Betroffene hören oft Stimmen

Schizophrenie: Ursachen, Anzeichen und Behandlung

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Die Schizophrenie ist eine schwere psychische Erkrankung, die sehr vielfältig in Erscheinung treten kann. Sie tritt bevorzugt im jungen Erwachsenenalter auf. Charakteristische Anzeichen wie Wahnvorstellungen und Stimmenhören sind für eine Diagnose wegweisend. Welche Beschwerden gibt es noch und wie lässt sich Schizophrenie behandeln?

Frau hat Schizophrenie
© Getty Images/Westend61

Bei der Schizophrenie handelt es sich um eine Gruppe verschiedener Krankheitsbilder. Sie haben alle gemeinsam, dass wesentliche Bereiche der Psyche voneinander getrennt werden, die normalerweise zusammenarbeiten. Das Ergebnis sind Störungen in bestimmten Bereichen der Psyche wie Wahrnehmung, Denken oder Gefühlswelt.

Artikelinhalte im Überblick:

Schizophrenie: 12 häufige Symptome der psychischen Störung

Was ist Schizophrenie?

Schizophrene Menschen leiden häufig unter einer stark verzerrten Wahrnehmung und Bewertung der Realität. Anders als oft vermutet, erhöht sich das Risiko für ein gewalttätiges Verhalten dadurch nicht. Stattdessen besteht bei Patient*innen aufgrund eines hohen Leidensdrucks wesentlich häufiger die Gefahr einer Selbstverletzung. Dementsprechend liegt die Suizidrate bei Schizophrenie deutlich höher als in der restlichen Bevölkerung.

Zwischen Männern und Frauen gibt es keinen Unterschied bei der Häufigkeit. Nahezu alle Schizophrenien treten erstmals im jungen Erwachsenenalter auf, der Großteil bereits vor dem 30. Lebensjahr. Wenn die Erkrankung in der Familie gehäuft vorkommt, erhöht sich auch das Erkrankungsrisiko. Das Risiko ist am höchsten, wenn die Geschwister oder die Eltern von einer Schizophrenie betroffen sind.

Schizophrenie zeigt sich durch charakteristische Symptome

Eine Schizophrenie äußert sich in unterschiedlichsten Symptomen. In der Praxis unterteilen Ärzt*innen die Störungen grob in Positivsymptome und Negativsymptome. Zu den Positivsymptomen gehören vor allem Halluzinationen, Denkstörungen, Wahn, Ich-Störungen und Bewegungsstörungen. Diese Phänomene haben gemeinsam, dass im Vergleich zum Normalzustand etwas dazukommt. Emotionale Störungen und sozialer Rückzug zählen zu den Negativsymptomen, da im Vergleich zum Normalzustand etwas verloren geht. Die negativen Symptome sprechen bei der Schizophrenie deutlich schlechter auf eine Therapie an als die positiven.

Symptome bei Schizophrenie:

  • Halluzinationen gehören zu den Wahrnehmungsstörungen. Bei der Schizophrenie tauchen sie meist als Stimmenhören (akustische Halluzinationen) auf. Dabei gibt es verschiedene Arten von Stimmen, die das Handeln der Erkrankten kommentieren, mit ihnen ein Gespräch führen oder Befehle erteilen.

  • Formale Denkstörungen betreffen vor allem die Denkvorgänge und die Sprache. Die Gedanken sind ungeordnet und haben häufig keinen erkennbaren Zusammenhang (Zerfahrenheit). Im Gespräch werden beispielsweise Sätze plötzlich abgebrochen (Sperrung) oder Worte erfunden, die es nicht gibt (Neologismus).

  • Wahn ist ein Oberbegriff für bestimmte inhaltliche Denkstörungen. Der Wahn ist dadurch gekennzeichnet, dass Betroffene von etwas absolut überzeugt sind und sich nicht davon abbringen lassen. Typische Beispiele sind der Verfolgungswahn, der Vergiftungswahn und der Eifersuchtswahn. Der Wahn kann so weit gehen, dass die ganze Welt mit wahnhaften Gedanken erklärt wird (Wahnsystem).

