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Bestrahlung nach Prostata-OP

Kategorie: Männermedizin » Forum Prostatakrebs

02.06.2006 | 11:17 Uhr

Hallo, ich bin Angie. Bei meinem Vater (64) wurde Ende 2003 ein
Prostatakarzinom festgestellt. Der Tumor war nur auf die Kapsel begrenzt, Lymphknoten waren nicht befallen, keine Metastasen. Nach der Radikal-OP erfolgte keine weitere Behandlung. Der PSA-Wert war nach der OP unter der Nachweisgrenze. Ca. 6 Monate später begann der PSA-Wert langsam, aber stetig zu steigen. Jetzt liegt er bei 1,1 und der Urologe rät nun zur sofortigen Strahlen-therapie. Nun meine Fragen: Mit welchen Nebenwirkungen muss mein Vater rechnen? Gibt es irgendwelche Sachen, die er zur besseren Verträglichkeit der Bestrahlung nehmen könnte? Kann er trotz Bestrahlung sein Leben (bisher ist er sehr agil) uneinge-schränkt weiterleben? Für Info´s wären wir sehr dankbar.

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02.06.2006, 05:36 Uhr
Antwort

Hallo Angie,
Zunächst, ich finde den Rat des Urologen völlig richtig.
Ich (57) habe die Bestrahlung gerade hinter mir. Sooo schlimm ist das alles gar nicht. Ich bekamm insges. 39 Bestrahlungen (täglich, außer Wochenende) auf Lymphen und Schnittränder. So ungefähr nach der 10. Sitzung fangen die Beschwerden an. Hauptsächlich Durchfall, später auch extremer Harndrang. Nun war das bei mir vielleicht auch etwas extrem, weil wohl eine Darmschlinge bißchen blöd in dem Bestrahlungfeld lag (so der Radiologe). Aber das Schöne war, neben dem therpeutischen Erfolg, dass es nach der letzten Bestrahlung es jeden Tag bergauf ging und nach 6-10 Tagen war ich fast wieder der Alte! Wenn man das mit der richtigen Einstellung ran geht, dann ists halb so schlimm.
Achso ja, gegen die Beschwerden bekommt man natürlich entsprechende Medikamente. Das geht schon! Ich bin, bis auf wenige Ausnahmen, in der Zeit ganz normal zur Arbeit gegangen.
Ich wünsche Ihrem Vater alles Gute!

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02.06.2006, 10:19 Uhr
Antwort

Hallo Angie. Die Dir gegebenen Hinweise und die verordnete Therapie ist grunds#tzlich richtig. Grundsätzlich nur deshalb, weil man Bereiche bestrahlt, wo man Restkrebs vermutet. Das ist in vielen Fällen zutreffend, insbes. wenn der Krebs erst 1 - 2 Jahre nach der Operation wiederauftritt. Tritt er nach so kurzer Zeit wie bei Eurem Vater wieder in Erscheinung, geht die Vermutung der Wissenschaft mehr in die Richtung entfernterer Mikro-Metastasen. Dann gibt es nach der Bestrahlung wieder einen Rückfall und die Hormontherapie kommt ins Programm.
Entferntere Metastasen sind auch dann wahrscheinlicher, wenn die Biopsie einen hohen Gleason-Wert gezeigt hat (über 7). Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass die Operation nicht sonderlich geglückt war, Ungeschick des Operateurs.
Ich will Euch nicht verunsichern, aber is wäre sicherlich nicht unnütz, diese Problematik mit Eurem Urologen mal zu besprechen.
Kann er denn garantieren, dass der Vater nach der Bestrahlung wirklich geheilt ist?
Allerdings besteht bei diesem Wiederanstieg des PSA Handlungsbedarf!
Alles Gute, Reinardo
PS. Evtl. Nebenwirkungen der Bestrahlung betreffen insbes. Blase und Darm, Reizungen, die behandelbar sind, in Ausnahmefällen aber nicht vergehen wollen.

