Pflanzliches Antidepressivum

Johanniskraut: Wirkung und Nebenwirkungen bei Depressionen

Echtes Johanniskraut ist in Deutschland heimisch. Als Heilpflanze finden verschiedene Pflanzenteile schon seit der Antike Verwendung, heutzutage kommen Johanniskraut-Präparate vor allem bei mittelschweren Depressionen zum Einsatz. Wie wirkt das Kraut und welche Nebenwirkungen sind möglich?

Hypericum perforatum: Johanniskraut
© Getty Images/Westend61

Kurzübersicht: Johanniskraut

Wogegen hilft Johanniskraut? Die Heilpflanze (Hypericum perforatum) wird seit der Antike vor allem als Johanniskrautöl zur Behandlung verschiedener Beschwerden wie Entzündungen, Hautproblemen und Nackenschmerzen verwendet. Heutzutage kommt Johanniskraut vorwiegend bei leichten und mittelschweren Depressionen zum Einsatz. Die besonderen Wirkstoffe der Pflanze sind vor allem Hypericin und Hyperforin.

Was darf man nicht mit Johanniskraut nehmen? Auch wenn es sich bei Johanniskraut um ein pflanzliches Medikament handelt, sind Wechselwirkungen möglich. So kann etwa die Wirkung der Antibabypille herabgesetzt sein. Zudem kommen Wechselwirkungen mit Immunsuppressiva, Chemotherapie-Mitteln, HIV-Mitteln, Cholesterinsenkern und Gerinnungshemmern infrage.

Wie lang dauert es, bis Johanniskraut wirkt? Die Wirkung von Johanniskrautextrakt gegen Depressionen setzt verzögert rund zwei bis vier Wochen nach Beginn der Einnahme ein.

Wo wächst Johanniskraut? Johanniskraut wächst in Europa, Asien und Nordamerika. Auch in Deutschland ist es heimisch.

Im Überblick:

Hilfe bei Depressionen: 12 einfache Tipps für Betroffene

Was ist Johanniskraut?

Johanniskraut gehört zu den Hartheugewächsen, von denen es viele hundert Arten gibt. In Deutschland und Mitteleuropa sind zehn Hartheu-Arten heimisch, darunter auch das Echte Johanniskraut (Tüpfel-Johanniskraut oder Hypericum perforatum). Das krautige Gewächs säumt von Juni bis September mit seinen leuchtend gelben Blüten Wald- und Wegränder. Umgangssprachlich wird Johanniskraut auch als Herrgottsblut oder Teufelsflucht bezeichnet.

Die Blätter des bis zu einem Meter hochwachsenden Heilkrauts sind schwarz gepunktet – insbesondere an den Blatträndern. Bei den Tüpfeln handelt es sich um sogenannte Öldrüsen. Werden die Blätter zerkleinert, tritt ein Saft – das sogenannte Rotöl – aus, der ätherische Öle und rote Pigmente (Flavonoide) enthält.

In der Sonne kann Hautkontakt mit dem Pflanzensaft zu heftigen Reaktionen führen: Johanniskraut wirkt phototoxisch. Dies bedeutet, dass der Saft der Pflanze unter Sonnenlicht eine schädigende Wirkung entfaltet, mögliche Folgen sind etwa Sonnenbrand, Brandblasen, Ausschlag und Quaddeln.

Inhaltsstoffe: Wie wirkt Johanniskraut?

Im Gegensatz zu anderen pflanzlichen Mitteln ist Johanniskraut und seine Wirkung gut erforscht. Früher wurde Johanniskraut vorwiegend zur Beschleunigung der Wundheilung verwendet. Heutzutage kommen Präparate mit Johanniskraut vor allem zur Therapie von depressiven Beschwerden wie einer Winterdepression zum Einsatz. Johanniskraut enthält Hyperforin sowie Hypericin: Diese Stoffe wirken beruhigend und stimmungsaufhellend. Zudem soll Hyperforin einen antibakteriellen Effekt innehaben.

Johanniskraut gegen leichte bis mittelschwere Depressionen

Bei einer Depression kommt es zu einem Defizit von Botenstoffen (Neurotransmittern) wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin im Gehirn. Wie andere Antidepressiva auch greift Johanniskraut – vor allem Hyperforin – in den Stoffwechsel von Gehirnzellen ein, wodurch dieser Mangel behoben wird. Die Wiederaufnahme der Botenstoffe an den Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen (Synapsen) wird gehemmt, wodurch die Konzentration der Neurotransmitter im synaptischen Spalt steigt.

