Bypasschirurgie

Bypass: Ablauf und Risiken der Herz-OP

Ist ein Blutgefäß am Herz verengt, sodass die Versorgung des lebenswichtigen Organs gemindert ist, kann eine Bypassoperation helfen. Dabei werden Gefäßengstellen überbrückt. Wie eine Bypass-OP abläuft, welche Risiken es gibt und was vor dem Eingriff zu beachten ist, erfahren Sie hier.

Bypass
© Getty Images/selimaksan

Kurzübersicht: Bypass

Definition: Bei einem Bypass handelt es sich um eine Umgehung eines verengten Blutgefäßes durch ein Ersatzgefäß.

Indikationen: Eingesetzt wird das Verfahren vorwiegend zur Behandlung der koronaren Herzkrankheit (KHK).

Mögliche Komplikationen: Im Rahmen der OP sind verschiedene Folgen denkbar, etwa Wundheilungsstörungen, Allergien, Herzrhythmusstörungen sowie ein Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Prognose: Rund 97 bis 99 Prozent der Betroffenen überleben den Eingriff, bei etwa 90 Prozent der Menschen kann der Bypass die Durchblutung des Herzen maßgeblich bessern. Die Lebenserwartung steigt mit der Herz-OP.

Im Überblick:

22 Tipps für ein gesundes Herz

Was ist ein Bypass?

Ein Bypass ist eine Methode in der Gefäß- und Herzchirurgie, um verengte Blutgefäße zu überbrücken und Durchblutungsstörungen zu beheben. Im Prinzip funktioniert die Methode wie eine Umgehungsstraße (engl. Bypass = Umgehung), die das Blut um verengte oder verschlossene Gefäße herumleitet. Mit der Stent-Implantation gehört der Bypass damit zu den Therapien zur Revaskularisation (Wiederherstellung der Durchblutung).

Häufig werden Bypassoperationen zur Überbrückung von Engstellen in den Herzkranzgefäßen bei Koronarer Herzkrankheit (KHK) eingesetzt, um die Blutversorgung des Herzens zu gewährleisten. Grundsätzlich können sie aber auch in anderen Körperregionen erfolgen, um verstopfte Gefäße zu umgehen und die Blutversorgung der Gewebe aufrechtzuerhalten.

Bypassoperationen gehören zu Routineeingriffen. Bis zu 50.000 solcher Eingriffe erfolgen in Deutschland jährlich.

Koronararterien versorgen das Herz

Das Herz pumpt Blut durch den Körper und versorgt so alle Organe und Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoff. Doch auch das Herz muss mit Blut versorgt werden, um diese Funktionen erfüllen zu können. Seine Blutversorgung wird durch die sogenannten Koronararterien (auch Herzkranzarterien) sichergestellt, die nahe dem Herz der Hauptschlagader (Aorta) entspringen.

Sind die Koronararterien verstopft, hat dies eine Minderdurchblutung des Herzmuskels  und schlimmstenfalls das Absterben von Herzmuskelzellen zur Folge.

Woraus besteht ein Bypass?

Für den Bypass wird entweder ein körpereigenes Blutgefäß verwendet oder ein synthetisches aus Kunststoff. Was infrage kommt, hängt auch vom Ort der Bypassoperation ab. Für Bypässe des Herzens werden in der Regel Venen aus dem Bein oder Arterien verwendet. Die wichtigste Rolle spielt die linke Brustwandarterie (Arteria mammaria-interna), aber auch Unterarmarterien (Arteria radialis) kommen zum Einsatz.

Da Venenbypässe in der Regel schneller wieder verschließen als Arterienbypässe, werden sie hauptsächlich bei Notfalloperationen eingesetzt. Daneben ist das Entzündungsrisiko in der Region um die Brustwand bei Venenbypässen geringer.

Ist brauchbares körpereigenes Material nicht in ausreichender Menge verfügbar, werden Alternativmaterialien (Kunststoffprothesen) eingesetzt.

Wann wird eine Bypass-OP durchgeführt?

Häufig kommen Bypassoperationen bei Verengung der Herzkranzgefäße infolge der Koronaren Herzkrankheit zum Einsatz (aortokoronarer Bypass), um die Durchblutung des Herzens zu gewährleisten und einen Herzinfarkt zu verhindern. Dies ist vor allem der Fall, wenn kein Stent eingesetzt werden kann. Dabei handelt es sich um ein kleines Gerüst, welches Gefäße an Engstellen (Stenose) weit halten kann.

Die Herz-Bypass-OP wird einer Stent-Implation oftmals vorgezogen, wenn

  • hochgradige Verengungen an drei Herzkranzgefäßen bestehen,

  • Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus vorliegen oder

  • die linken Hauptkoronararterie(Hauptstammstenose) an ihrem Ursprung nahe der Aorta eingeengt ist. 

