Ursachen und Risikofaktoren von Erektionsstörungen
Impotenz kann vielfältige Ursachen haben. Lange Zeit nahmen Ärzte an, dass vor allem psychische Probleme der Grund für Erektionsstörungen sind. Diese Ansicht gilt heute jedoch als überholt.
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Mediziner gehen heute davon aus, dass bei rund 70 Prozent der Betroffenen eine organische Grunderkrankung die hauptsächliche Ursache für die Potenzprobleme ist. Vor allem bei Männern über 50 Jahren ist eine Erektionsschwäche körperlich bedingt, bei jüngeren Männern überwiegen dagegen psychische Gründe.
Artikelinhalt im Überblick:
- Wie eine Erektion entsteht
- Potenzprobleme durch Arteriosklerose
- Diabetes und Impotenz
- Weitere Ursachen
- Medikamente setzen Potenz herab
- Alkohol, Drogen und Nikotin als Risikofaktor
- Psychische Ursachen
Wie eine Erektion entsteht
Die Erektion ist ein komplizierter Prozess. Damit das Glied steif wird, müssen Nerven, Muskeln und Blutzufuhr optimal aufeinander abgestimmt funktionieren.
Das Corpus cavernosum (Penisschwellkörper) ist für die Versteifung des Glieds verantwortlich. Der Blutfluss in diesem zweigeteilten, paarig angeordneten Schwellkörper spielt eine zentrale Rolle bei der Erektion.
Durch erotische Reize werden Nervenzentren in Gehirn und Rückenmark stimuliert. Die Zentren senden Impulse über die Penisnerven zum Schwellkörpergewebe, das Botenstoffe freisetzt. Diese Substanzen lassen das Muskelgewebe erschlaffen und die Blutgefäße im Penis weiter werden. So kommt es zu einem enormen Bluteinstrom, der etwa 700 Prozent des Ruheflusses beträgt. Die Penisschwellkörper füllen sich immer mehr mit Blut, wodurch sich das Glied verlängert.
Durch die zunehmende Blutfülle im Penisschwellkörper steigt auch der Druck. Dieser wirkt auf die venösen Abflussgefäße, sodass weniger Blutes abfließen kann – der Penis vergrößert sich. Dieser Prozess wird allein von den Penisnerven gesteuert.
Durch die Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur wird der Blutabfluss vollständig unterbrochen. Der Druck im Schwellkörper übersteigt jetzt den Blutdruck. Der Penis ist vollständig versteift und steht in einem Winkel von etwa 90 Grad vom Körper ab. Steife und Position des Penis machen den Geschlechtsverkehr und eine Ejakulation möglich. Nach dem Samenerguss fließt unter Beteiligung des vegetativen Nervensystems das Blut wieder ab. Der Penis schrumpft auf seine normale Größe.
Wenn keine Erektion zustande kommt, kann dieser Mechanismus in unterschiedlichen Stadien gestört sein.
Durchblutungsstörungen als häufigste Ursache für Potenzprobleme
Die häufigste Ursache für Erektionsstörungen sind Durchblutungsstörungen in den Blutgefäßen, die den Penis versorgen. Eine Arteriosklerose, umgangssprachlich auch Verkalkung der Blutgefäße genannt, macht sich meistens zuerst in den kleineren (peripheren) Arterien bemerkbar, etwa jenen, die den Penis versorgen. Ablagerungen verengen die Blutgefäße und stören außerdem den Mechanismus, der normalerweise für eine vorübergehende Erweiterung sorgt. Auf Dauer kommt es so zu Durchblutungs- und damit Erektionsstörungen: Es kann über die Arterien nicht mehr so viel Blut in die Schwellkörper hineinfließen, wie für eine Erektion notwendig wäre.
Die Arteriosklerose ist ein normaler Alterungsprozess, wird jedoch durch Bluthochdruck, hohe Blutfettwerte wie Cholesterin und einen erhöhten Blutzuckerspiegels gefördert. Auch eine ungesunde Lebensweise mit wenig Bewegung, einseitiger Ernährung und Nikotinkonsum ist ein Risikofaktor für die krankhaften Gefäßveränderungen – und damit für Erektionsstörungen.
Erektionsstörungen treten nach krankhaften Gefäßveränderungen sehr bald in Erscheinung. So sind sie ein wichtiges Frühwarnzeichen für schwerwiegende Herzkreislauferkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch darum sollten Potenzprobleme ernst genommen und von einem Arzt abgeklärt werden.
Erektionsstörungen durch Diabetes
Auch die Zuckerkrankheit kann eine Ursache für erektile Dysfunktion sein. Bei vielen Diabetikern sind Erektionsprobleme sogar eines der ersten Krankheitssymptome. Durch den erhöhten Blutzuckerspiegel lagern sich Zuckermoleküle im Inneren der kleinen Blutgefäße ab und schädigen diese. In den Penis kann nicht mehr genügend Blut fließen und das Glied so nicht steif werden. Ein dauerhaft erhöhter Blutzucker kann zudem zu Nervenschäden – oft an peripheren Nerven – führen und so neben Erektionsproblemen zu Empfindungsstörungen am Penis führen.
