Schmerzen im Harntrakt
Schmerzen sind ein Warnsignal des Körpers und sollten ernst genommen werden – vor allem, wenn sie bereits länger anhalten. Schmerzen im Harntrakt können auf diverse Krankheiten hindeuten. Welche, erfahren Sie hier.
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Schmerzen haben einen Signalcharakter, der signalisiert, dass dem Körper ein Schaden droht. Schmerzen im Harntrakt können können durch eine Vielzahl von verschiedenen Ursachen entstehen.
Schmerzen im Harntrakt: Weitere Symptome
Schmerz ist eine elementare unangenehme Empfindung des Menschen, ausgelöst durch äußere oder innere Reize. Zu den äußeren Reizen gehört zum Beispiel die Verletzung, zu den inneren Reizen gehören chronisch fortdauernde Funktionsstörungen. Eine Verletzung führt zur Freisetzung von Botenstoffen, die über einen Informationskreis im Nervensystem zur Schmerzempfindung führt. Ähnlich verhält es sich bei chronischen Funktionsstörungen. Durch Fehl- oder Überbelastung kommt es zum Beispiel im Muskel zur Ausschüttung von chemischen Überträgersubstanzen, die zu Veränderungen im Muskelgewebe führen und als Schmerz im Harntrakt wahrgenommen werden.
Schmerzen im Harntrakt können plötzlich auftreten (akute Schmerzen) oder dauernd vorhanden sein (chronische Schmerzen).
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Akute Schmerzen
Während der plötzlich auftretende (akute) Schmerz am Finger, hervorgerufen zum Beispiel durch das Berühren eines heißen Tellers im Wesentlichen eine informative Funktion hat, haben akute Schmerzen, bedingt durch Organerkrankungen oder -funktionsstörungen einen Warncharakter und fordern eine weitere ärztliche Untersuchung. Die Aufforderung zur Untersuchung und Behandlung kommt einem Selbstschutz des Organismus – Schlimmeres zu vermeiden – gleich. Das Empfinden von Schmerzen signalisiert dem Körper: Es droht Schaden!
Der akute Schmerz im Harntrakt ist keine Erkrankung, sondern ein Krankheitszeichen – ein Symptom. Dieser kann durch eine Verletzung, eine Entzündung oder durch einen wandernden oder blockierenden Harnstein bedingt sein.
Chronische Schmerzen
Der dauernd vorhandene (chronische) Schmerz im Gebiet des Harntrakts wird nach seiner Ursache in zwei Hauptgruppen unterschieden:
- durch eine chronische Funktionsstörung oder eine schwelende Entzündung hervorgerufener Schmerz
- durch eine fortgeschrittene bösartige Erkrankung (Tumorleiden) bedingter Schmerz
Während beim Tumorleiden der Schmerz auch ein Symptom darstellt, welches einer direkten, ausreichenden schmerzstillenden Behandlung bedarf, hat der chronische, nicht tumorbedingte Schmerz oft selbst Krankheitswert erlangt, das heißt, der Schmerz ist die Krankheit und andere Ursachen werden nicht gefunden, und bedarf somit einer ganzheitlichen Herangehensweise und Therapie.
Welche Krankheiten Schmerzen im Harntrakt verursachen
Empfundene Schmerzen gehören zu den wichtigsten Krankheitszeichen im urologischen Fachgebiet. Die unterschiedlichen Organe des harnableitenden Systems können zu Schmerzen im Harntrakt mit unterschiedlicher Intensität und unterschiedlichem Schmerzcharakter führen.
Verschiedene urologische Krankheitsbilder können mit Schmerzen im Harntrakt einhergehen. Zur besseren Übersicht sind in einer Tabelle urologische Krankheitsbilder mit ihrer akuten Schmerzintensität und ihrem Schmerzcharakter dargestellt. Außerdem werden wichtige Krankheitszeichen, die mit den aufgeführten Krankheitsbildern oft verbunden sind, aufgelistet.
