Affektive Störungen: Symptome, Test und Therapie
Affektive Störungen bezeichnen eine Gruppe von verschiedenen Störungen, bei denen der Affekt, also die Stimmung, stark beeinträchtigt ist. Dazu zählen Depressionen, Manie, Hypomanie, Zyklothymie und Dysthymie.
-
- ©iStock.com/Deagreez
Die Betroffenen zeigen entweder einen ungewöhnlich gesteigerten oder einen äußerst gedrückten Affekt. Ein gesteigerter Affekt ist als Manie bekannt, bei der die Betroffenen eine so gehobene Stimmung an den Tag legen, dass sie der Situation unangemessen erscheint. Eine leichtere Ausprägung der Manie bezeichnet man als Hypomanie.
Depression, Manie, Dysthymie: Formen der affektiven Störung
Im Gegensatz dazu steht die Depression: Die Betroffenen leiden hierbei unter gedrückter Stimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit und einer Verminderung des Antriebs. Die Depression kann ebenso wie die Manie in unterschiedlichem Schweregrad auftreten.
Es kann auch vorkommen, dass die beiden Extreme der gehobenen und gedrückten Stimmungen sich gegenseitig abwechseln. Dies bezeichnet man als bipolare Störung.
Meist sind affektive Störungen durch ein plötzliches Auftreten und ein ebenso plötzliches Verschwinden gekennzeichnet. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen Personen mit einer affektiven Störung eine anhaltende Stimmungsstörung aufweisen.
Bei der Zyklothymia handelt es sich um eine andauernde Instabilität der Stimmung (Wechsel zwischen gehobener Stimmung und Depression), während bei der Dysthymia eine chronisch depressive Verstimmung kennzeichnend für die Krankheit ist.
Frauen leiden häufiger an Depressionen
Das Risiko, im Laufe seines Lebens an einer affektiven Störung zu erkranken, liegt bei etwa ein bis drei Prozent. Dabei sind die depressiven Erkrankungen mit Abstand am häufigsten. Ungefähr 65 Prozent der Fälle von affektiven Störungen sind Depressionen, während bipolare Verläufe nur 30 Prozent betragen und die manischen Erkrankungen sogar nur fünf Prozent der Gesamtfälle ausmachen.
Frauen sind dabei deutlich häufiger von Depressionen betroffen als Männer. Bei bipolaren Störungen konnten keine Geschlechterunterschiede gefunden werden.
Affektive Störungen: Welche Symptome gibt es?
Da die affektiven Störungen eine Reihe verschiedener Krankheiten zusammenfassen, sind die Symptome auch sehr unterschiedlich. Depressive Episoden äußern sich in gedrückter Stimmung, Freudlosigkeit, Interessenverlust und einer Verminderung des Antriebs. Dadurch vernachlässigen die Betroffenen in diesen Episoden deutlich ihre Aktivitäten. Sie ermüden sehr schnell und können sich häufig nur schlecht konzentrieren.
Gleichzeitig fühlen sich Personen mit depressiven Verstimmungen wertlos und haben oft sehr negative oder pessimistische Zukunftsperspektiven. Das Selbstwertgefühl sinkt und es können Schuldgefühle auftreten. Häufig werden diese Symptome begleitet von Schlafstörungen, vermindertem Appetit oder sogar Suizidgedanken.
Wie bei manischen Episoden variiert der Schweregrad von Fall zu Fall beträchtlich. So kann sich die Krankheit in nur einer einzelnen Episode (mindestens zwei Wochen) äußern, in anderen Fällen kehren die Depressionen jedoch immer wieder oder die Betroffenen sind durchgängig depressiv.
Bipolare Störung erkennen: Typische Anzeichen
Die bipolare Störung ist durch einen Stimmungswechsel der Betroffenen charakterisiert. Episoden mit deutlich gedrückter Stimmung wechseln sich ab mit Episoden, in denen die Betroffenen eine äußerst gute Laune und einen vermehrten Antrieb und Aktivität aufweisen. Manische Episoden sind bei der bipolaren Störung in der Regel kürzer (zwei Wochen bis fünf Monate) als die depressiven Phasen (ungefähr sechs Monate).
Bei der Manie werden drei verschiedene Schweregrade angegeben. Bei allen finden sich jedoch die gehobene Stimmung sowie eine Steigerung in Ausmaß und Geschwindigkeit der körperlichen und psychischen Aktivität.
Die leichteste Ausprägung der Manie ist die Hypomanie. Personen mit diesem Schweregrad der Erkrankung zeigen eine anhaltende leicht gehobene Stimmung, gesteigerten Antrieb und Aktivität und ein auffallendes Gefühl von Wohlbefinden und körperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit.
Weitere Anzeichen können eine gesteigerte Geselligkeit, Gesprächigkeit, übermäßige Vertraulichkeit, gesteigerte Libido und ein vermindertes Schlafbedürfnis sein. Betroffene können sich schlechter konzentrieren und sind unaufmerksam und haben häufig Probleme zur Ruhe zu kommen. Dies alles findet sich jedoch in einem noch vertretbaren Niveau.
Schlimmer ist es bei Manie sowohl mit als auch ohne psychotische Symptome. Die Beschwerden zeigen sich in einem solchen Ausmaß, dass das Verhalten der Betroffenen als absolut unpassend für die jeweilige Situation eingeschätzt wird. Ist die Manie von psychotischen Symptomen begleitet, können Selbstüberschätzung und die häufig auftretenden Größenideen in einem regelrechten Wahn (zum Beispiel Verfolgungswahn) münden.
