Experte: Schwarze Salbe gegen Krebs ist "fahrlässig"
Krebs heilen wie einen Pickel: Die Schwarze Salbe soll das möglich machen. Doch wirkt das vermeintliche Allheilmittel wirklich gegen Brust- und Hautkrebs? Lifeline fragte bei Professor Utikal vom Deutschen Krebsforschungszentrum nach.
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- © Getty Images/Iryna Veklich
Die Schwarze Salbe gilt in der alternativ-esoterischen Szene als Geheimtipp für Menschen, die befürchten Krebs zu haben oder bereits einen Tumor diagnostiziert bekamen. Denn die Schwarzsalbe oder Pasta Negra soll sowohl Krebs entlarven als auch den Tumor richtiggehend herausziehen und auf diese Weise heilen. Wie das funktionieren soll: Einfach die Salbe regelmäßig auf die Haut auftragen und den Heilungsprozess abwarten.
Schwarze Salbe kann Krebs verschlimmern
Tatsächlich birgt die Schwarze Salbe dagegen eine Reihe von Gesundheitsrisiken, die dem breiten Publikum durch verschiedene Medienberichte bekannt wurden, etwa einer Folge der TV-Reihe „Kontraste“. Hier zeigten die Reporter auf, dass Patienten nach Anwendung der Schwarzen Salbe verstorben waren.
In anderen Fällen verschärfte sich die Krebserkrankung und bildete Metastasen. Andere Anwender berichteten den Fernsehjournalisten, dass durch die Schwarze Salbe unnötig viel Gewebe vernichtet wurde oder sich auf anfangs gesunder Haut Geschwüre bildeten.
Positive Wirkung der Salbe mehr als fraglich
Von positiver Wirkung der Schwarzen Salbe also keine Spur, eher im Gegenteil. Fatal auch: Weil manche Patienten auf die einfache Heilung mit der Salbe vertrauen, zögern sie den dringend nötigen Arztbesuch und die gezielte Krebstherapie hinaus – so lange, bis diese Hilfe zu spät kommt.
Trotzdem sind Patientenberichte im Internet voll des Lobes über die Schwarze Salbe. Allerdings lässt sich dabei kaum feststellen, ob es sich um PR-Aussagen der Hersteller handelt oder um echte Kommentare. Übers Internet gibt es die Salbe einfach zu bestellen. Beworben und vertrieben wird sie unter anderem von Jim Humble, vor dessen MMS-Tropfen bereits verschiedene Behörden warnten.
Hautkrebsexperte hält Schwarze Salbe für suspekt
Viele Internetnutzer fragen sich nach Lektüre solcher Seiten: Dient die Schwarze Salbe wirklich zur Diagnose und Therapie von Krebs? Oder handelt es sich lediglich um gefährlichen Humbug, der verzweifelten Schwerkranken das Geld aus der Tasche ziehen soll?
Lifeline wollte Gewissheit haben und fragte Professor Jochen Utikal, den Leiter der Klinischen Kooperationseinheit Dermatoonkologie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) mit dem Uniklinikum Mannheim. „Das Ganze scheint suspekt zu sein. Auch ist mir nicht klar, um welche Wirkstoffe es sich handeln soll“, sagt der Experte im Hinblick auf die schwarze Paste.
Nebenwirkung der Schwarzen Salbe: Geschwür frisst Nase weg
Auch die Liste der Inhaltsstoffe sagt wenig über die Schwarze Salbe aus: Arzneimittelsubstanzen werden nicht aufgeführt, dafür jede Menge exotischer Heilpflanzen und Mineralstoffe. Vermutlich sind nicht alle Bestandsteile angegeben. Denn mit dem Heilpflanzenmix lässt sich die aggressive Wirkung, über die in der Fachpresse berichtet wird, nicht erklären. So hat die Salbe bei einem Patienten zu einen großen Geschwür auf der Nase geführt, es entstanden massive Gewebeschäden. Das berichten Forscher im "Journal of the American Academy of Dermatology".
Medizinische Salben in der Krebsdiagnostik
Aussagen, dass die Salbe den Tumor diagnostiziert, herauszieht und heilt, findet Utikal milde ausgedrückt „fahrlässig“. In der Diagnose von Hautkrebs gebe es tatsächlich die Möglichkeit, mit Hilfe von Fluoreszenzdiagnostik unter der Verwendung von Aminolävulinsäure einen Tumor sozusagen sichtbar zu machen.
Und auch „Cremes gegen bestimmte Arten von Hautkrebs beziehungsweise deren Vorstufen gibt es tatsächlich“, sagt der Experte und führt einige Beispiele der verschreibungspflichtigen Salben zur Krebstherapie auf:
- Aldara Creme (Imiquimod)
- Solaraze (Diclofenac)
- Picato (Ingenolmebutat)
Auch könnten gegen Hautkrebs Zytostatika in Cremes verabreicht werden, wie sie zum Beispiel in Efudix-Creme enthalten sind. Doch mit der Schwarzen Salbe hat all das nichts zu tun. Sie taugt nach Expertenmeinung weder zur Diagnostik noch zur Behandlung von Krebs.
Wieso die Schwarze Salbe kein Allheilmittel sein kann
Denn ein alleiniges Mittel gegen Brust- oder Hautkrebs – was die Erfinder der Schwarzen Salbe für sich beanspruchen – gibt es nicht: Das Krankheitsbild von Hautkrebs sei nicht einheitlich: „Es gibt keine Tumorentität“, wie es der Hautkrebsexperte ausdrückt. Deshalb benötigt jede Krebserkrankung eine individuelle Therapie - je nach Art und Ausprägung des Tumors.
Durch die Schwarze Salbe werden aber ganz im Gegenteil dringend notwendige, wissenschaftlich fundierte Krebstherapien hinausgezögert oder gleich abgelehnt – ganz abgesehen von den direkten negativen Folgen der Paste.
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