Weder Frau noch Mann

Intersexuell – was bedeutet Intersexualität?

Intersexuelle Menschen haben körperliche Geschlechtsmerkmale, die sich nicht eindeutig als männlich oder weiblich einordnen lassen. Wie Intersexualität – auch Intergeschlechtlichkeit – entsteht, welche Konsequenzen für inter* Personen daraus folgen und welche Formen es gibt.

Intersexuell: Intersexualität verstehen
© Getty Images/nito100

Bei der Geburt werden Neugeborene anhand ihrer Genitalien einem Geschlecht zugeordnet. Hat das Kind einen Penis, so wird "männlich" in das Personenstandsregister (auch Geburtenbuch) eingetragen, hat das Kind eine Vulva und Vagina, erfolgt der Eintrag "weiblich".

Allerdings gibt es auch Menschen, die sowohl weiblich gelesene als auch männlich gelesene Geschlechtsmerkmale in sich tragen. Aus diesem Grund ist im Jahr 2018 ein neues Gesetz in Kraft getreten: Es besagt, dass im Geburtenregister nun auch die Eintragung des Säuglings als "divers" möglich ist.

Artikelinhalte im Überblick:

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Intersexualität: Was bedeutet intersexuell?

Als intersexuell werden Menschen bezeichnet, die sich anhand ihrer Geschlechtsmerkmale nicht eindeutig den Kategorien "männlich" oder "weiblich" zuordnen lassen. Früher sprach man von sogenannten "Hermaphroditen" oder "Zwittern", auch heute finden sich diese Begriffe noch, etwa als Selbstbezeichnung von inter* Menschen.

Zudem ist die Bezeichnung "das dritte Geschlecht" oft zu hören, welcher allerdings von Betroffenen häufig abgelehnt wird. Denn obwohl aufgrund von Intersexualität der Geschlechtseintrag "divers" im Geburtenbuch möglich ist, handelt es sich nicht um ein drittes Geschlecht. Intersexualität kann verschiedenste Ausprägungsformen haben und lässt sich nicht als "ein Geschlecht" definieren.

Bei Intersexuellen handelt es sich um Menschen, deren geschlechtliche Merkmale von Geburt an nicht komplett weiblich oder männlich ausgeprägt sind. Die Unterschiede können sich nicht nur auf die sichtbaren Geschlechtsorgane beziehen, sondern auch die:

  • Chromosomen (XX/XY),
  • Keimdrüsen (Eierstöcke und Hoden),
  • Geschlechtshormone (Progesteron, Östrogen und Testosteron) oder auch
  • die Körperform und -behaarung

betreffen. Da meist nicht nur ein Merkmal uneindeutig ist, gibt es zahlreiche Variationsmöglichkeiten verschiedener Geschlechtsmerkmale.

Wie häufig ist Intersexualität?

Wie viele Menschen intersexuell sind, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Das liegt unter anderem daran, dass Intersexualität oft bei der Geburt gar nicht festgestellt wird, sondern erst mit der Pubertät beziehungsweise mit dem Fehlen einer eindeutigen Geschlechterentwicklung in der Pubertät zutage tritt.

Vorsichtige Schätzungen gehen von etwa 80.000 inter* Personen in Deutschland aus. Dabei wird die Inzidenz, also das Auftreten von Intersexualität, mit sehr unterschiedlichen Zahlen angegeben – durchschnittlich sind es wohl etwa eine von 500 bis eine von 1.000 Geburten.

Sind intersexuelle Menschen krank?

Rein medizinisch gesehen wurde Intersexualität lange als eine Störung der vorgeburtlichen sexuellen Determinierung und Differenzierung beschrieben, abgekürzt DSD vom Englischen "Disorder of Sexual Development". Inzwischen wird allerdings sowohl im medizinischen als auch im gesellschaftlichen Kontext meistens der Begriff "Variante der Geschlechtsentwicklung" verwendet, beziehungsweise steht die Abkürzung DSD inzwischen für "Differences of Sexual Development". Damit soll der Tatsache Ausdruck verliehen werden, dass Intersexualität nicht in erster Linie als Krankheit anzusehen ist und nicht alle intersexuellen Menschen aus medizinischer Sicht behandlungsbedürftig sind.