Krankheit | Akute Schmerzen | weitere Symptome, Anmerkungen | |
Intensität | Charakter | ||
Akute Entzündungen | |||
Blasenentzündung |
++ | brennend | häufiges Wasserlassen |
Nierenbeckenentzündung | ++ | drückend | Flankenschmerzen, Fieber, Übelkeit |
Harnröhrenentzündung | ++ | brennend | Ausfluss aus der Harnröhre |
Prostataentzündung | +++ | brennend, drückend | Damm- und Afterbeschwerden |
Nebenhodenentzündung | +++ | drückend | oft schwer krank, Fieber |
Steinerkrankungen | |||
ruhende Nieren und Kelchsteine |
+ | gelegentlich Druck | ruhende Steine machen selten Beschwerden |
Harnleiterstein | ++++ | wellenförmig, stechend, ziehend | Kolikschmerz, teilweise vernichtender Schmerz |
Blasenstein | + | dumpfer Druck | Schmerz insbesondere bei Lageänderung |
Verletzungen | |||
Nieren- und Blasenverletzung (in der Regel durch Arbeits-, Sport- und Verkehrsunfälle) |
++ | dumpf bis stechend | Abhängig von Art und Schwere der Verletzung |
weitere Krankheitsbilder | |||
Hodentorsion | + bis ++++ | ziehend, drückend | Hodensackschwellung |
eingeklemmter Leistenbruch | ++ | drückend | Schwellung im Leisten-, Hodensackbereich, Darmfunktionsstörung |
Einteilung der Schmerzstärke:
+ schwach
++ mittel
+++ stark
++++ sehr stark bis vernichtend
So untersucht der Arzt
Die ärztliche Abklärung von Schmerzen im Harntrakt erfolgt durch eine Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese), körperliche Untersuchung des Patienten, Blut- und Urinuntersuchung und bei Bedarf durch Ultraschall und Computertomographie.
Anamnese
Die ärztliche Untersuchung von bestehenden Schmerzen erfolgt schrittweise, beginnend mit der Erhebung einer ausführlichen Krankheitsgeschichte durch den Arzt. Wichtige Angaben für den Arzt sind Beginn, Entwicklung, Stärke, Charakter und Ausstrahlung der Schmerzen. Eventuelle Veränderungen des Ortes der Schmerzempfindung sind für die Zuordnung zu bestimmten Krankheitsbildern wichtig. Weitere Beschwerden, wie zum Beispiel Blut im Urin oder Störungen des Wasserlassens.
Körperliche Untersuchung
Nachdem der untersuchende Urologe sich einen ersten Überblick über die Krankheitsgeschichte und die Krankheitszeichen verschafft hat, erfolgt eine gründliche Untersuchung des Patienten. Dabei werden die Flanken, Bauch- und Blasenregion abgetastet und gegebenenfalls vorsichtig beklopft. Bei offenen Verletzungen wird die Wunde untersucht. Sollte das äußere Genitale betroffen sein, wird dieses ebenfalls abgetastet. Dieses wird immer vorsichtig durchgeführt, um eine Zunahme der Beschwerden zu vermeiden.
Basierend auf den Ortsangaben und dem klinischen Untersuchungsbefund ist das Stellen einer sogenannten Arbeitsdiagnose in der Regel problemlos möglich. Die Arbeitsdiagnose gibt dem Arzt die Möglichkeit, den Patienten ausreichend und mit der richtigen Therapie zu behandeln und die Ursachen für die Schmerzen im Harntrakt zu identifizieren.
Blut- und Urinuntersuchung
Durch die Analyse von Blut und Urin können entzündliche Erkrankungen von Niere, Harnleiter, Blase, Prostata, Nebenhoden und Harnröhre sicher erkannt werden. Im Blut werden die Entzündungsparameter (zum Beispiel weiße Blutkörperchen, Entzündungsmarker) bestimmt. Im Urin wird nach Veränderungen gesucht, die auf eine Entzündung oder auch Verletzung im harnableitenden System hindeuten, zum Beispiel weiße und rote Blutkörperchen, Bakterien.
Ultraschalluntersuchung
Mittels Ultraschall können Schmerzen im Nierenbereich einem Steinleiden mit Behinderung des Urinabflusses zugeordnet werden. Typischerweise erkennt man im Ultraschall die durch den Urinstau hervorgerufene Erweiterung des Nierenbeckens. Eine Röntgenaufnahme mit Steinnachweis sichert die Diagnose ab. Bei Verletzungen erkennt man den Bluterguss an oder um die Niere. Die Ultraschalluntersuchung dauert, in Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Schmerzursache, etwa zehn bis 20 Minuten.
Computertomographie
Gibt ein Patient einen Unfall als Beginn der Schmerzen im Harntrakt an, ist zum Ausschluss schwerwiegender oder gar lebensgefährdender Veränderungen an Harn produzierenden und ableitenden Organen neben dem Ultraschall häufig auch die Durchführung einer Computertomographie, einem speziellen computergestützten Röntgenschichtverfahren, unumgänglich. Wichtige Befunde betreffen zum Beispiel große Blutergüsse im Körperinnern und Verletzungen des Nierenbeckens mit Urinaustritt ins Gewebe. Die CT-Untersuchung dauert etwa zehn bis 20 Minuten und ist bei schweren Verletzungen Grundvoraussetzung für die Therapieplanung.
Therapie: Schmerzen im Harntrakt bekämpfen
Die ärztliche Behandlung von Schmerzen im Harntrakt erfolgt prinzipiell zweigleisig. Es ist notwendig, eine schnellstmögliche Schmerzlinderung und eine wirksame Bekämpfung der Schmerzursache einzuleiten.
