Kohlenhydrate: Energiequelle oder Dickmacher?
Kartoffeln, Reis, Nudeln, Brot: Kohlenhydrate sind wichtige Energielieferanten, haben aber einen schlechten Ruf als Dickmacher. Dabei kommt es darauf an, welche und wie viele Kohlenhydrate man isst.
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Etwas mehr als die Hälfte der täglichen Kalorienzufuhr sollte aus Kohlenhydraten bestehen. Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) wären das rund 230 Gramm Kohlenhydrate pro Tag für Frauen und etwa 300 Gramm für Männer.
Artikelinhalte im Überblick:
- Was sind Kohlenhydrate?
- Aufgaben der Kohlenhydrate
- Kohlenhydrate verstoffwechseln
- Glykämischer Index
- Wann Kohlenhydrate dick machen
- Kohlenhydrate Tabelle
Was sind Kohlenhydrate?
Es gibt verschiedene Klassen von Kohlenhydraten. Man unterscheidet sie nach der Art ihrer Zusammensetzung in Einfach-, Zweifach- und Mehrfachzucker. Jedoch beliefern nicht alle Kohlenhydrate den Körper gleichermaßen mit wichtigen Nährstoffen.
Der Mehrfachzucker (Polysaccharid) Stärke ist das mengenmäßig dominierende Kohlenhydrat. Lebensmittel, die viele Mehrfachzucker enthalten, liefern neben Energie lebenswichtige Mikronährstoffe wie Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe. Bei Mehrfachzuckern reihen sich viele Einfachzucker aneinander und bilden lange Molekülketten.
Beispiele für Lieferanten von Mehrfachzucker:
- Getreide- und Vollkornprodukte (zum Beispiel Roggen- und Vollkornbrot, Hartweizen- oder Vollkornnudeln)
- Haferflocken
- Kartoffeln
- Naturreis, Wildreis
- Gemüse
- Hülsenfrüchte wie Erbsen und Bohnen
Neben Stärke zählen auch Ballaststoffe zu den Mehrfachzuckern – und damit zu den Kohlenhydraten. Ballaststoffe wie Cellulose finden sich vor allem in Vollkornprodukten. Im Gegensatz zu anderen Kohlenhydraten liefern sie keine Energie. Denn der Darm kann Ballaststoffe kaum oder gar nicht verdauen. Dennoch erfüllen Ballaststoffe eine wichtige Aufgabe: Sie tragen zur Verdauungsregulation bei und unterstützen die Ausscheidung von Schadstoffen.
Keine Nährstoffe in Einfach- und Doppelzuckern
Einfach- und Doppelzucker (Monosaccharide und Disaccharide) werden als kurzkettige Kohlenhydrate bezeichnet, weil sie aus ein oder zwei Einfachzuckern bestehen. Unser Darm kann sie aufgrund ihrer einfachen Bauart schnell verdauen und ins Blut transportieren. Traubenzucker (Glukose) und Fruchtzucker (Fruktose) zählen zu den Einfachzuckern, Haushaltszucker aus Rüben oder Zuckerrohr (Saccharose), Milch- und Malzzucker gehören hingegen zu den Zweifachzuckern, die aus zwei Einfachzuckern bestehen.
Wer Einfach- und Doppelzucker nicht mit anderen Lebensmitteln kombiniert, treibt deshalb seinen Blutzuckerspiegel schnell in die Höhe. Doch genauso schnell wie die Blutzuckerwerte durch den Verzehr ansteigen, fallen sie auch wieder ab.
Das liegt am Botenstoff Insulin, den der Körper als Reaktion auf den steilen Blutzuckeranstieg in Massen ausschüttet. Insulin sorgt für einen raschen Transport der Zuckermoleküle vom Blut in die Muskeln und Organe. Der Blutzuckerwert erreicht folglich schnell wieder sein niedriges Ausgangsniveau. Neben Glukose und Saccharose gibt es einen Mehrfachzucker, der den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lässt: Stärke aus Weißmehl und stark verarbeiteten Lebensmitteln ohne Ballaststoffe.