Unterschied Intersexualität und Transgender/Transsexualität

Unter dem Begriff Intersexualität werden auch die Menschen miteingeschlossen, die von ihrer äußeren Erscheinungsform zwar eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen sind, bei denen aber das genetische, das hormonelle oder das innere oder äußere genitale Geschlecht nicht übereinstimmen.

Intersexualität bezieht sich somit auf medizinisch festgelegte Geschlechtsmerkmale, nicht auf die Geschlechtsidentität (Gender): Intersexuelle Menschen können sich sowohl als männlich, weiblich oder auch als non-binär identifizieren.

Mit Transgender (manchmal auch Transsexualität) hat Intersexualität demnach nichts zu tun. Bei Trans-Personen weicht die geschlechtliche Identität von dem per Geburt zugewiesenen Geschlecht ab. Einer Trans-Frau wurde beispielsweise bei der Geburt ein männliches Geschlecht zugewiesen, sie identifiziert sich allerdings als Frau. Auch Non-Binärität fällt unter Transgender: Non-binäre Menschen wurden per Geburt als männlich oder weiblich klassifiziert, identifizieren sich aber nicht als eine der beiden Kategorien.

Neues Personenstandsgesetz: Die dritte Option heißt "divers"

Seit Ende 2018 ist ein Gesetz in Kraft getreten, das für intersexuelle Menschen im Personenstandsregister einen eigenen Eintrag vorsieht. Nach dem neuen Personenstandsrecht ist neben "weiblich" und "männlich" nun auch die Eintragung "divers" möglich. Damit kommt die Bundesregierung einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Jahr 2017 nach.

Vor Inkrafttreten des Gesetzes war es zwar möglich, keinen Eintrag bei der Geschlechterbestimmung vornehmen zu lassen. Dies stand jedoch als Form der Diskriminierung in der Kritik. Nun haben intersexuelle Personen die Möglichkeit, sich aktiv als divers, also als keinem der beiden eindeutigen Geschlechter zugehörig, eintragen zu lassen. Das erhöht die Sichtbarkeit von intersexuellen Menschen.

Auch wenn die Gesetzesänderung ein Schritt in die richtige Richtung ist, bleibt noch offene Kritik. So bemängeln inter* Personen, dass der Geschlechtseintrag aktuell noch über ein ärztliches Gutachten erfolgt. So müssen Ärzt*innen die Intergeschlechtlichkeit feststellen und über das eingetragene Geschlecht entscheiden. Inter* und auch trans-Personen fordern ein Recht auf Selbstbestimmung, worüber auch im Deutschen Ethikrat diskutiert wird.

In einem nächsten Schritt könnte also auch das bisher geltende Transsexuellengesetz überarbeitet werden und durch ein modernes Gesetz zur Anerkennung und Stärkung geschlechtlicher Vielfalt ersetzt werden. Auch Zwangsgutachten, die Menschen als weiblich oder männlich einteilen, könnten damit in Zukunft verboten werden.

Entwicklung der Geschlechter: Mehr Gemeinsamkeiten als gedacht

Ob ein Mädchen oder ein Junge entsteht, wird normalerweise bei der Befruchtung eindeutig festgelegt. Die Eizelle ist Träger des X-Chromosoms. Verschmilzt sie mit einem männlichen Spermium, das Träger eines Y-Chromosoms ist, entsteht ein männlicher Fötus (XY). Verschmilzt sie mit einem weiblichen, also einem weiteren X-Chromosom, entwickelt sich ein weiblicher Fötus (XX).

In den ersten sechs Wochen der Schwangerschaft entwickeln sich die beiden Geschlechter zunächst vollkommen gleich. Erst mit der siebten bis achten Schwangerschaftswoche beginnt die Differenzierung. Dabei entstehen die Keimdrüsen bei beiden Geschlechtern zunächst im Bauchraum und verlagern sich anschließend entweder in den Hodensack oder ins kleine Becken. Bei kleinen Jungen ist für die Vermännlichung (Virilisierung) eine zusätzliche hormonelle Steuerung nötig, während die Veränderung bei weiblichen Föten ohne hormonellen Einfluss vonstattengeht. Grundsätzlich sind also alle Babys ohne den entscheidenden Hormoneinfluss weiblich.

