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Tramadol Entzug

Kategorie: Sonstige-Medizin » Expertenrat Schmerzen | Expertenfrage

14.07.2018 | 02:29 Uhr

Sehr geehrte Frau Dr. Mayer,

ich möchte in Vertretung meiner Freundin hier Ihre Situation schildern, da wir bereits sehr verzweifelt sind. Aufgrund verschiedener chronischer Schmerzen nahm sie bis 2015 Tillidin und dann, gedacht kurzfristig, Tramadol, da die Tillidin nicht mehr so gut wirkten. Nach einigen Einnahmen (4-5) traten auf einmal über ein Wochenende extrem starke Ganzkörperschmerzen auf, die sich vor allem in einer extremen Berührungsempfindlichkeit äußerten - bereits ein Lufthauch genügte, dass sie zurückzuckte.

In Absprache mit Ärzten entschied sie sich dann zu einem Medikamentenentzug, der im Herbst 2017 stationär durchgeführt wurde, in der Hoffnung, dass die Schmerzen dann weggehen oder weniger werden. Das ist jedoch bis heute nicht passiert. Sie hat weiterhin eine extreme Überempfindlichkeit am ganzen Körper, dazu bleischwere Arme und im Vaginalbereich ein Gefühl von ungewollten Orgasmen. Das ganze fühle sich an, als wolle ihr gesamter Körper zerspringen.

Sie hat auch bereits fast ihren ganzen Lebenswillen verloren, quält sich derzeit jeden Tag und kann natürlich auch kaum mehr schlafen.

Können Sie uns weiterhelfen mit einer allgemeinen Aussage zu dem Tramadolentzug? Kann so etwas nach einer so langen Zeit wieder zurückgehen? Therapien mit Medikamenten sind bei ihr ohnehin im allgemeinen nutzlos, sie bekam z.B. für eine Zeitlang Ketamininfusionen, die haben die Schmerzen aber eher schlimmer gemacht.

Gibt es irgendjemanden in Deutschland der/die Spezialist für diese Art von Schmerzen ist?

Mit freundlichen Grüßen,

Martin Schmidt

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Bisherige Antworten
Alexandra Mayer
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21.07.2018, 08:34 Uhr
Antwort von Alexandra Mayer

Guten Tag  Herr Schmidt,

ich kann Ihre Sorge gut verstehen, denn Schmerzen zu verstehen kann manchmal sehr komplex sein, vor allem wenn nach mehrfachen ärztlichen Untersuchungen keine wirkliche Erklärung für die Beschwerden gefunden wurde sowie die angesetzte Medikation die Beschwerden nicht ausreichend lindern konnte. Um der Ursache der Schmerzen auf den Grund zu gehen braucht es Zeit für eine tiefgreifende Anamnese sowohl auf körperlicher als auch auf emotionaler und sozialer Anamnese = biopsychosozial. Die von Ihnen geschilderten Beschwerden lassen mit an eine GanzkörperSchmerzstörung = somatoforme Schmerzstörung denken. Sie schreiben auch von einer gedrückten Stimmungslage = depressive Verstimmung mit Schlafstörung, welche oft, aufgrund der langanhaltenden Beschwerden, damit einhergeht und  für mich absolut nachvollziehbar ist. Allerdings müsste man in der Befragung = Anamnese herausarbeiten, was zuerst da war, die Beschwerden oder die Stimmungsschwankung um dann die dementsprechende Diagnose stellen zu können und damit dann auch die Therapie anpassen zu können. Das sind feine Details, welche oft nicht gleich ins Auge springen, welche nur durch gezielte Fragen herausgearbeitet werden können, um zu klären, ob die Beschwerden die Stimmung gedrückt haben und / oder ob die Stimmung zuerst schwanken war und sich daraus dann die körperlich wandernden Beschwerden entwickelt haben. Ich könnte mir vorstellen, dass ein niedrigpotentes Opioid = Tramadol / Tilidin nicht das geeignete Medikament ist, um die Beschwerden zu lindern. Im Fall wären vielleicht Co-Analgetika besser geeignet, ebenso eine begleitende Gesprächstherapie und vielleicht wäre auch ein kurzzeitig stationärer multimodaler schmerztherapeutischer Aufenthalt angebracht? Sie fragen nach einem Spezialisten - hierfür würde ich Sie fachärztlich an einen Kollegen für psychosomatische Medizin und / oder an einen neurologischen / psychiatrischen Kollegen mit der Zusatzbezeichnung spezielle Schmerztherapie empfehlen.

Mit besten Grüßen,

Dr A K Mayer

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