Johanniskraut ist in verschiedenen Varianten in der Drogerie und Apotheke erhältlich, etwa als Creme, Tee und Tinktur. Während Johanniskraut-Tee und Tinktur gegen Stress wirken sollen, wird das Extrakt zur Behandlung depressiver Verstimmungen als Kapsel oder Tablette eingenommen. Daneben können Salben, Cremes sowie Tinkturen zur äußerlichen Behandlung von Wunden und Hautentzündungen angewendet werden.

Die Arzneien zur Behandlung von Depressionen unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung und Dosierung. Leichte Präparate sind oftmals freiverkäuflich, während höher dosierte Arzneimittel in aller Regel verschreibungspflichtig – also nur auf ärztliches Rezept – zu bekommen sind. Auch in der Drogerie gibt es teilweise entsprechende Therapeutika zu kaufen, wobei Arzneimittel mit Johanniskraut aus der Apotheke vorzuziehen sind. Nicht alle Mittel mit Extrakten der Heilpflanze sind gleichermaßen wirksam oder durch Studien ausreichend erprobt. Freiverkäuflich Mittel mit Johanniskraut sind häufig zu niedrig dosiert, um einen nennenswerten Effekt bei einer depressiven Verstimmung zu erzielen. Rund 600 bis 900 mg täglich über mehrere Wochen bis Monate hinweg sind notwendig, damit Johanniskraut wie ein Antidepressivum wirkt.

Bei mittelschweren oder schwerwiegenden Depressionen ist in jedem Fall ärztlicher Rat einzuholen und die Einnahme von Medikamenten gründlich abzuwägen. Ob ein Johanniskraut-Medikament ratsam ist, können Fachleute am besten einschätzen.

Wie schnell wirkt Johanniskraut?

Ebenso wie bei anderen Antidepressiva dauert es etwas, bis Johanniskraut seine Wirkung im Körper entfacht und gegen die Niedergestimmtheit hilft. Rund zwei bis vier Wochen müssen Patient*innen sich gedulden.

Welche Nebenwirkungen sind möglich?

Johanniskraut ist in der Regel gut verträglich und nebenwirkungsarm. Studien weisen darauf hin, dass Johanniskraut weniger Nebenwirkungen zeigt, als synthetische Antidepressiva. Trotzdem kann die Einnahme auch ungewünschte Reaktionen auslösen.

Mögliche Nebenwirkungen sind:

Da Johanniskraut bei Hautkontakt in der Sonne phototoxische Reaktionen verursachen kann und entsprechende Anzeichen auch nach dem Verzehr des Krauts durch Tiere beobachtet werden konnten, raten Fachleute zur Vorsicht. Intensives Sonnenbaden sollte insbesondere von helleren Hauttypen nach der Verwendung von Johanniskrautmitteln vermieden werden. Untersuchungen zeigen zwar, dass sowohl die orale als auch die topische Anwendung der Heilpflanze bei mittleren und dunkleren Hauttypen bei kurzem Kontakt in der Sonne unbedenklich ist, jedoch lassen sich keine Rückschlüsse auf intensive Sonnenbestrahlungen und Menschen mit sehr heller Haut ziehen.

Wechselwirkung mit anderen Medikamenten

Auch Wechselwirkungen mit bestimmten anderen Medikamenten sind möglich. So kann Johanniskraut den Abbau bestimmter Wirkstoffe und Medikamente in der Leber beschleunigen, wodurch die Wirkung herabgesetzt wird. Andersherum kann die Medikamentenwirkung in manchen Fällen auch verstärkt werden. Vorsicht ist unter anderem bei folgenden Pharmazeutika geboten:

Es empfiehlt sich eine Rücksprache mit dem*der behandelnden Arzt*Ärztin über das Johanniskrautmedikament sowie die genaue Sichtung des Beipackzettels. Zudem kann eine Beratung beim Kauf in der Apotheke sinnvoll sein – insbesondere bei Selbstmedikation.

Sollte die Niedergeschlagenheit trotz Einnahme eines Johanniskraut-Präparats länger als vier bis acht Wochen unverändert anhalten oder sich sogar verschlimmern, ist dringend ärztliche oder psychotherapeutische Hilfe notwendig.

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