Doch so sehr sich Männer und Frauen bisweilen in ihren Geschlechtsmerkmalen unterscheiden, so ähnlich sind sie sich eigentlich. Denn alle Genitalien – die eindeutig männlichen, die eindeutig weiblichen und die intersexuellen Geschlechtsorgane – bestehen aus den gleichen Bausteinen:

  • zwei Schwellkörpern (Corpus spongiosa und Bulbus spongiosus)
  • einer Harnröhre
  • Schamlippen oder einem Hodensack

Die weibliche Klitoris ist letztendlich nichts anderes als ein kleiner Penis mit Schwellkörpern, die bei sexueller Erregung der Frau ebenfalls anschwellen. Bei intersexuellen Menschen können unterschiedliche Formen und Ausprägungen dieser Bausteine vorliegen. Wie beispielsweise im Falle eines XX-adrenogenitalen Syndroms, wo sich die Schwellkörper geschlossen wie bei einem Mann zu einer Art übergroßen Klitoris (Klitorishypertophie) entwickeln.

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Ursachen und Formen: Wie kommt es zur Intersexualität?

Intersexualität gibt es in beinahe allen vorstellbaren Varianten:

  • Menschen, bei denen die äußeren und inneren Geschlechtsorgane abweichen.
  • Menschen, die vom Chromosomensatz her männlich sind, aber weibliche Genitalien haben und umgekehrt.
  • Menschen, die beide Arten von Geschlechtsorganen – also Eierstöcke und Hoden – haben.

Die Intersexualität kann dabei durch eine genetische Störung und durch einen abweichend angelegten Chromosomensatz verursacht werden, es kommen aber auch Enzymdefekte und Stoffwechselstörungen als Ursache infrage.

Intersexualität aufgrund einer chromosomalen Störung

Aus medizinischer Sicht ist die Ursache wichtig, zum einen um die Entwicklung vorauszusehen, zum anderen um eine eventuell notwendige Behandlung einleiten zu können.

Dabei stellt sich die Frage, ob der Chromosomensatz vollständig ausgeprägt ist oder ein genetisches Syndrom vorliegt.

  • Normaler Chromosomensatz: In der Regel haben Menschen zweimal 22 Chromosomen sowie zwei Geschlechtschromosomen, also insgesamt 46. Dabei hat eine Frau 46,XX und ein Mann 46,XY.

  • Monosomie: Es gibt auch Formen von Intersexualität, bei denen ein Geschlechtschromosom fehlt, so beispielsweise die Monosomie X (Schreibweise 45,X), auch Turner-Syndrom genannt.

  • Trisomie/Chromosomenmosaik: Ebenso gibt es intersexuelle Menschen, bei denen drei statt zwei Geschlechtschromosomen vorliegen. Man spricht dann von XXY-Trisomie oder auch Klinefelter-Syndrom (47,XXY) oder bei XYY-Trisomie vom Diplo-Mann- oder Jacobs-Syndrom (47,XYY).

Häufige Formen der Intersexualität

Intersexualität tritt in verschiedenen Formen in Erscheinung, darunter:

  • Adrenogenitales Syndrom (AGS): Das Adrenogenitale Syndrom ist die häufigste Art der Intersexualität. AGS kann sowohl bei männlich als auch bei weiblich gelesenen Babys vorkommen, aber nur bei Mädchen kommt es infolge zur Intersexualität. Bei AGS handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung der Nebennierenrinde, bei der die Bildung von Cortisol und Aldosteron gestört ist. Durch den Cortisolmangel kommt es zur vermehrten Stimulation der Hypophyse und dadurch zur verstärkten Bildung von Androgenen (männlichen Geschlechtshormonen). Das Mädchen vermännlicht meist bereits im Uterus und kommt mit männlich aussehenden Genitalien zur Welt. Gefährlich ist bei AGS vor allem der Mangel an Aldosteron, ein Hormon, das den Salzgehalt reguliert. So kann es bei AGS mit Salzverlust zum Schock und letztendlich auch zum Tod kommen. Ist AGS die Ursache der Intersexualität, besteht Behandlungsbedarf, um die gefährlichen Symptome zu lindern.