Lebensmittel, die hauptsächlich aus Einfach- oder Zweifachzuckern bestehen, liefern viele Kilokalorien und damit Energie, aber wenige Nährstoffe, weshalb Ernährungsmediziner sie als leere Energieträger mit niedriger Nährstoffdichte bezeichnen. Deshalb empfehlen Ernährungswissenschaftler nur rund zehn bis 15 Prozent der täglichen Kohlenhydrate aus Einfach- und Doppelzuckern zu beziehen. Dazu zählt auch Sorbit als Zuckeraustauschstoff.
Kurzkettige Zuckermoleküle stecken in allen Lebensmitteln, die besonders süß schmecken wie zum Beispiel:
- Haushaltszucker
- Bonbons
- Schokolade
- Honig
- Limonaden
Aufgaben der Kohlenhydrate: Treibstoff für den Körper
Werden Kohlenhydrate im Stoffwechsel des Menschen abgebaut, setzt das Energie frei. In Form von Glukose sind Kohlenhydrate der Haupt-Energielieferant für fast alle Körperzellen wie Gehirnzellen. Muskeln nutzen Kohlenhydrate besonders bei starker Belastung. Außerdem dienen Kohlenhydrate zur Energiespeicherung und als Gerüstsubstanz für Knochen, Knorpel und Bindegewebe. Darüber hinaus benötigt der Körper die pflanzlichen Nährstoffe für die Regulation des Wasser- und Elektrolythaushalts sowie den Fettstoffwechsel.
Mehrere Ernährungsmodelle wie die Paleo-Diät oder ketogene Diät sehen Kohlenhydrate entweder überhaupt nicht oder nur teilweise auf dem Speiseplan vor. Unter Ernährungsexperten sind derartige Diätkonzepte umstritten, weil das Risiko eines Nährstoffmangels besteht. Auch vor dem Hintergrund, dass das Gehirn Kohlenhydrate als Energielieferant nutzt, ist eine Ernährung ohne Kohlenhydrate fragwürdig. Dabei gibt es Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass eine moderne Paleo-Diät für gesunde Erwachsene als Dauerkost geeignet ist.
Einfache und komplexe Kohlenhydrate verstoffwechseln
Die Leber kann nur Einfachzucker in Glukose umwandeln. Um die großen Mehrfachzucker-Moleküle durch die Darmwand ins Blut schleusen zu können, werden komplexe Kohlenhydrate bereits in den Verdauungsorganen gespalten, bis nur noch Einfachzucker übrig sind. Im Blut werden sie zur Leber transportiert, die die Einfachzucker in Glukose umwandelt.
Nimmt man mit einer Mahlzeit viel mehr Kohlenhydrate auf, als man zur aktuellen Energiezufuhr benötigt, können Leber und Muskeln die umgewandelte Glukose in Glykogen umwandeln. Die Leber kann bis zu 100 Gramm Glykogen speichern. Ohne neue Nahrung sind die Glykogenvorräte in der Leber aber nach rund 18 Stunden erschöpft. Bei einer stark kohlenhydratarmen Ernährung kann es deshalb zu Stoffwechselumstellungen kommen.
Was passiert, wenn Menschen Heilfasten und manchmal über Wochen extrem wenig beziehungsweise keine Kohlenhydrate essen? Der Körper kann Glykogen selbst produzieren. Dieser Vorgang nennt sich Glukoneogenese. Beim Fasten wird außerdem ein Großteil des Energiebedarfs durch Fettabbau gedeckt: Ketonkörper lösen dabei Glukose als Energiequelle ab. Der Körper geht in den Stoffwechselzustand der Ketose über. Da Fastenkuren nicht für jedermann geeignet sind, sollte zuvor ein Arzt konsultiert werden.
Auch das Gegenteil, also wenn zu viele Kohlenhydrate verzehrt werden, kann negative Folgen für die Gesundheit haben. Sind die Glykogenvorräte in der Leber und in den Muskeln aufgefüllt, werden überschüssig zugeführte Kohlenhydrate in der Leber in Triglyzeride umgewandelt. Das kann auf Dauer zu Übergewicht und einer Fettleber führen.
