Liebe ist mehr als ein Hormoncocktail
Auch wenn es im Bauch kribbelt: Liebe entsteht mit jeder Menge Biochemie im Kopf. Hormone versetzen den Körper in einen Ausnahmezustand, ähnlich wie ein Drogenrausch. Doch noch ist das Rätsel Liebe nicht vollständig entschlüsselt.
Schmetterlinge im Bauch, das Herz klopft in neuem Takt, Unruhe treibt zu ständiger Aktivität, ungeahnte Energien werden freigesetzt, obwohl der Verliebte kaum einen Bissen herunterbringt und nachts nicht schlafen kann. Und die Gedanken kreisen immer nur um das eine: das Objekt der Begierde. Doch was ist die Ursache für diesen Ausnahmezustand, den Wissenschaftler in die Nähe von Sucht rücken? Forscher enträtseln das Mysterium Liebe Schritt für Schritt.
Frauen verlieben sich anders als Männer
Dabei gilt fast für jeden: Entscheidend ist der erste Blick auf den anderen, das Aussehen spielt also eine große Rolle. Studien haben gezeigt, dass Männer sich vor allem von gleichmäßigen und weichen Zügen bei Frauen angezogen fühlen. Ebenmäßigkeit wird unbewusst als äußeres Zeichen von Gesundheit interpretiert. Die Weichheit steht in Verbindung mit einem hohen Östrogenspiegel. Das bedeutet für den Mann: Gesunde, fruchtbare Frau schenkt mir viele starke Nachkommen – so die Erklärung nach der Evolutionstheorie.
Frauen entscheiden sich gerne für Männer mit markanten Gesichtszügen. Das zeugt von einem hohen Testosteronspiegel, der Voraussetzung für Virilität. Allerdings ist für Frauen das Aussehen bei der Partnerwahl nicht ganz so wichtig wie für Männer. Der Mann kann auch unansehnlicher sein. Verfügt er über materielle Sicherheit, ist er für Frauen trotzdem interessant – weil er für den Nachwuchs und sie selbst sorgen kann, Schutz bietet.
Neben dem Aussehen ist der typische Körperduft eines Menschen wichtig fürs Verlieben. Die Sexuallockstoffe Pheromone, die bei jedem unterschiedlich gemischt sind, lassen Anziehung entstehen. Die beiden Sinneseindrücke Sehen und Riechen kurbeln im Gehirn zahlreiche Prozesse an. Sie setzen eine ganze Reihe molekularer Botenstoffe frei, die wiederum ein Feuerwerk an rauschhaften und euphorischen Empfindungen entfachen.
Die Liebeshormone und was sie bewirken
Verliebte ernähren sich sprichwörtlich von Luft und Liebe. Sie brauchen nichts zu essen. Hinter diesem Phänomen verbirgt sich das Hormon Phenylethylamin, ein körpereigenes "Dopingmittel" aus der Gruppe der Amphetamine, das unter anderem als Appetitzügler wirkt. Und trotz gähnender Leere im Magen strotzen Verliebte nur so vor Kraft. Dieses Energiehoch verdanken sie Adrenalin. Das körpereigene Aufputschmittel verursacht Herzklopfen, weiche Knie und Schlaflosigkeit – und es zeigt sich in der kribbeligen Hochspannung, die für viele das wichtigste Anzeichen dafür ist, verliebt zu sein.
Mit Dopamin wie auf Wolken schweben
Gleichzeitig produzieren Verliebte eine Menge Dopamin. Das Hormon wirkt im Belohnungssystem des Gehirns und stimmt euphorisch. Das typische „wie auf Wolken schweben“ bei Verliebten wird dadurch hervorgerufen. Übrigens wirken viele Drogen, etwa Kokain ganz identisch im Belohnungszentrum, weshalb manche Wissenschaftler auch behaupten, Liebe sei ähnlich wie eine Sucht. Fällt die Droge weg, bzw. verfliegt das erste Verliebtsein, können Entzugserscheinungen auftreten.
Wenn sich bei einer Frau Herzklopfen und Bauchkribbeln einstellen, steigt außerdem die Konzentration des männlichen Geschlechtshormons Testosteron im Blut und damit die sexuelle Lust. Gleichzeitig sinkt bei frisch verliebten Männern der Testosteronspiegel. Somit gleichen sich die Geschlechter einander an. Manche Forscher vermuten, dass es beiden so leichter fällt, die Macken und Besonderheiten des Partners zu akzeptieren. Eine andere Vermutung besagt, dass Männer so sanfter werden und eine höhere Bereitschaft entwickeln, sich auf eine feste Partnerschaft einzulassen.
Die rosarote Brille aufsetzen
Während jene Gehirnreale, die Dopamin produzieren, angekurbelt werden, wann immer frisch Verliebte an ihren Partner denken, sind andere Areale des Gehirns regelrecht ausgeschaltet. Dazu gehören vor allem jene Regionen, die für negative Emotionen und sozialkritisches Verhalten verantwortlich sind. Die rosarote Brille trübt somit tatsächlich den Blick für die Realität, und der Partner erscheint selbst dann makellos und fehlerfrei, wenn er schräge Töne zum Lieblingssong produziert.
Eine weitere Nebenwirkung des Liebesrauschs ist Serotoninmangel. Der Serotoninspiegel im Blut erreicht ähnlich niedrige Werte wie der eines Zwangskranken. Ähnlich wie sie, die hundertmal täglich Hände waschen, die Fingernägel kontrollieren und Ähnliches, können sich frisch Verliebte nur noch mit einer einzigen Sache beschäftigen. Ihre Gedanken kreisen obsessiv um den Partner.
Allerdings – was die Initialzündung dafür ist, dass der Anblick und Geruch eines bestimmten Menschen Verliebtheit auslöst – das weiß noch keiner. Sonst würde sich jeder in denselben Mann / dieselbe Frau verlieben. Individuelle psychische Gegebenheiten, Zufälle und vielleicht doch etwas Mystik spielen also mit hinein. Verliebte wissen: Es ist ein Zauber, den sie erleben, der Berge versetzen kann und sich nicht allein durch Biochemie erklären lässt.
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