Künstliche Ernährung

Parenterale Ernährung: Lebensnotwendige Versorgung mit Nährstoffen

Parenterale Ernährung ist eine Art der künstlichen Ernährung, die bei schwer kranken Menschen zum Einsatz kommt. Sie sorgt dafür, dass Betroffene lebensnotwendige Nährstoffe erhalten, ohne den Magen-Darm-Trakt zu passieren. Aber wann muss man künstlich ernährt werden?

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© Getty Images/Kaipungyai

Ist ein erkrankter Mensch nicht mehr in der Lage, Nahrung selbst aufzunehmen, drohen ein unkontrollierter Gewichtsverlust und Mangelerscheinungen. Dann wird eine parenterale Ernährung mit Nährlösung notwendig. Auch wer bereits von einer Mangelernährung betroffen ist, kann von der künstlichen Ernährung mittels Nährstofflösung profitieren, die als lebenserhaltende Maßnahme dient.

Artikelinhalte im Überblick:

Nährstoffmangel: Mangelerscheinungen erkennen

Indikationen für eine parenterale Ernährung

Besonders häufig sind Patient*innen nach schwerwiegenden Operationen auf die künstliche Zufuhr von Nährstoffen angewiesen. Ebenso gelten gravierende Störungen des Magen-Darm-Trakts wie das Kurzdarmsyndrom und ungewollter Verlust an Gewicht als Folge von Krebserkrankungen, AIDS oder Autoimmunerkrankungen als Indikationen. Ältere Menschen und chronisch Erkrankte zählen häufig ebenfalls zu den künstlich Ernährten.

Erkrankungen und verschiedene Krankheitsstadien können großen Einfluss auf den Nährstoffbedarf, Energiebedarf sowie Veränderungen des Stoffwechsels haben. Deshalb hat die Ernährungstherapie einen wichtigen Stellenwert bei der Behandlung von Krankheiten. Auch die parenterale Ernährungstherapie kann sich positiv auf die Heilungschancen auswirken.

So funktioniert die parenterale Ernährung

Bei einer parenteralen Ernährung werden Nährstoffe direkt als Infusion in die Blutbahn eingebracht. Das heißt, sowohl der Mund-Rachen-Raum als auch der Magen-Darm-Trakt werden umgangen. Das ist zum Beispiel dann notwendig, wenn Magen oder Darm nicht in der Lage sind, die Nahrung zu verarbeiten, etwa bei einem Tumor, Kurzdarmsyndrom oder einer Verengung im Darm. Wird jemand ausschließlich parenteral ernährt, muss der*die Arzt*Ärztin sicherstellen, dass der Tagesbedarf an Nährstoffen an den individuellen Bedarf angepasst ist.

Mit einer Infusion ist folgende Nährstoffzufuhr möglich:

Es gibt Fertigarzneimittel, die industriell hergestellt werden und standardisierte Mengen an Inhaltsstoffen beinhalten. Demgegenüber stehen individuell hergestellte parenterale Präparate, auch Bausteinlösungen genannt, mit denen der genaue Bedarf verabreicht werden kann. Dabei können einzelne Inhaltsstoffe weggelassen oder hinzugefügt werden. Der Nachteil dieser Nährstofflösungen ist, dass sie teurer und beim Mischen anfällig für Verunreinigungen (Kontaminationen) sind.

Wie wird man künstlich ernährt?

Die Ernährungslösung wird intravenös ins Blut eingebracht. Je nach Zeitraum der künstlichen Ernährung und Konzentration der Nährstofflösung können verschiedene Arten von Venenzugängen gewählt werden:

  • Ernährungsdauer 5 bis 7 Tage und niedrige Konzentration: Mit einer Verweilkanüle können verschiedene Venen, die nah an der Hautoberfläche liegen (periphere Venen) als Zugang dienen. Das ist oft nur dann möglich, wenn Betroffene anteilig Nahrung anderweitig aufnehmen können.

  • Ernährungsdauer länger als 7 Tage mit hoher Konzentration: Ein zentraler Venenkatheter sorgt dafür, dass dauerhaft große Mengen an Nährstoffen in die Blutbahn gelangen. Der Katheter muss unter strengen sterilen Bedingungen angebracht und gepflegt werden. Er sollte aus Teflon, Polyethylen, Polyurethan oder Silikonkautschuk bestehen und muss nach etwa sieben Tagen ausgewechselt werden.

