Chronische Schmerzen behandeln

Chronische Schmerzen sind ein Volksleiden

Die eigene Erfahrung lehrt es und auch die Zahlen spiegeln es wider: In Deutschland haben rund 13 Millionen Menschen chronische Schmerzen. Die Migräne zählt ebenso dazu wie der Rücken- oder der Tumorschmerz. Die individuellen und volkswirtschaftlichen Folgen sind erheblich. Vielen Betroffenen könnte geholfen werden – häufig geschieht das aber nicht.

Frau mit Schmmerzen
©iStock.com/GlobalStock

Etwa 20 Millionen Menschen in Deutschland haben nach Angaben der Patientenorganisation Deutsche Schmerzliga e. V. immer wiederkehrende oder chronische Schmerzen – das ist immerhin ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung. Bei sechs bis acht Millionen sind die chronischen Schmerzen so ausgeprägt, dass ihr Leben dadurch stark beeinträchtigt ist. Etwa einer von zehn Betroffenen – also ein bis zwei Millionen – hat sogar sogenannte "problematische" Schmerzzustände. Bei ihnen ist der Schmerz, unabhängig von seinem eigentlichen Auslöser, zu einer eigenständigen Erkrankung geworden.

Chronische Schmerzen: Kopf- und Rückenschmerzen am weitesten verbreitet

Chronische Schmerzen sind besonders häufig Rückenschmerzen. Bei Umfragen geben immerhin 40 von 100 Erwachsenen an, aktuell unter Rückenschmerzen zu leiden. Und im Rahmen einer Gesundheitserhebung im Jahre 1998 berichteten 62 von 100 Frauen sowie 56 von 100 Männern, im vergangenen Jahr Rückenschmerzen gehabt zu haben.

Auch Kopfschmerzen sind als chronische Schmerzen weit verbreitet. Unter Migräne leiden in Deutschland laut Schmerzliga zehn von 100 Erwachsenen und 30 von 100 haben mindestens einmal im Monat Spannungskopfschmerzen. Selbst Kinder weisen diese Beschwerden weit häufiger auf, als bislang angenommen. Im Vorschulalter klagt immerhin ein Fünftel der Kleinen gelegentlich über Kopfschmerzen und im Alter von zwölf Jahren haben neun von zehn Kindern bereits Erfahrungen mit diesem Krankheitsbild gemacht.

Darüber hinaus sind in Deutschland schätzungsweise 800.000 Menschen an entzündlichen Gelenkerkrankungen (rheumatoider Arthritis) erkrankt – viele von ihnen haben chronische Schmerzen. Hinzu kommen die Tumorschmerzen, von denen etwa 70 bis 80 Prozent der jährlich mehr als 200.000 Krebspatienten betroffen sind. Des Weiteren haben über 80 Prozent der 70-Jährigen altersbedingte Gelenkveränderungen (Arthrosen), die chronische Schmerzen hervorrufen können.

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Chronische Schmerzen haben vielfältige Folgen

Chronische Schmerzen und deren Folgen sind sowohl für den Betroffenen als auch für die Gesellschaft enorm. Denn chronische Schmerzen führen zu teilweise erheblichen Behinderungen, die nicht nur individuelles Leiden auslösen und die Lebensqualität einschränken, sondern einen Einfluss auf viele Bereiche des Lebens haben. So sind chronische Schmerzen beispielsweise nach Angaben von Prof. Dr. med. Manfred Zimmermann, Neuroscience and Pain Research Institute, Heidelberg, in allen Industrienationen der wichtigste Grund für Fehlzeiten am Arbeitsplatz, Krankschreibungen und Frühberentungen.

Überträgt man eine Studie aus den USA auf deutsche Verhältnisse (weil es in Deutschland keine derartigen Untersuchungen gibt), so ergeben sich laut Zimmermann pro Jahr mindestens 220 Millionen Tage, an denen aufgrund von Schmerzen nicht gearbeitet wird. Die Kosten allein für die bezahlten Vergütungsleistungen beziffern sich auf 20 Milliarden Euro jährlich. Hinzu kommen die Kosten der Rententräger für die schätzungsweise 630.000 Frührentner, die wegen Schmerzerkrankungen (vor allem unspezifischen Rückenleiden und einer speziellen Form des Rheumatismus, der Fibromyalgie) nicht mehr arbeiten können: Sie belaufen sich auf etwa acht Milliarden Euro jährlich. Schließlich liegen die Ausgaben für die ambulante und stationäre Behandlung der Betroffenen bei jährlich etwa zehn Milliarden Euro.

Viele Schmerzkranke sind unterversorgt

Die Ursachen für die große Anzahl Deutscher, die chronische Schmerzen haben, sind zwar vielfältig (s. auch Schmerzentstehung), doch eine wichtige Rolle spielt die häufig unzureichende medizinische Versorgung. Denn werden Schmerzen nicht schnell und ausreichend gelindert, trägt dies zum Beginn bzw. zum weiteren Fortschreiten eines Chronifizierungsprozesses bei. Und je weiter dieser Prozess fortschreitet, desto schwerer wird eine erfolgreiche Therapie.

Die mangelhafte Versorgung belegen zum einen viele Erfahrungsberichte von Betroffenen, die jahrelang von Arzt zu Arzt wechseln, bis ihnen endlich geholfen wird – nach den Informationen der Schmerzliga dauert es oft acht bis zehn Jahre, bis ein Schmerzpatient den richtigen Arzt findet.

Aber auch wissenschaftliche Studien bestätigen die Defizite in der Schmerztherapie. So folgert Zimmermann beispielsweise aus mehreren Untersuchungen, dass bei einem erheblichen Teil der Patienten mit chronischen Rückenschmerzen die ambulante Behandlung derzeit unwirksam ist. Zimmermann weiter: "In unserem Gesundheitssystem wird also eine ineffiziente Dauertherapie [...] fortgeführt, es besteht der Verdacht, dass dies bei einem Teil der Patienten sogar zur fortschreitenden Chronifizierung beiträgt."

Es gibt zu wenig spezialisierte Ärzte

Dabei hat sich in der Schmerzforschung in den letzten Jahren sehr viel getan, sodass vielen Betroffenen inzwischen effektiv und anhaltend geholfen werden könnte. Doch die Behandlung (s. auch Schmerzbehandlung) ist häufig komplex, individuell unterschiedlich und besteht aus mehreren Bausteinen, die über die reine Schmerztherapie weit hinausgehen und auch nicht-medikamentöse Verfahren berücksichtigen (multimodales Therapieprogramm). Mit anderen Worten: Chronische Schmerzen erfordern Wissen und Zeit. Daher werden diese Konzepte von vielen Ärzten nicht angeboten – sei es, weil sie nicht ausreichend aus-, fort- oder weitergebildet sind, oder sei es, weil sie aufgrund von Problemen bei der Abrechnung darauf verzichten.

In Deutschland stehen laut Schmerzliga zwar inzwischen etwa 500 Schwerpunktpraxen, Schmerzambulanzen und spezielle Abteilungen an Kliniken zur Verfügung, die moderne Behandlungsprogramme gegen chronische Schmerzen anbieten, doch eine flächendeckende Versorgung aller Schmerzkranken lässt sich auf diese Weise derzeit nicht gewährleisten.

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Beratender Experte
Frau Dr. med. Alexandra Katinka Mayer

Schmerztherapie und Schmerzmedizin

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