen einer Depression profitieren von Spaziergängen unter freiem Himmel.

Kleinigkeiten im Alltag sorgen zusätzlich dafür, dass die trübe Stimmung nicht die Oberhand gewinnt. Alles was glücklich macht, hilft dem Körper, mehr Serotonin auszuschütten:

  • Obst statt Süßes: Packt Sie der Heißhunger auf Süßes, greifen Sie lieber zu Obst statt Schokolade und anderem "Hüftgold". Das hält gesund und verhindert zusätzliche Pfunde, die wiederum aufs Gemüt drücken können.

  • Kleinere Ziele: Muten Sie sich nicht zu viel zu, weder privat noch auf der Arbeit. Wer sich kleine Ziele steckt, hat öfter ein beglückendes Erfolgserlebnis.

  • Sich bewusst etwas Gutes tun: Gehen Sie aus, treffen Sie Freunde – das hebt die Stimmung.

  • Urlaub machen: Wer die Möglichkeit hat, kann die trübe Jahreszeit mit einem Sonnenurlaub am Meer oder in den Bergen aufhellen.

  • Sex und Zärtlichkeiten: Kuschelstunden und Sex haben natürlich auch einen aufhellenden Effekt auf die Stimmung.

  • Pflanzliche Arzneimittel: Bei Stimmungstiefs kann Johanniskraut helfen, die Gemütslage zu bessern. Die Heilpflanze muss über mehrere Wochen eingenommen werden. Allerdings empfiehlt es sich, die Einnahme ärztlich abzusprechen, da die erhältlichen Johanniskraut-Präparate von unterschiedlicher Qualität sind, die richtige Dosierung wichtig ist und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten möglich sind.

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