  • Androgenresistenz (AIS): Die häufigste mit einem XY-Chromosomensatz verbundene DSD ist die Androgenresistenz. Aufgrund einer genetisch bedingten Störung der Androgenrezeptoren können Androgene im Körper nicht (bei CAIS) oder nur unzureichend (PAIS) gebunden werden. Dadurch wird schon im Mutterleib verhindert, dass sich männliche Geschlechtsmerkmale ausbilden können. Man unterscheidet drei Ausprägungen: Die minimale Androgenresistenz (MAIS), die partielle Androgenresistenz (PAIS oder Reifenstein-Syndrom) und die komplette Androgenresistenz (CAIS oder Syndrom der testikulären Feminisierung).

  • Gonadendysgenesie: Bei der reinen Gonadendysgenesie (auch Swyer-Syndrom genannt) kommt es zur mangelhaften Entwicklung der Gonaden (männlichen Keimdrüsen) bei einem Fötus mit XY-Chromosomen. Es bilden sich keine richtigen Hoden, sondern lediglich bindegewebige Stränge heraus. Das Problem: Durch das Fehlen der stimulierenden männlichen Hormone bildet sich der eigentlich männlich angelegte Fötus nicht zum Jungen aus, die Geschlechtsmerkmale bleiben "weiblich". Meist wird das Swyer-Syndrom erst in der Pubertät durch das Ausbleiben der Menstruation bemerkt. Gonadendysgenesien können auch bei XX-Chromosomensatz auftreten, führen dann aber nicht zur Intersexualität.

  • Turner-Syndrom: Beim Turner-Syndrom (auch Monosomie X genannt) ist nur ein Geschlechtschromosom statt zwei vorhanden (45,X). Die Erkrankung gilt als häufigste Gonadendysgenesie bei Frauen mit einer Häufigkeit von einer von 2.500 Geburten. Turner wird oftmals nicht zur Intersexualität gerechnet, da sich keine diversen Geschlechtsmerkmale finden. Mädchen mit Turner-Syndrom können oft ein ganz normales Leben führen, meist sind sie jedoch unfruchtbar.

  • Enzymdefekte: Auch ein Enzymmangel im Verlauf der Schwangerschaft kann Intersexualität zur Folge haben. Zwei häufige Formen sind der 5-alpha-Reduktase-Mangel (5-ARM) und der 17-beta-Hydroxysteroid-Dehydrogenase Mangel (17-beta-HSD). Bei 5-ARM liegt ein Mangel am Enzym alpha-Reduktase vor, das für die Umwandlung von Testosteron in seine potentere Form DHT verantwortlich ist. Babys mit 5-ARM kommen mit intersexuellen bis weiblichen Genitalien auf die Welt. Aufgrund der erhöhten Testosteronausschüttung kommt es bei ihnen aber während der Pubertät zur Vermännlichung. Bei 17-beta-HSD hingegen kann die Vorstufe des Testosterons nicht ausreichend in Testosteron umgewandelt werden. Die Betroffenen kommen ebenfalls mit weiblichen Genitalien auf die Welt und vermännlichen während der Pubertät.

  • Hermaphroditismus verus: "Echte" (verus) Hermaphroditen weisen beide Geschlechtsmerkmale, also Eierstöcke (Ovarien) und Hoden (Testikel) auf. Dabei haben sie entweder auf der einen Seite einen Eierstock und auf der anderen einen Hoden oder besitzen "Ovotestis" (Keimzellen mit männlichen und weiblichen Keimdrüsen). Meist liegt ein XX-Satz zugrunde, manchmal auch ein Chromosomenmosaik (mehr als zwei Geschlechtschromosomen), selten ein XY-Satz. Die Ausprägungen reichen von fast weiblich über androgyn bis fast männlich.

  • Klinefelter-Syndrom: Das Klinefelter-Syndrom ist die häufigste Störung mit dreifachem Chromosomensatz. Man spricht auch vom Chromosomenmosaik. Ein zusätzliches X-Chromosom (47,XXY) führt dazu, dass die Genitalien der Kinder zwar männlich angelegt sind, sich aber nur unzureichend ausbilden. Unbehandelt kommt es zur verzögerten Pubertät, oft auch zu einem weiblichen Brustwachstum. Neben Klinefelter gibt es auch noch XXX, XYY und andere Chromosomenmosaike, die aber sehr selten sind.