Zyklothymie und Dysthymie gehören schließlich zu den anhaltenden affektiven Störungen. Die Zyklothymie beschreibt eine anhaltende Stimmungsinstabilität mit zahlreichen Perioden leichter Depression und leicht gehobener Stimmung, die aber nicht schwer genug sind, um als bipolare oder als depressive Störung klassifiziert zu werden.
Gene und Co.: Welche Ursachen stecken hinter affektiven Störungen?
Affektive Störungen können vielerlei Ursachen haben. Häufig, vor allem bei bipolaren Störungen, wird die Krankheit vererbt. Sind beide Eltern bipolar erkrankt, dann besteht bei den Kindern ein Risiko von 50 Prozent, ebenfalls eine bipolare Störung zu entwickeln.
Auch psychosoziale Faktoren können eine erhebliche Rolle bei der Entwicklung einer affektiven Störung spielen. Darunter versteht man beispielsweise kritische Lebensereignisse oder eine starke psychische Belastung durch die Umgebung.
In anderen Fällen kann die Erkrankung auf bestimmte Persönlichkeitsfaktoren (zum Beispiel melancholischer Persönlichkeitstyp) zurückgeführt werden. Allerdings liegen dazu keine gesicherten Befunde vor.
Tests zur Diagnose affektiver Störungen
Für die Diagnosestellung von affektiven Störungen ist ein ausführliches Gespräch mit einem Arzt oder Psychotherapeuten notwendig. Dieser erfragt nicht nur die bestehenden Symptome, sondern setzt sich intensiv mit der Krankheitsgeschichte auseinander.
Entscheidend für die jeweilige Diagnose einer affektiven Störung sind Ausprägung und Dauer der Beschwerden. Eine Hypomanie kann schon bei einigen Tagen gehobener oder veränderter Stimmung diagnostiziert werden.
Eine manische Phase wird erst dann diagnostiziert, wenn für mindestens eine Woche mehrere Symptome wie beispielsweise unangemessen gehobene Stimmung, Euphorie oder Gereiztheit, erhöhter Antrieb, Rededrang, vermindertes Schlafbedürfnis oder Größenwahn auftreten. Auch muss die Symptomatik so stark ausgeprägt sein, dass sie die berufliche und soziale Funktionsfähigkeit beeinträchtigt.
Eine bipolare affektive Störung wird in der Regel erst spät diagnostiziert: Meist lassen sich die Betroffenen aufgrund ihrer Depressionen behandeln, da sie die manischen Episoden nicht als krankhaft erleben. Die manischen Episoden fallen dann oft erst später im Laufe der Behandlung durch ausführliche Gespräche oder das Sprechen mit Angehörigen auf.
Therapie: Affektive Störungen werden nicht nur medikamentös behandelt
Behandlungsansätze bei affektiven Störungen lassen sich grob in zwei Kategorien unterteilen, nämlich in die pharmakologischen und die psychologischen Therapien. Beide Therapieformen lassen sich auch sinnvoll miteinander kombinieren.
Bei schweren Depressionen ist eine Behandlung mit Antidepressiva meist unumgänglich. Die Behandlung sollte jedoch individuell auf den Betroffenen eingestellt werden, um die verschiedenen Nebenwirkungen weitgehend zu minimieren.
Bei der Manie erlebt der Betroffene seine Erkrankung meist nicht als behandlungsbedürftig, da die Symptome der gehobenen Stimmung und des gesteigerten Aktivitätsniveaus vielmehr als positiv eingeschätzt werden. Kommt es allerdings doch zu einer Behandlung, werden wie bei der Depression Medikamente eingesetzt, die eine Veränderung des Gehirnstoffwechsels bewirken.
Ebenso wird auch die bipolare Störung medikamentös behandelt. Zusätzlich können psychotherapeutische Verfahren angewendet werden.
Verlauf und Erkrankungsphasen
Sehr viele Betroffene erleben nur eine einzelne Episode von Affektiven Störungen in ihrem Leben. Es kann jedoch auch vorkommen, dass die Störung sich nicht auf eine einzelne Episode beschränkt, sondern einen phasenhaften Verlauf aufweist, das heißt, dass sich die Episoden wiederholen. Bei der Dysthymie und der Zyklothymie ist die Störung sogar durchgängig vorhanden.
Nicht gegen Rückfälle gefeit
Eine medikamentöse Therapie ermöglicht meist, dass die Symptome vollständig abklingen. Allerdings ist das Risiko eines Rückfalls gegeben, wenn die Antidepressiva abgesetzt werden.
Lässt sich affektiven Störungen vorbeugen?
Da affektive Störungen unter anderem genetischer Natur sind, ist es nach derzeitigem Stand nicht möglich, der Erkrankung vorzubeugen. Jedoch sind Auslöser einzelner Episoden affektiver Störungen oft belastende Ereignisse.
Deshalb kann es hilfreich sein, die Betroffenen von enormem Stress und Belastung fernzuhalten und ein angenehmes soziales Umfeld zu gewähren. Weiterhin sollte bei Anzeichen einer affektiven Störung früh gehandelt werden, da ein frühes Eingreifen die Schwere der Symptome erheblich mindern kann.
Sie möchten Informationen zu bestimmten Krankheitssymptomen oder wollen medizinischen Rat? Hier können Sie Ihre Fragen an unsere Experten oder andere Lifeline-Nutzer stellen!