  • Ich-Störungen beinhalten Symptome, bei denen die Grenzen zwischen dem eigenen Ich und der Umwelt verschwimmen. Dabei werden zum Beispiel der eigene Körper (Depersonalisation) oder die Umwelt (Derealisation) als fremd empfunden. In manchen Fällen fühlen sich schizophrene Menschen wie eine Marionette, deren Bewegungen (Fremdbeeinflussung) und Gedanken (Gedankeneingebung) von außen gesteuert werden. Die Ich-Störungen können mitunter so weit führen, dass es zu einer vollkommenen Abkapselung von der Wirklichkeit kommt.

  • Katatone Symptome gehören zu den Bewegungsstörungen, die von der Psyche ausgelöst werden (Psychomotorik). Sie können sich sowohl als extreme Erregung oder auch als starre Bewegungslosigkeit (Stupor) äußern. Außerdem kann es zu eigenartigen Bewegungsabläufen oder Haltungen kommen.

  • Affektive Störungen sind Veränderungen der Gefühlswelt. Es handelt sich um die häufigste Störung bei Schizophrenie. Meist ist der emotionale Kontakt zu anderen Menschen vermindert. Betroffene Personen zeigen unpassende (Parathymie) oder wenige Emotionen (Affektarmut).

Paranoide Schizophrenie und andere Formen

Je nachdem, welche Störungen im Vordergrund stehen, lassen sich verschiedene Unterarten der Schizophrenie unterscheiden:

  • Paranoide Schizophrenie: Diese Form stellt die häufigste aller Schizophrenien dar. Sie ist durch Störungen der Wahrnehmung gekennzeichnet. Vor allem Wahnvorstellungen und akustische Halluzinationen spielen hierbei eine große Rolle. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 30 und 40 Jahren.

  • Hebephrene Schizophrenie: Im Vordergrund stehen hierbei Störungen der Gefühlswelt, in erster Linie ein gleichgültiges Verhalten. Diese Unterart findet sich am häufigsten im Jugendalter.

  • Katatone Schizophrenie: Bei dieser Art liegen überwiegend Störungen der Bewegung vor. Die meisten Betroffenen erkranken zwischen 15 und 25 Jahren. Eine lebensbedrohliche Komplikation ist die Verbindung der Starre mit Fieber (perniziöse Katatonie).

  • Undifferenzierte Schizophrenie: Hierbei steht keine der Störungen im Vordergrund. Es lässt sich keine Zuordnung zu den drei häufigsten Formen vornehmen.

Halluzinationen: Ursachen und Formen

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Mögliche Ursachen und Auslöser der Schizophrenie

Bei der Schizophrenie lassen sich keine körperlichen Ursachen nachweisen. Die Tatsache, dass die Erkrankung in manchen Familien gehäuft vorkommt, legt aber eine genetische Veranlagung nahe. Darüber hinaus war die Kindheit der Betroffenen häufig von Problemen in der Familie geprägt, wie zum Beispiel Misshandlungen oder Vernachlässigung. Auf diese Weise wird die Psyche bereits früh vorgeschädigt.

Die eigentlichen Auslöser sind dann im späteren Leben oft einschneidende Lebensereignisse. Dazu zählen vor allem belastende Faktoren wie

  • Todesfälle,
  • Trennungen/Verluste,
  • Sexuelle Begegnungen,
  • Krankheit und
  • Prüfungen.

Doch auch entlastende Faktoren wie der Abschluss einer Ausbildung oder des Studiums können eine schizophrene Phase auslösen.

Psychische Anfälligkeit ist Risikofaktor für Schizophrenie

Die gesamte Entstehung der Schizophrenie wird heutzutage im sogenannten Vulnerabilitäts-Stress-Coping-Modell zusammengefasst. Nach diesem Modell besteht schon vor dem Ausbruch der Erkrankung eine psychische Anfälligkeit (Vulnerabilität). Dafür verantwortlich ist das Zusammenspiel aus der Erbanlage und der Entwicklung während der Kindheit.

Zeitlebens kommt es bei jedem Menschen ständig zu Veränderungen des eigenen Körpers oder der Umwelt (Stress). In der Regel weiß die Psyche sich mit geeigneten Bewältigungsstrategien zu helfen und wehrt den Stress ab (Coping). In manchen Fällen scheitert die Bewältigung allerdings und der Stress trifft direkt auf die Psyche. Je anfälliger die Psyche ist, desto höher ist das Risiko, dass es in solchen Momenten zum Ausbruch einer psychischen Erkrankung kommt.