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Diagnostik: Feststellung von Intersexualität

Zur Feststellung von Intersexualität und allen daraus folgenden medizinischen, psychologischen und sozialen Konsequenzen hat die deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) eine "Leitlinie für Varianten der Geschlechtsentwicklung" erarbeitet. Die enthält Empfehlungen zur Diagnose und zum weiteren Vorgehen bei Kindern, die nicht eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden können.

Mitbeteiligt waren dabei nicht nur weitere medizinische Fachrichtungen wie die Jugendpsychiatrie, Gynäkologie oder Urologie, sondern auch Vertreter*innen der wichtigsten Verbände und Interessensgruppen von intersexuellen Personen und betroffenen Eltern.

Die wichtigsten Empfehlungen der Leitlinie:

  • Kommt ein Kind mit uneindeutig weiblich oder männlich ausgebildeten Geschlechtsmerkmalen auf die Welt, sollten das Kind und die Eltern an ein spezialisiertes Team an Mediziner*innen und Psycholog*innen überwiesen werden. Die weitere Diagnostik soll dann in einem sogenannten Kompetenzzentrum mit einem multidisziplinären Team erfolgen.

  • Zur Diagnose sollen nicht-invasive Verfahren bevorzugt werden.

  • Operationen sollen soweit möglich aufgeschoben werden, bis das Kind alt genug ist, über sein Geschlecht selbst zu bestimmen.

  • Die Keimdrüsen (Gonaden) sollen möglichst erhalten bleiben.

Diagnoseverfahren bei Verdacht auf Intersexualität

  • Ultraschalluntersuchung (Sonographie): Die Sonographie ist geeignet zur anfänglichen Basisuntersuchung. Untersucht wird der Urogenitaltrakt einschließlich der Nebennieren.

  • Magnetresonanztomografie (MRT): Ein MRT des Bauch- und Beckenraumes kann herangezogen werden, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen.

  • Hormonelle Diagnostik: Zur Bestimmung des Hormonstatus des Kindes können Serum und Urin untersucht werden. Bei Verdacht auf eine Intergeschlechtlichkeit sollten die Werte von Cortisol, Östradiol, Androstendion, Testosteron und Dihydrotestosteron bestimmt werden.

  • Chromosomenanalyse: Die Analyse kann zum einen bereits einen Gendefekt als Auslöser aufzeigen (beispielsweise 45,X) oder aber zur weiteren Bestimmung des chromosomal vorliegenden Geschlechts (46,XX oder 46,XY) herangezogen werden.

  • Genitographie: Hierbei handelt es sich um eine Röntgenuntersuchung, bei der über einen Katheter Kontrastmittel in Harnblase und Vagina eingeführt werden. Die Genitographie wird besonders im Vorfeld von Operationen zur Bestimmung der genauen anatomischen Gegebenheiten herangezogen.

Psychologische Betreuung ist empfehlenswert

Bei all diesen Maßnahmen steht nicht nur die möglichst schnelle Geschlechtsbestimmung im Vordergrund, sondern es soll auch eine möglichst kompetente psychologische Beratung der Eltern gewährleistet werden. Denn viele Eltern wissen oftmals nicht, wie sie nach der Geburt mit einem intersexuellen Kind umgehen sollen. Einige möchten deshalb den Körper ihres Kindes mittels Operation oder Hormonbehandlung möglichst schnell an das überwiegende oder vermeintlich richtige Geschlecht anpassen.

Seit Mai 2021 schützt ein Gesetz intersexuelle Kinder vor geschlechtsverändernden Eingriffen, denn die Folgen für die Kinder sind sowohl in körperlicher wie in psychischer Hinsicht oft fatal. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass sich intersexuelle Kinder am besten entwickeln, wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, sich frei zwischen den Geschlechtern zu entfalten. Das Ziel dabei ist es, für die Betroffenen eine möglichst gute Lebensqualität zu erreichen und nicht ein eindeutig männliches oder weibliches Geschlecht anzunehmen.

Spätestens mit dem Eintreten der Pubertät, sollte auch eine umfassende psychologische Betreuung des Kindes erfolgen, die es auf dem Weg begleitet und hilft, eine möglichst gute Akzeptanz des eigenen Körpers zu erreichen.

Therapien und Behandlungsmöglichkeiten bei Intersexualität

Ob und welche medizinischen Behandlungen angewandt werden, richtet sich zum einen nach Form und Ursache der Intersexualität, zum anderen nach der medizinischen Notwendigkeit.