  • Muss langfristig künstlich ernährt werden, kommen sogenannte Hickman-Broviac-Katheter oder ein Port in Frage. Ein Portkatheter wird operativ unter die Haut oder auch selten in die Bauchhöhle implantiert, um einen Zugang zum Blutsystem zu erlangen. Er kann aus einer oder mehreren Kammern bestehen. Von den Kammern aus verläuft ein dünner Schlauch zur Vene. Mit einer eigens dafür genutzten Spritze kann die Lösung von außen in die Kammern injiziert werden.

Was ist der Unterschied zwischen enteraler und parenteraler Ernährung?

Grundsätzlich gilt, dass eine parenterale Ernährung mit einem Infusionsbeutel die letzte Instanz ist. Können Betroffene anderweitig Nahrung aufnehmen, beispielsweise über die enterale Ernährung, so wird diese vorgezogen. Häufig ergänzen sich beide Formen der künstlichen Ernährung.

Im Gegensatz zur parenteralen wird bei der enteralen Ernährung der Verdauungstrakt genutzt. Die Nährstoffkombinationen werden unterhalb der Mundhöhle, etwa mittels einer Magensonde verabreicht. Die Sonde, ein flexibles Kunststoffröhrchen, wird in den meisten Fällen durch die Nase zum Magen geführt (transnasal). Seltener wird das Röhrchen in einer Operation durch die Bauchdecke mit einer PEG-Sonde verlegt. Etwa dann, wenn der Nasen-Rachen-Raum zu eng oder verletzt ist. Wenn Patient*innen starke Schluckbeschwerden haben, können sie auch hochkalorische Trinknahrung zu sich nehmen.

Im Vergleich zur parenteralen Ernährung ist die enterale günstiger und mit weniger Risiken behaftet, da die Kontaminationsgefahr geringer ist. Zusätzlich ist sie einfach zu verabreichen und hält die Funktion der Magen- und Darmschleimhaut aufrecht. Das Ziel der künstlichen Ernährung ist immer der Weg zurück zur oralen Nahrungsaufnahme. Ist ein total-parenteral ernährter Mensch auf dem Weg der Besserung, können auch beide Ernährungsformen zum Einsatz kommen. Es gibt folgende Möglichkeiten:

  • ausschließliche parenterale Ernährung
  • überwiegend parenterale Ernährung und minimal enterale Ernährung
  • teilweise parenterale und teilweise enterale Ernährung
  • komplette enterale Ernährung
  • enterale und minimal orale Ernährung
  • teilweise enterale und orale Ernährung

Ambulante künstliche Ernährung

Nicht nur Patient*innen auf der Intensivstation oder während eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus können künstlich ernährt werden. Seit den 1970er Jahren steht auch eine ambulante enterale oder parenterale Ernährung zur Verfügung. Patient*innen können also auch zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen auf eine künstliche Nahrungszufuhr zurückgreifen. Dabei werden bei der enteralen Ernährung PEG-Sonden gesetzt, die regelmäßig gesäubert und kontrolliert werden müssen. Damit wird das Risiko für Komplikationen wie Entzündungen reduziert.

Bei der heimparenteralen Ernährung muss ein Katheter oder ein implantiertes Portsystem gewählt werden, das die wenigsten Komplikationen mit sich bringt und einfach zu bedienen ist. Auch dieses muss regelmäßig von ausgebildeten Pflegekräften begutachtet werden. Betroffene, Angehörige und geschultes Personal vom Pflegedienst haben bei der Pflege der Zugangswege besonders auf Hygiene zu achten.

Rechtliche Situation bei künstlicher Ernährung

Rechtlich gesehen kann niemand zu einer künstlichen Ernährung gezwungen werden. Ist jemand nicht mehr entscheidungsfähig, übernimmt eine bevollmächtigte Person diese Aufgabe. Oft ist eine künstliche Ernährung bei älteren und sich im Sterbeprozess befindenden Menschen nötig. Hier muss entschieden werden, ob die künstliche Zufuhr von Nährstoffen mit einer Steigerung der Lebensqualität einhergeht oder ob damit der unausweichliche Tod künstlich verlängert wird. Geschieht künstliche Ernährung gegen den Willen des Patienten oder der Patientin, zählt dies als Körperverletzung.

Bevollmächtigte, in den meisten Fällen Verwandte, sind emotional stark betroffen und wollen Angehörige nicht verhungern oder verdursten lassen. Wenn aus medizinischer Sicht aber keine künstliche Nahrungszufuhr mehr notwendig ist, darf sie auch nicht erfolgen. Diese Situation kann für alle Beteiligten schwierig werden. Ein intensives Gespräch zwischen Angehörigen und dem behandelnden Fachpersonal kann helfen, Klarheit zu schaffen und nochmals abzuwägen, ob eine künstliche Ernährung das Leiden der betroffenen Person lindert oder womöglich verlängert.

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