Gibt es für Schizophrenie einen Test?

Zur Diagnose der Schizophrenie gibt es keinen speziellen Test. Stattdessen beurteilt der*die Arzt*Ärztin, ob, und wenn ja, wie viele charakteristischen Störungen vorliegen. Je mehr Anzeichen vorhanden sind, desto wahrscheinlicher ist die Diagnose.

Bei einer Schizophrenie darf die Diagnose nur gestellt werden, wenn sich andere Erkrankungen als Ursache ausschließen lassen. Dabei kommen alle Erkrankungen infrage, die das Gehirn in seiner Funktion beeinträchtigen können (organische Psychosen).

Krankheiten, die ähnliche Anzeichen wie eine Schizophrenie auslösen können:

Die Abgrenzung zu anderen psychischen Erkrankungen, wie zum Beispiel der Depression, gelingt in der Regel dadurch, dass die typischen schizophrenen Symptome fehlen.

Behandlung der Schizophrenie je nach Schwere der Symptome

Bei der Behandlung der Schizophrenie kommen in erster Linie Medikamente zum Einsatz. Dabei stehen Antipsychotika (Neuroleptika) im Mittelpunkt, die ein Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn ausgleichen. Die Wirkstoffe können Nebenwirkungen haben, zum Beispiel Bewegungsstörungen oder Stoffwechsel- und Herzrhythmusstörungen.

Wenn die Symptome der Schizophrenie zurückgegangen sind, wird die medikamentöse Behandlung noch für mehrere Monate fortgesetzt (Erhaltungstherapie). Dadurch lässt sich das Risiko für einen Rückfall verringern. In hartnäckigen Fällen muss die Therapie zu diesem Zweck über mehrere Jahre fortgesetzt werden.

Die katatone Schizophrenie stellt einen Sonderfall der Therapie dar. Falls die Medikamente nicht ausreichend anschlagen, ist es empfehlenswert, möglichst frühzeitig eine Elektrokrampftherapie (EKT) in Erwägung zu ziehen. Diese Technik wird in Vollnarkose durchgeführt und kann verschiedene Nebenwirkungen auslösen, darunter vorübergehende:

Psychotherapie ergänzend zur Therapie der Schizophrenie

Unterstützend wird Psychotherapie eingesetzt. Sie dient vor allem dazu, Patient*innen über die Krankheit aufzuklären und ihnen Mut und Hoffnung zu machen. Ohne das Verständnis für die Erkrankung ist die Bereitschaft zur Mitarbeit häufig sehr gering. Das wichtigste Ziel der Psychotherapie ist es, den Erkrankten ein weitestgehend unabhängiges und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Zu diesem Zweck werden etwa die sozialen Fähigkeiten der Erkrankten trainiert. Dies soll auch eine Wiedereingliederung in das private Umfeld, die eigene Wohnung und den Beruf erleichtern.

Prognose und Verlauf bei Schizophrenie

In etwa der Hälfte der Fälle kündigt sich die Schizophrenie Monate bis Jahre vor der Erkrankung mit Symptomen anderer psychischer Erkrankungen an, wie zum Beispiel Angst, Depression, Manie, Zwang, Konzentrations- oder Schlafstörungen.

Der erste Schub einer Schizophrenie entwickelt sich bei zwei von drei Betroffenen innerhalb kurzer Zeit. Ein Schub dauert in der Regel mehrere Wochen bis Monate. Danach bildet sich die Symptomatik für einen Zeitraum von Monaten bis Jahren vollkommen oder teilweise zurück. In dieser Krankheitsphase können jedoch Depressionen oder Erschöpfungszustände auftreten.

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Durch die medikamentöse Behandlung hat sich die Prognose der Schizophrenie erheblich verbessert. Meistens bleibt es zwar nicht bei einem einzigen Schub, allerdings heilt die Erkrankung bei vier von zehn Menschen nach mehreren Schüben aus und kehrt nie wieder. Wenn die Schizophrenie einen dauerhaften Zustand erreicht, nehmen die Symptome zwar anfänglich noch zu, verschlechtern sich dann aber nicht weiter. Mit zunehmendem Alter wird die Erkrankung meist schwächer. In den wenigsten Fällen bleibt die schizophrene Symptomatik ein Leben lang bestehen.

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