Weitere Erkrankungen als Auslöser
Eine Reihe weiterer Erkrankungen und Umstände können als Folge auch Potenzprobleme verursachen. Dazu gehören
- Tumorerkrankungen
- Erkrankungen an Prostata und Hoden
- Bestrahlung bei Krebserkrankungen
- Operationen an Blase, Darm, Prostata, Hoden und Gefäßen im Bauchraum
- Bandscheibenvorfall, Blockaden der Lendenwirbelsäule, Schädigungen des Rückenmarks
- Erkrankungen, die das zentrale Nervensystem beeinträchtigen wie Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Alzheimer-Demenz oder Schlaganfall
- Testosteronmangel
- Schilddrüsenüber- oder unterfunktion
Potenzstörungen als Nebenwirkung von Medikamenten
Bei einer ganzen Reihe von Medikamenten sind als Nebenwirkung Erektionsprobleme bekannt. Oft ist es jedoch schwierig zu beurteilen, ob die Potenzstörung von der Grunderkrankung des Betroffenen herrührt oder von dem verschriebenen Medikament.
Erektionsprobleme als Nebenwirkung verursachen unter anderem
- blutdrucksenkende Mittel, insbesondere Betablocker,
- entwässernde und harntreibende Mittel,
- bestimmte Antiepileptika,
- verschiedene Antipilzmittel,
- Psychopharmaka,
- Beruhigungsmittel und Schlafmittel,
- Säureblocker,
- nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR),
- Medikamente gegen gutartige Prostatavergrößerung,
- Gerinnungshemmer wie Heparin und Marcumar sowie
- Medikamente zur Herzstärkung.
Dr. Heart / Expertenteam
Männer, die unter Erektionsstörungen leiden und Medikamente einnehmen, sollten den Beipackzettel sorgfältig lesen. Befindet sich unter den Nebenwirkungen auch Hinweise auf Potenzstörungen oder Libidoverlust, dann sollten sie den Arzt dazu ansprechen. Häufig können Alternativpräparate verschrieben werden.
Alkohol, Drogen, Nikotin stören die Potenz
Zwar können moderate Mengen Alkohol die Erektion wegen ihrer enthemmenden und gefäßerweiternden Wirkung fördern. Bei übermäßigem Konsum wird Alkohol allerdings zu einem Risiko für die Potenz. Bereits ein Blutalkoholspiegel von 0,4 bis 0,5 Promille beeinträchtigt die Erektionsfähigkeit, ab einem Promille ist sie meistens komplett aufgehoben.
Männer, die nur in Ausnahmefällen übermäßig Alkohol trinken, verlieren ihre Potenz nur vorübergehend. Anders sieht es aus, wenn regelmäßig Alkohol in großen Mengen getrunken wird: Dann kann das zentrale und periphere Nervensystem Schaden nehmen. Dies führt unter anderem dazu, dass die Nervenzentren in Gehirn und Rückenmark keine Impulse zu den Penisnerven mehr aussenden können.
Außerdem wird durch Alkoholmissbrauch die Leber geschädigt. Dadurch kann das weibliche Sexualhormon Östrogen nicht mehr richtig abgebaut werden. Es kommt zu einem Überschuss an Östrogenen und zu und einem Mangel an Testosteronen. Testosteron spielen vor allem für die Libido eine Rolle, sie sind aber auch an den physiologischen Prozessen der Erektion beteiligt. Häufig steigt durch Alkoholismus auch die Produktion von Prolaktin, einem Sexualhormon, das bei der Frau für die Milchbildung sorgt, bei Männern aber den Penisreflex unterdrückt.
Risikofaktor Drogen
Zur Steigerung der sexuellen Lust und Potenz werden mitunter auch Drogen wie Cannabis, Ecstasy, Speed, Meth und andere eingesetzt. Die Wirkung der Substanzen ist je nach Zusammensetzung, Darreichungsform und Menge unterschiedlich: Manche wirken als Stimulanz und Aufputschmittel wie zum Beispiel Kokain, andere haben eine euphorisierende Wirkung, setzen die Hemmschwelle herab oder verändern die Wahrnehmung.
Dauerhafter Drogenkonsum verkehrt diese gewollte Wirkung jedoch meist ins Gegenteil und hat dann auch schwerwiegende Folgen für die sexuelle Potenz. Die Substanzen machen nicht nur psychisch und körperlich abhängig, sondern verursachen Veränderungen an Nerven, Geweben und Organen. Auch die Qualität der Spermien wird negativ beeinflusst. Zudem führt der Konsum von Drogen auf Dauer zu sozialer Isolation und partnerschaftlichen Problemen.