Auch wenn mehrere Stenosen in einem Gefäßabschnitt hintereinander vorliegen, bietet eine Bypass-OP häufig eine höhere Erfolgschance. Außerdem bilden sich weniger schnell neue Ablagerungen in den Arterien wie im Falle der Stents. Die schonendere Stent-Methode wird empfohlen, wenn nur ein oder zwei Herzkranzgefäße verengt sind.

Welche Methode letztlich zum Einsatz kommt, hängt aber auch von weiteren Faktoren und individuellen Gegebenheiten der Patient*innen ab.

Weitere Anwendungsgebiete

Der Herz-Bypass zählt zu den bekanntesten Einsatzgebieten. Aber auch bei Gefäßverengungen und -verschlüssen in anderen Körperregionen kommt der Eingriff in Betracht. Weitere mögliche Anwendungsgebiete sind unter anderem:

  • Bypass am Bein, zum Beispiel infolge peripherer arterieller Verschlusskrankheit "Schaufensterkrankheit" (PAVK)
  • Bypass an der Niere bei Engstellen und Verschlüssen der Nierenschlagader

Wann ist die OP nicht möglich?

Die Bypassoperation kann überlebenswichtig sein. Ärzt*innen prüfen deshalb sorgfältig, ob die Möglichkeit besteht, sie durchzuführen. Dennoch können in manchen Fällen die Risiken überwiegen, beispielsweise wenn wichtige Organfunktionen geschwächt sind. Ein höheres Alter spricht jedoch nicht automatisch gegen den Eingriff.

Bypass: Was vor der OP zu beachten ist

Vor der Operation finden einige wichtige Untersuchungen statt. So werden Herz, Lunge und Gefäße genau inspiziert, um Risiken zu erkennen und die Operation entsprechend zu planen.

Neben der Herzkatheteruntersuchung, die das Ausmaß und die Lage der Verschlüsse erkennen lässt, finden in der Regel auch

  • Labortests,
  • eine EKG-Untersuchung (Echokardiografie),
  • eine Röntgenuntersuchung sowie
  • eine Ultraschalluntersuchung des Herzens statt.

Wenn sie für den Bypass benötigt werden, werden auch die Beinvenen untersucht und beurteilt. Hierzu eigenen sich spezielle Verfahren wie Dopplersonographie und Angiographie. Ebenfalls muss der Gefäßzustand der Halsschlagader, die das Gehirn versorgt, mithilfe der Dopplersonographie geprüft werden. Mithilfe dieser Technik lässt sich der Blutstrom in Gefäßen darstellen.

In einem Vorgespräch werden Patient*innen über den Ablauf informiert. Eventuell müssen eingenommene Medikamente einige Tage vorher abgesetzt werden. Deshalb ist es wichtig, alle Arzneimittel, die eingenommen werden, dem behandelnden Herzteam mitzuteilen.

Häufig kommen Patient*innen schon einen Tag vor dem Eingriff ins Krankenhaus. So können die aktuellen Blutwerte noch einmal geprüft werden und eine angemessene Vorbereitung für den OP-Tag erfolgen.

Bypass: Ablauf und Durchführung

Die Bypassoperation findet unter Vollnarkose statt und dauert etwa fünf Stunden. Je nachdem, wie umfangreich die geplante Operation ist, kommen unterschiedliche Operationstechniken in Betracht. Oftmals ist es möglich, mit einer weniger invasiven Operationstechnik, der sogenannten "off-pump"-Technik, zu operieren.

Diese Operation erfolgt am schlagenden Herzen, sodass keine Herz-Lungen-Maschine notwendig ist. Durch einen wenige Zentimeter breiten Schnitt längs durch das Brustbein verschaffen sich Herzchirurg*innen Zugang zum Herzen. Die entsprechenden Herzkranzgefäße werden mithilfe spezieller Haltevorrichtungen und Zugnähte ruhiggestellt.

Für größere Herzoperationen muss das Organ stillgelegt werden, während eine Herz-Lungen-Maschine seine Funktion übernimmt. In bestimmten Fällen kann auch eine sogenannte minimalinvasive direkte Koronararterien-Bypass-Operation (MIDCAB) erfolgen. Sie wird ebenfalls ohne Herz-Lungen-Maschine am schlagenden Herzen durchgeführt und erfordert nur einen kleinen Schnitt linksseitig zwischen den Rippen.

