Haaranalyse: Gesundheits-Check rundum?
Die Haaranalyse geht von der Annahme aus, dass die Zusammensetzung der menschlichen Haare, ihre Schadstoffbelastung und der Anteil an Spurenelementen Hinweise auf den Gesundheitszustand ihrer Träger und deren ausreichende Versorgung mit Mineralstoffen gibt.
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In jeder einzelnen Körperzelle fördern Mineralstoffe, Spurenelemente, Eiweiße und vieles mehr den Stoffwechsel. Dies gilt auch für die lebenden Haarwurzeln. Im Prozess der Verhornung des Haares wird der jeweilige Mineralstatus des Körpers konserviert.
Die Analyse des Haares erlaubt also Rückschlüsse auf den Stoffwechsel, aber auch auf eine mögliche längerfristige Belastung durch Schwermetalle oder andere Stoffe und Gifte aus der Umwelt sowie auf Drogenkonsum.
Da Haare sehr langsam wachsen, kann bereits mit einem Material von etwa vier Zentimetern Länge eine genaue Beurteilung der Stoffwechsellage über einen Zeitraum von etwa vier Monaten aufgestellt werden. Das leistet so kein anderes Verfahren: Blut, Urin und andere Körpersekrete können in der Regel nur den aktuellen Stoffwechselzustand widerspiegeln. Ob sich dieses Verfahren aber als Screeningmethode eignet, um die Anfälligkeit für bösartige Erkrankungen zu beurteilen, ist noch unklar.
Die Haaranalyse soll Aufschluss geben über:
- schleichende Vergiftungen und chronische Belastungen (Amalgam, Kupfer- und Bleirohre, Medikamente und Drogen)
- den Mineralienhaushalt des Körpers über einen längeren Zeitraum (drei bis vier Monate)
- Stoffwechselwerte direkt aus der Zelle
- die Unabhängigkeit von Tagesschwankungen sowie körpereigene Pufferreaktionen (Ausgleichreaktionen des Stoffwechsels)
So kommt das Haar ins Labor
Man schneidet sich möglichst nahe an der Kopfhaut etwa ein Gramm der Hinterhaupthaare ab. Auf einem Fragebogen werden Lebensumstände sowie Haarzustand vermerkt, also auch, ob das Haar speziell behandelt wurde.
Im Labor werden die Haare gereinigt, in Säure aufgelöst und chemisch untersucht. Der Befund sollte eine Auflistung der Ergebnisse enthalten. Oft werden zusätzlich Empfehlungen zur Behebung von Mängeln und häufig auch detailliertere Diagnosen möglicher Erkrankungen oder Krankheitsneigungen gegeben.
Wo wird die Haaranalyse eingesetzt, wo liegen die Grenzen?
Dass das Haar als persönlicher Datensatz für den Nachweis von individuellen Umwelt- und Gesundheitsbelastungen zu Rate gezogen werden kann, wird von vielen bestätigt: Menschliches Haar ist eine "aufzeichnende Faser", die Veränderungen des Stoffwechsels vieler Elemente über längere Zeiträume widerspiegelt und so eine Kopie vergangener Ereignisse und der Ernährung liefern kann.
Auf der anderen Seite sind sich Mediziner über den Zusammenhang zwischen Blutwerten, Urinwerten und den Ergebnissen einer Haaranalyse nicht einig. Die Einlagerung von Stoffen in die Haare ist zudem abhängig von Haarstruktur, -pflege und -behandlung (zum Beispiel Färben), dem Geschlecht, Alter und der ethnischen Zugehörigkeit.
Eingesetzt wird die Haaranalyse in der Rechtsmedizin und bei kriminaltechnischen Untersuchungen zum Nachweis von Drogenkonsum, Alkoholmissbrauch und Doping. Auch eine Arsenvergiftung kann so nachgewiesen werden.
Keine einheitlichen Standards und Bewertungen
Eine darüber hinausgehende Nutzung wird sehr unterschiedlich bewertet. Analyselabore, Umweltapotheken, Heilpraktiker bieten die Haaranalyse als umfassende Untersuchung zur Bewertung des Gesundheitsstatus, der Belastung mit Schwermetallen und Giftstoffen und die Versorgung mit Mineralstoffen an. Diese Haartests kosten zwischen 100 und 200 Euro.
Für die Probeentnahme und die Analyseverfahren gibt es jedoch keine einheitlichen Standards, auch Qualitätskriterien legen die Labore nicht immer oder nur nach eigenem Ermessen fest. Zudem gibt es keine allgemeingültigen Normalbereiche für einzelne ermittelten Werte. Aus der Haaranalyse abgeleitete medizinische Empfehlungen seien nach Ansicht der Stiftung Warentest deshalb mit Vorsicht zu genießen.
Eine Haaranalyse kann sinnvoll für eine vergleichende Untersuchung zum Beispiel zur Schadstoffkonzentration sein – allerdings nur zusammen mit weiteren medizinischen Untersuchungen und unter ärztlicher Betreuung.