Hormontherapie – oft erst ab der Pubertät nötig

Bei kleinen Kindern spielen Sexualhormone noch keine wichtige Rolle für die Entwicklung. Das ändert sich mit dem Einsetzen der Pubertät. Die Sexualhormone sorgen nicht nur für ein typisch männliches oder weibliches Aussehen, sondern sind auch für das Wachstum und den Schluss der Epiphysenfugen an den Knochen verantwortlich. Sexualhormone sorgen darüber hinaus für ein einwandfreies Funktionieren des Knochen- und Fettstoffwechsels, für den Gehirnstoffwechsel und für die Libido. Aus diesem Grund ist eine Hormontherapie im Jugendalter in vielen Fällen sinnvoll und wird meist auch von den Jugendlichen selbst gewünscht.

Je nach zugrundeliegender Störung können dabei sowohl Testosteron als auch Östrogene ausgeglichen werden. Bei Mädchen in der Pubertät kann auch die Gabe von Progesteron ergänzend erwogen werden, um einen normalen Zyklusablauf einschließlich Monatsblutung zu erreichen.

Das Wichtigste bei der Wahl der Hormontherapie oder auch Hormonersatztherapie ist dabei allerdings immer, den Geschlechterwunsch der Betroffenen zu respektieren. Es ist sogar möglich, zu Beginn der Pubertät die Produktion der Geschlechtshormone medikamentös noch etwas hinauszuzögern, bis sich die Jugendlichen ihrer Geschlechteridentität sicher sind.

Operation – ja oder nein?

Bei einigen anatomisch begründeten Problemen wie den häufigen wiederkehrenden Harnwegsinfekten bei AGS sind operative Eingriffe manchmal schon im Kindesalter nötig. Dennoch empfehlen medizinische und psychologische Fachleute heute ganz deutlich, dass auf korrigierende Eingriffe grundsätzlich verzichtet werden soll. Das gilt vor allem für kosmetische Eingriffe, solange das Kind noch nicht selbst in der Lage ist, über den geplanten Eingriff zu entscheiden. Per Gesetz dürfen Eltern ausdrücklich ohne einen Mitentscheid des Kindes keine operativen oder hormonellen Maßnahmen durchführen lassen, es sei denn, sie sind medizinisch notwendig.

Entscheidet sich eine intersexuelle Person für eine geschlechtsangleichende Maßnahmen wie einen operativen Eingriff, stehen dabei folgende Methoden zur Wahl:

  • Operative Angleichung an das männliche Geschlecht: Die Operation umfasst meist eine Penisaufrichtung, Rekonstruktion der Harnröhre sowie unter Umständen eine Rekonstruktion der Hoden.

  • Operative Angleichung an das weibliche Geschlecht: Hier erfolgt in der Regel eine Vaginalplastik, manchmal auch eine Klitorisreduktion und meistens eine Vulvaplastik.

Mann, Frau oder divers?

Eltern sollten sich darauf einstellen, dass sich ihr Kind womöglich nicht zu dem Geschlecht weiterentwickelt, das sie als vorherrschend gesehen haben. Oft kommt es bei betroffenen Kindern und Jugendlichen zum Geschlechterrollenwechsel. Das bedeutet nicht, dass eine Therapie oder Behandlung versagt hat, sondern lediglich, dass das Kind auf dem Wege der Selbstfindung einen anderen Weg eingeschlagen hat. Deshalb sollte den betroffenen Kindern, eine eigene Entscheidungsmöglichkeit erhalten bleiben. Das bedeutet vor allem, dass ihre hormonproduzierenden Organe nicht entfernt werden, was immer Unfruchtbarkeit und lebenslange Substitution von Hormonen zur Folge hat.

Viele intersexuelle Menschen entscheiden sich später für die eine oder andere Seite inklusive der medizinischen Möglichkeiten zur Geschlechtsanpassung. Andere stehen zu ihrer Intersexualität und möchten sich selbst keinem binären Geschlecht zuordnen.

Leben mit Intersexualität – Rat und Hilfe

Hilfe finden Betroffene und Eltern von betroffenen Kindern bei Elterninitiativen und Selbsthilfegruppen. Die Wichtigsten sind:

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