Therapie und Ritual

Beschneidung (Zirkumzision) der Vorhaut bei Jungen und Männern

Die Beschneidung der Vorhaut ist in manchen Religionsgemeinschaften Teil einer Zeremonie. Es gibt aber auch medizinische Gründe, die den Eingriff erforderlich machen können.

junge mit beschneidungsverband
© iStock.com/LeventKonuk

Die Beschneidung der Vorhaut (Zirkumzision) wird aus verschiedenen Gründen durchgeführt. In Deutschland wird die Operation in erster Linie aus medizinischen, hygienischen oder kosmetischen Gründen vorgenommen.

Im Judentum ist die Beschneidung bei Jungen am achten Tag nach der Geburt Teil einer religiösen Zeremonie. Im Islam dagegen werden männliche Heranwachsende traditionell bis spätestens zum 14. Lebensjahr beschnitten. Schätzungen zufolge sind weltweit etwa 20 bis 40 Prozent der Männer beschnitten, in Deutschland geht man davon aus, dass die Häufigkeit bei ungefähr 15 Prozent liegt.

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Wann eine Beschneidung der Vorhaut medizinisch notwendig ist

Eine Beschneidung der Vorhaut kann auf persönlichen Wunsch durchgeführt werden, allerdings werden die Kosten (rund 300 Euro) von gesetzlichen Krankenkassen nur übernommen, wenn die Behandlung medizinisch notwendig ist. Dies ist der Fall, wenn wiederkehrende Entzündungen an Glied und Eichel (Balanitis) Probleme bereiten oder eine Verengung der Vorhaut vorliegt.

Diese Vorhautverengung tritt bei männlichen Säuglingen recht häufig auf. Bis etwa zum dritten Lebensjahr sind Vorhaut und Eichel natürlicherweise miteinander verklebt. Nach und nach löst sich diese Verklebung durch Reifungsvorgänge am Geschlechtsorgan. Etwa mit fünf Jahren, spätestens aber mit Eintreten der Pubertät sollte sich die Phimose gelöst haben. Eine Vorhautverengung kann jedoch auch im Erwachsenenalter auftreten und Beschwerden verursachen.

In diesen Fällen kann eine Beschneidung medizinisch angebracht sein:

  • Die Vorhaut kann bei einer Erektion gar nicht oder nur zum Teil zurückgezogen werden

  • Schmerzen bei einer Erektion

  • Der Harnstrahl ist beim Wasserlassen abgeschwächt oder verdreht

  • Beim Urinieren bildet sich ein "Ballon" an der Vorhaut

  • Die Blase kann nicht entleert werden (Harnverhalt)

  • Nach dem Zurückstreifen der Vorhaut bildet sich ein Schnürring, auch Spanischer Kragen genannt, der die Eichel abschnürt (Paraphimose)

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Verschiedene Möglichkeiten der Zirkumzision

Die Beschneidung der Vorhaut wird in der Regel als ambulanter Eingriff in einer urologischen Praxis oder im Krankenhaus durchgeführt. Zur Vorbereitung kann mittels Laboruntersuchung festgestellt werden, ob die Blutgerinnung eines Jungen oder Mannes gestört ist. In manchen Fällen muss durch ein Elektrokardiogramm (EKG) geklärt werden, ob Herzerkrankungen bestehen, die bei einem operativen Eingriff erhöhte Risiken mit sich bringen könnten.

Zur Entfernung der Vorhaut gibt es unterschiedliche Methoden, die operative Beschneidung und die Plastibellmethode.

Bei der operativen Beschneidung wird die Vorhaut unter lokaler Betäubung oder unter Vollnarkose operativ entfernt. Es kann nur der vordere Teil der Vorhaut entfernt werden (plastische Zirkumzision) oder die ganze Vorhaut (radikale Zirkumzision). Bei einer vollständigen Vorhautentfernung wird die Haut des Penisschafts anschließend unterhalb der Eichel mit selbstauflösenden Fäden angenäht.

Beschneidung ohne Schnitt: die Plastibellmethode

Die Plastibellmethode kommt hauptsächlich bei Kindern zum Einsatz, die unter einer Vorhautverengung (Phimose) leiden. Dabei wird die Vorhaut mithilfe einer Kunststoffglocke abgeschnürt. So stirbt das Gewebe der Vorhaut ab und löst sich nach etwa acht bis zehn Tagen von selbst.

Vorhautdehnung als Alternative

Im Säuglings- und Kleinkindalter kommen Vorhautverengungen sehr häufig vor. Nur in der Hälfte der Fälle ist eine Beschneidung notwendig. Häufig kann die Vorhaut im weiteren Entwicklungsverlauf durch vorsichtiges Zurückschieben, zum Teil mithilfe von speziellen Cremes, gedehnt werden, bis ein vollständiges Zurückschieben möglich ist. Eine weitere Alternative ist die Erweiterungsplastik. Dabei wird die Vorhaut in Längsrichtung eingeschnitten und wieder vernäht. Bei Problemen mit dem Vorhautbändchen kann dieses durchtrennt und wieder angenäht werden.