Der glykämische Index
Der glykämische Index (GI) weist objektiv aus, wie stark Nahrungsmittel den Blutzucker ansteigen lassen. Dabei können komplexe Kohlenhydrate in Kartoffeln oder Vollkornprodukten den Blutzucker langsamer ansteigen lassen als der Zweifachzucker Saccharose oder der Einfachzucker Fruktose. In der Praxis ist der GI allerdings nicht von großem Nutzen, weil die Kohlenhydatquellen isoliert und nicht als Bestandteil einer Mahlzeit untersucht wurden. Geht man von der vorgegebenen Vollkost aus, lässt sich der mittlere GI kaum bestimmen.
Wann Kohlenhydrate dick machen
Ein Auf und Ab des Blutzuckerspiegels wie beispielsweise nach dem Verzehr von Traubenzucker kann dagegen ungewollte Folgen haben: Brauchen Muskeln und Organe die Energie nicht, die ihnen im Blut plötzlich zur Verfügung steht, wandern die Zuckermoleküle zunächst in die Kohlenhydratspeicher. Sind diese bereits gefüllt, wandelt der Organismus die Kohlenhydrate in Fett um und speichert sie in den körpereigenen Fettdepots. Auch Heißhungerattacken können entstehen, wenn der Blutzucker steil abfällt.
Tabelle: Ballaststoffreiche Kohlenhydrate
In folgender Tabelle sind Getreide und Getreideprodukte aufgelistet, die pro Portion mindestens 50 Gramm Mehrfachzucker und fünf Gramm Ballaststoffe enthalten:
Lebensmittel | Portionsgröße | Kohlenhydrate pro Portion |
Amaranth | 20 g (1 EL) | 57 g |
Bulgur | 20 g (1 EL) | 69 g |
Gerste, Vollkornmehl | 20 g (1 EL) | 64 g |
Grünkern/Dinkel | 20 g (1 EL) | 60 g |
Hafer | 20 g (1 EL) | 56 g |
Haferflocken | 10 g (1 EL) | 59 g |
Mais | 20 g (1 EL) | 64 g |
Polenta aus Mais | 20 g (1 EL) | 74 g |
Quinoa | 20 g (1 EL) | 58 g |
Roggen | 20 g (1 EL) | 61 g |
Weizen | 20 g (1 EL) | 60 g |
Wildreis | 20 g (1 EL) | 75 g |
Knäckebrot aus Roggen | 12 g | 68 g |
Vollkornzwieback | 10 g | 64 g |
Getreideflocken | 10 g (1 EL) | 60 g |
Vollkornnudeln | 50 g | 60 g |
In folgender Tabelle sind Gemüse, Kartoffelgerichte, Hülsenfrüchte, Samen und Nüsse aufgelistet, die pro Portion mindestens zehn Gramm Mehrfachzucker enthalten:
Lebensmittel | Portionsgröße | Kohlenhydrate pro Portion |
Erbsen | 150 g | 12 g |
Knoblauch | 50 g | 28 g |
Süßkartoffeln | 150 g | 24 g |
Zuckermais | 150 g | 16 g |
Kartoffeln (gekocht) | 200 g | 15 g |
Gnocchi (gekocht) | 125 g | 32 g |
Klöße aus gekochten Kartoffeln | 200 g | 14 g |
Schupfnudeln | 200 g | 19 g |
Weiße Bohnen | 60 g | 35 g |
Kichererbsen | 60 g | 44 g |
Chiasamen | 20 g | 42 g |
Cashewnüsse | 50 g | 30 g |
Sesamsamen | 20 g (1 EL) | 10 g |
Kein Zucker während einer Diät?
Wer abnehmen will, sollte weniger Kalorien zu sich nehmen, als er täglich verbraucht. Dabei sollte man während einer Diät diejenigen Zucker bevorzugen, die den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen und wieder sinken lassen. Der Körper wird dadurch länger und gleichmäßiger mit Energie versorgt. Außerdem Vollkorn- und Getreideprodukte bevorzugen, denn sie enthalten Vitamine, Spurenelemente, Pflanzen- und Ballaststoffe, weil Randschichten des Getreidekorns verwendet wurden.
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