Besonders gefährlich ist der Missbrauch von Drogen in Kombination mit Viagra und anderen potenzsteigernden Medikamenten. Hierbei können sich kaum vorhersehbare Wechselwirkungen ergeben, die lebensgefährlich sein können.
Risikofaktor Nikotin
Raucher haben ein erhöhtes Risiko, Erektionsstörungen zu bekommen: Die Tabakinhaltsstoffe fördern Arteriosklerose und Durchblutungsstörungen. Raucher haben einen erhöhten LDL-Cholesterinspiegel, der die Gefäßwände schädigen kann. Einige Gerinnungsstoffe wie Fibrinogen und Blutplättchen nehmen ebenfalls durchs Rauchen zu und fördern dadurch Ablagerungen. Früher als am Herzen macht sich die Arteriosklerose aber meistens in den kleineren Gefäßen bemerkbar, die fern des zentralen Blutkreislaufs liegen – wie die Blutgefäße am Penis. Wer Impotenz vorbeugen möchte, sollte deshalb auf das Rauchen verzichten.
Psyche und Erektionsprobleme
Auch wenn Pornografie etwas anderes vermittelt: Der Geschlechtsverkehr ist kein rein mechanischer Akt. Die körperlichen Funktionen eines Mannes mögen völlig intakt sein – die Erektion kann beim Liebesspiel trotzdem ausbleiben: Oft spielt die Psyche eine entscheidende Rolle bei Erektionsstörungen.
Als alleinige Ursache sind die von der Psyche verursachten Erektionsstörungen relativ selten: Sie machen nur 15 bis 25 Prozent aller Fälle aus. Vor allem, wenn jüngere Männer über Potenzprobleme klagen und keine körperlichen Ursachen ausgemacht werden können, gehen Ärzte davon aus, dass die Gründe dafür im Kopf liegen.
Auf psychische Ursachen schließen Ärzte mitunter, wenn die Erektion nur in bestimmten Situationen nicht klappt, das Glied aber bei Selbstbefriedigung problemlos steif wird und wenn spontane Erektionen, zum Beispiel morgens oder in der Nacht, weiterhin beobachtet werden. Auch stark belastende Ereignisse im Leben des Betroffenen können ein Hinweis auf psychische Ursachen für die Impotenz sein.
Die Angst vor dem Versagen als Mann
Potenzprobleme beruhen oft auf Versagensängsten. Dann kann der Mann zwar sexuell erregt werden und möchte auch mit seiner Partnerin schlafen – eine Erektion klappt trotzdem nicht. Die Angst vor dem Versagen wirkt direkt auf das vegetative Nervensystem, indem sich die Gefäße – auch die des Penis – eng stellen. Für eine Erektion ist aber eine Weitstellung der Arterien im Genitalbereich notwendig. Bleibt die Erektion häufiger aus, stellt sich bei einem Mann schnell Unsicherheit ein. Gerade dies verstärkt aber seine Probleme: Seine Versagensängste nehmen zu und verschlimmern die Erektionsstörung nur, was wiederum die Psyche beeinflusst. Und jedes erneute Versagen im Bett verstärkt diese Ängste.
Gründe für diese Versagensängste können sehr unterschiedlich sein, so zum Beispiel Stress und Druck am Arbeitsplatz. Konflikte in der Partnerschaft, eine dominante, fordernde Partnerin, Probleme im privatem Bereich oder finanzielle Sorgen. Auch der sexuelle Leistungsdruck, es als Mann immer können zu müssen, kann zu diesen Versagensängsten führen.
Darüber hinaus können auch ungelöste Konflikte, die in der frühkindlichen Erziehung oder in der sexuellen Orientierung begründet liegen, sowie Depressionen und andere Angsterkrankungen für Erektionsstörungen verantwortlich sein.
Oft sind organisch bedingte Potenzstörungen weitere Auslöser für psychische Probleme, die sich zusätzlich negativ auf die Erektionsfähigkeit auswirken. Für eine optimale Behandlung bei Erektionsstörungen reicht es deshalb oft nicht aus, nur die rein organischen Ursachen zum Beispiel mit Medikamenten zu "beheben".
Auf der anderen Seite kann auch bei psychischen Ursachen eine Behandlung mit Medikamenten sinnvoll sein, damit die Erektion zunächst wieder funktioniert und man so den Teufelkreis durchbricht: Der Patient sieht, dass er doch noch in der Lage ist, mit seiner Partnerin zu schlafen, und gewinnt dadurch Sicherheit. Nach einiger Zeit stellt sich die Erektion dann oft wieder ohne Medikamente ein. Trotzdem sind – egal welche Ursachen der Erektionsstörungen zugrunde liegen – begleitende psychotherapeutische Angebote wie Sexualtherapie, bei der auch die Partnerin mit einbezogen wird, sinnvoll.