Worauf nach der Beschneidung achten?

Nach einer operativen Beschneidung kann die Wundheilung durch desinfizierende Sitzbäder beschleunigt werden. Man sollte außerdem auf mögliche Beschwerden wie Rötungen und Schwellungen achten und diese gegebenenfalls ärztlich kontrollieren lassen. Duschen sollte man erst drei Tage nach dem Eingriff wieder. Baden empfiehlt sich erst, nachdem sich die Fäden aufgelöst haben, was für gewöhnlich nach acht bis zehn Tagen der Fall ist.

Der Penis ist in der Regel etwa zwei Wochen nach einer Beschneidung verheilt. Dennoch ist es für Männer ratsam, für die ersten drei Wochen auf Geschlechtverkehr zu verzichten und im Anschluss bei den ersten sexuellen Aktivitäten sehr vorsichtig zu sein.

Komplikationen und Nebenwirkungen der Beschneidung

Komplikationen während und nach einer Beschneidung sind sehr selten. Leichte Schmerzen nach der Beschneidung sind möglich, können aber gut mit Schmerzmitteln behandelt werden. Zum Teil kommt es zu Rötungen und Schwellungen.

Gelegentlich treten Nachblutungen auf, selten kommt es zur Bildung unregelmäßiger Wundränder. Vereinzelt kommt es durch Operationsfehler zu Infektionen, Harnröhrenverengungen, Harnröhrenfisteln oder Verletzungen der Eichel.

Beachten sollten Jungen und Männer, dass die Eichel nach einer Beschneidung am Anfang sehr empfindlich ist. Die sensible Haut der Penisspitze, die bisher unter der Vorhaut verdeckt war, liegt nun permanent frei, selbst der Kontakt mit der Unterwäsche kann Schmerzen bereiten.

Gesundheitliche Vorteile der Zirkumzision

Da die Reinigung des Gliedes nach der Beschneidung vereinfacht wird, können Entzündungen der Eichel und der Harnröhre leichter vermieden werden. Außerdem sinkt zumindest das statistische Risiko, sich mit sexuell übertragbaren Krankheiten anzustecken, wenn der Penis beschnitten ist. Dies gilt zum Beispiel für Genitalherpes, Feigwarzen und Tripper.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat vor einigen Jahren die Beschneidung der Vorhaut in die Präventionsmaßnahmen gegen HIV aufgenommen. Denn verschiedenen Studien zufolge senkt eine Beschneidung das HIV-Infektionsrisiko für den Mann beim ungeschützten Vaginalverkehr um etwa 40 bis 50 Prozent.

Diese WHO-Empfehlung wird oft als Argument für die Beschneidung angeführt. "Doch diese Empfehlung gilt lediglich für 14 afrikanische Staaten, in denen die Zahl der HIV-Erkrankungen ein nicht mit Europa vergleichbares Ausmaß erreicht hat und in denen die hygienischen Verhältnisse ganz andere sind", bestätigt Wolfgang Bühmann, Sprecher des Berufsverbands Deutscher Urologen im Lifeline-Interview und fügt hinzu: "In manchen Ländern Afrikas sind 75 Prozent der geschlechtsreifen Frauen mit HIV infiziert. Zu beachten ist, dass eine Beschneidung nicht vor einer HIV-Infektion und anderen Geschlechtskrankheiten schützt, sondern nur das statistische Risiko einer Infektion verringern kann. Deshalb ist sie zur Vorbeugung einer HIV-Infektion auch kein Ersatz für geschützten Geschlechtsverkehr.

Ob eine Beschneidung das Risiko für Prostatakrebs, Peniskrebs oder das Risiko einer Übertragung von humanen Papillomviren auf die Partnerin senkt, sind – trotz einiger Studien – noch nicht eindeutig bestätigt.

Sex ist besser mit Vorhaut

Viele Männer lassen sich die Vorhat des Penis chirurgisch entfernen, weil sie hoffen, dadurch noch mehr Sensibilität und Erregbarkeit am Glied zu erreichen, also ihr Lustempfinden zu steigern. Diese weit verbreitete Annahme haben belgische Forscher widerlegt. Dazu befragten die Urologen von der Universität Gent rund 1.000 beschnittene und 300 unbeschnittene Männer. Die Probanden füllten einen Fragebogen aus, auf dem sie detailliert Auskunft gaben über Reizbarkeit der einzelnen Bereiche ihres Penis und die Intensität des Orgasmus.

Das Ergebnis: Unbeschnittene Männer hatten mehr Spaß beim Sex. Sie erreichten höhere Werte auf der Skala bei der Berührung von Penisschaft und Eichel sowie bei der Intensität des Orgasmus. Zusätzlich zeigte sich, dass beschnittene Männer häufiger Beschwerden wie Schmerzen und Taubheitsgefühle in diesem Bereich haben.

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