Am Ende wird der Brustkorb in Abhängigkeit des verwendeten Verfahrens beispielsweise mit speziellen Drahtschlingen aus Edelstahl wieder verschlossen. Die Drähte werden in der Regel nicht wieder entfernt und verbleiben im Körper, Haut und Gewebe werden vernäht. Drainageschläuche werden gelegt, damit das Wundsekret in den ersten Tagen abfließen kann.

Nach der Bypass-OP

Nach der OP folgt ein zwei bis dreitägiger Aufenthalt auf der Intensivstation, wo spezialisierte Ärzt*innen den Gesundheitszustand überwachen. Treten keine Komplikationen auf, erfolgt eine Überweisung auf die Normalstation. Patient*innen können die Klinik meist schon nach zwei bis drei Wochen verlassen. Dann schließt sich in der Regel eine mehrwöchige Rehabilitationsbehandlung an.

In den ersten Tagen und Wochen nach der Bypass-Operation können Schmerzen im Brustkorb auftreten, die sich aber mit Medikamenten gut lindern lassen.

Welche Komplikationen sind möglich?

Bypass-OPs gehören zu den Routineeingriffen. Dennoch ist die Operation am Herzen mit einem gewissen Risiko verbunden. Wie groß die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen ist, hängt unter anderem von der Schwere der Koronaren Herzerkrankung, dem allgemeinen Gesundheitszustand sowie von bestehenden Vorerkrankungen ab.

Mögliche Folgen sind:

  • Herzrhythmusstörungen

  • Wundinfektionen

  • Nachblutungen

  • Thrombose/Embolie (Verengung oder Verschluss von Blutgefäßen durch Blutgerinnsel oder anderes mit dem Blut angeschwemmtes Material, das sich bei der Operation gelöst haben kann)

  • Herzbeutelentzündung

  • Herzschwäche (Herzinsuffizienz)

  • Blutgerinnungsstörungen

  • allergische Reaktionen auf das Narkosemittel

Daneben kann die künstliche Beatmung mittels Beatmungsschlauch während der Operation zu vorübergehender Heiserkeit und Halsschmerzen führen. Bei Raucher*innen besteht ein erhöhtes Risiko für Wundheilungsstörungen. Auch das Risiko für das Auftreten von Lungenentzündungen ist erhöht.

In seltenen Fällen kann es während der Operation selbst zu akuten Problemen wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall kommen. Das Schlaganfallrisiko liegt etwa bei einem Prozent. Im Allgemeinen überleben rund 97 bis 99 aller Patient*innen die ersten 30 Tage nach der OP. Das Sterberisiko ohne Operation ist bei schwerwiegenden Gefäßverschlüssen am Herzen deutlich höher.

Prognose: Wie sind die Erfolgsaussichten bei einem Bypass?

Nach Bypassoperationen des Herzens wird die Durchblutung des Herzmuskels Studienergebnissen zufolge in mehr als 90 Prozent der Fälle verbessert, 65 Prozent der Patient*innen werden vollkommen beschwerdefrei, wobei der Erfolg zumeist langjährig anhält. Die Lebenserwartung steigt in der Regel durch den Eingriff.  Die Gefäßbrücken halten bis zu 20 Jahre.

In manchen Fällen kommt es jedoch auch nach der OP zu einer Engstelle des Bypasses: Die Blutzufuhr ist dadurch wieder vermindert. Der Verschluss wird in der Regel mithilfe eines Stents behoben. Es erfolgt nur selten eine weitere Bypassoperation im Bypassgefäß.

Leben mit dem Bypass

An die Bypassoperation schließt sich in der Regel eine Rehabilitation an, um die Belastbarkeit vor der OP wiederherzustellen. Ein wichtiger Bestandteil der Reha ist unter anderem eine Bewegungstherapie. Daneben erfolgen regelmäßige kardiologische Kontrollen.

Um eine erneute Einengung von Blutgefäßen zu vermeiden, können Betroffene selbst einiges tun. Der Lebensstil spielt eine zentrale Rolle für die Lebensqualität und -erwartung nach dem Eingriff. Empfohlen wird eine gesunde Ernährung mit viel Gemüse und wenig tierischen Fetten. Bewährt hat sich unter anderem die sogenannte Mittelmeerdiät.

Daneben ist moderate Bewegung wichtig. Kleine Änderung im Lebensstil, wie häufiger die Treppe zu benutzen, können schon helfen. Geeignet sind zudem Ausdauersportarten wie

  • Walking,
  • Schwimmen und
  • Fahrrad fahren.

Zudem sollten Patient*innen mit Herzproblemen ein normales Gewicht anstreben und auf das Rauchen verzichten. Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus und Bluthochdruck sollten medikamentös behandelt werden, da sie das Risiko für verengte Gefäße erhöhen.

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