Schnelle Schmerzlinderung
Zum einen machen sich oft sofortige Maßnahmen zur Schmerzlinderung erforderlich, die jedoch die Ursache des Schmerzes nicht beheben. Durch Gabe von Medikamenten (zum Beispiel Analgetika, Opioide, Spasmolytika), in der Regel über einen Spritze oder Infusion direkt in die Vene, wird eine schnelle und zuverlässige Besserung der Schmerzen im Harntrakt erreicht und die notwendige Diagnostik für den Erkrankten erträglich gemacht.
Beseitigung der Schmerzursache
Neben der schnellen Schmerzlinderung ist natürlich, nach Klärung der Ursachen der Schmerzen, eine ursächliche Therapie notwendig.
Beseitigung der Entzündung
Entzündliche Erkrankungen (zum Beispiel Harnblasenentzündung) werden mit Antibiotika behandelt.
Bei fieberhaften Erkrankungen mit starker Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens werden ebenfalls antibiotische Medikamente, oft als Spritze oder Infusion, vom Arzt gegeben. Nach grundlegender Besserung kann dann die Einnahme auf Tabletten umgestellt werden. Antibiotika ermöglichen eine Abtötung der entzündungsverursachenden Bakterien. Während die meisten Entzündungen ambulant behandelt werden können, erfordern schwere fieberhafte Erkrankungen, mit Nachweis einer Urinabflussstörung aus dem Nierenbecken, immer eine stationäre Notaufnahme.
Beseitigung des Harnsteins
Sollte eine Störung des Urinabflusses der Grund für Flankenbeschwerden sein, erfolgt die ärztliche Behandlung in Abhängigkeit von der Schmerzursache (zum Beispiel Harnleiterstein), dem Allgemeinbefinden des Patienten und den Ergebnissen der Blut- und Urinuntersuchung.
Der einfache Harnleiterstein wird mit harnleitererweiternden Medikamenten behandelt. Der Patient wird aufgefordert, viel zu trinken.
Beseitigung der Hodenverdrehung
Bei Verdacht auf eine Verdrehung des Hodens (Hodentorsion), der häufigsten urologischen Schmerzursache im Kindes- und Jugendalter, ist die operative Behandlung zum sicheren Ausschluss einer andauernden Durchblutungsstörung des Hodens oft sofort nötig. Eine Verdrehung des Hodens bewirkt zeitgleich auch eine Verdrehung der Blutgefäße – damit wird der Querschnitt der Blutgefäße verringert – die Durchblutung der Hoden reduziert sich. Da das Hodengewebe sehr empfindlich ist, droht bei längerer Störung der Blutzu- und -abfuhr das Absterben des Hodengewebes.
Aus diagnostischer Sicht macht sich eine operative Freilegung des Hodens in Narkose, das heißt eine direkte Untersuchung des Hodens nach Bergung aus dem Hodensack erforderlich. Die in gleicher Operation durchgeführte sichere Befestigung des Hodens im Hodensack ist die definitive Therapie und erspart schwerwiegende Komplikationen. Die Operation dauert etwa 30 bis 60 Minuten, wird in Vollnarkose durchgeführt und erlaubt eine Entlassung des Patienten bereits nach wenigen Tagen.
Behandlung von Verletzungen der Harn ableitenden Organe
Die Behandlung von Verletzungen der Harn ableitenden Organe (Niereneinriss, Nierenberstung, Harnleitereinriss, Blasenperforation, Harnröhrenabriss) erfolgt stadiengerecht, das heißt in Abhängigkeit vom Verletzungsausmaß, der Bedrohung des Patienten (Allgemeinbefinden) und der Gefährdung des verletzten Organs. Dazu macht sich die Auswertung der bildgebenden Untersuchungsverfahren (Ultraschall, Computertomographie) erforderlich.
Bei kleineren Nierenverletzungen kann oft zugewartet und die Entwicklung beobachtet werden. Engmaschige Untersuchungen des Patienten sowie Kontrollen von Blut- und Urinproben sind angezeigt.
Bei Vorliegen einer schweren Blutung (Nierenberstung, Blasenperforation, Harnröhrenabriss) als Ursache der Schmerzen im Harntrakt ist die operative Behandlung notwendig.
Viel Trinken beugt Harnwegskrankheiten vor
Da Schmerzen im Harntrakt lediglich ein Symptom sind, kann man ihnen nicht direkt vorbeugen.
Schmerzen im Harntrakt sind immer nur ein Symptom einer anderen Grunderkrankung. Deswegen kann man ihnen nicht gezielt vorbeugen. Es ist jedoch möglich, durch eine gesunde Lebensweise – vor allem viel trinken – manchen Erkrankungen vorzubeugen, die sonst zu Schmerzen im Harntrakt führen könnten.
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