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06.06.2006, 09:21 Uhr
Antwort

Hallo Angie,

leider berichtest du nichts darüber, was du unter einer sehr agilen Lebensfürhrung verstehst. Die häufigste Nebenwirkung der OP ist die Impotenz. Ist dein Vater trotz der OP durch irgendein Wunder potent geblieben, kann er - wenn er Pech hat - imer noch durch die Bestrahlung impotent werden, die Wahrscheinlichkeit liegt aber nur so etwa bei 20-50%, während bei einer nicht nervenerhaltenden OP diese bei fast 100% liegt (bei der sog. nervschonenden OP etwa so wie bei der Bestrahlung). Falls noch relevant, sollte dein Vater etwa 2 Monate nach der Bestrahlung versuchen, die Durchblutung des Glieds zu trainieren, damit die Schwellkörper nicht verkümmern (Viagra & Co., Skat-Spritzen oder/und - das dreckigste was es gibt - die Vakuum-Pumpe).

Der Patientenkollege - der erste Anonym hat korrekterwise berichtet, dass die Bestrahlung als solche gut zu vertragen ist - das stimmt. Die Harninkontinenz in der letzten Bestrahlungswoche klingt in der Regel tatsächlich nach weiteren 10 Tagen ab, Durchfälle sind seltener. Diese Problemchen kann man auch medikamentös in Griff bekommen - den Radiologen fragen. Es sollte mindestens der Linearbeschleuniger (3D-Konformationsbestralung) zum Einsatz kommen.

Viele sog. Nebenwirkungen / Spätfolgen können erst später auftreten. So wurde auch hier in diesem Forum kürzlich von Darminkontinez berichtet, die erst 2 Jahre nach der Bestrahlung auftrat. Genauso kann die (meist leichte) Harninkontinenz erst nach ein paar Jahren auftreten, dafür aber dauerhaft. Während die Letztere medikamentös zu lindern ist, ist die Erstere - die (Darm)Inkontinenz kaum behandelbar - hir hilft nur die Anpassung der Lebensführung (nach dem Essen so lange in der Nähe der Toilette ausharren, bis man es wagen kann das Haus zu verlassen).

Es gibt auch Bestrahlte, die von permanenten, unheilbaren Darmentzündungen und Darmblutungen berichten - diese dürften vielleicht nur bei höheren Dosierungen über 70 Gy, zB. bei ST als primäre Monotherapie, und bei labilen Organismen, die ohnehin zu Entzündungen neigen, vorkommen. Jedenfalls kommen diese NW seltener vor.

Wie dein Vater davon kommt lässt sich nicht vorhersagen, denn jeder Mensch, jeder Organismus ist anders, d.h. auch anders widerstandsfähig. Wollen wir für ihn das Beste hoffen.

Hersteller von Mistelpräparaten, aber auch viele Patienten und - man höre und staune - auch Ärzte glauben daran, das Mistelspritzen (= Immuntherapie) eine nicht zu verachtende Begleitmaßnahme bei der Strahlenzherapie ist, die die laufenden NW schon während der ST zu lindern hilft. Ich würde sie auf jeden Fall nehmen (ich nehme sie schon seit 4 Jahren), falsch kann man damit nichts machen und die Kasse bezahlt sie auch. - Außerdem sind die üblichen Nahrungsergänzungsmittel (Vitamine etc.) angesagt, aber die nimmt dein Vater sowieso schon lange, nehme ich an.

In der Regel werden die Lymphknoten mitbestrahlt. Dies kann - wieder erst viel später - zur Lymphfluss-Stau und dadurch zu Ödemen (Schwellungen) in den Beinen führen.

Nach der Strahlentherapie geht das PSA idR nur sehr langsam zurück. Im zweiten Jahr nach der Bestrahlung kann es zur plötzlichen (meist einmaligen) PSA-Erhöhung kommen (sog. Bounce = Hüpfer) - keine Panik!, sondern 3-4x danach das PSA in 4-wöchigen Abständen beobachten, meist geht es gleich wieder runter.

Gruß und lles Gute für deinen Vater!

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