Symptome sind vielfältig

Somatoforme Störung: Erkrankung ohne klare körperliche Ursache

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Als somatoforme Störung werden Beschwerden bezeichnet, bei denen keine körperliche Ursache gefunden werden kann. Je nach Art der Symptome unterscheiden Fachleute verschiedene Arten von somatoformen Störungen. Wie äußern sich diese und was können Betroffene tun?

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Kurzübersicht: Somatoforme Störung

Was sind somatoforme Störungen? Somatoforme Störungen sind körperliche Beschwerden, für die keine organische Ursache gefunden werden kann.

Wie äußert sich eine somatoforme Störung? Die Beschwerden sind sehr individuell und vielfältig. Möglich sind beispielsweise anhaltende oder wiederkehrende Schmerzen, Missempfindungen, Magen-Darm-Beschwerden oder Herz-Kreislauf-Probleme.

Was hilft gegen somatoforme Störungen? Es stehen verschiedene Therapiemodelle wie Entspannungstechniken, Schmerztherapie und Psychotherapie zur Verfügung. Wichtig ist, dass sich Betroffene ernst genommen fühlen und eine vertrauensvolle therapeutische Beziehung besteht.

Sind somatoforme Störungen heilbar? Ja, die Chancen stehen besser, je eher früher sie erkennt und behandelt wird.

Artikelinhalte im Überblick:

Psychotherapie: Welche Therapieformen gibt es?

Was ist eine somatoforme Störung?

Somatoforme Störungen beschreiben eine Gruppe psychischer Erkrankungen, bei denen verschiedene körperliche Beschwerden im Zentrum stehen. Allerdings kann trotz sorgfältiger Diagnostik keine organische Ursache festgestellt werden beziehungsweise stehen die gefundenen Auffälligkeiten in keiner Relation zu den Beschwerden. Sie werden manchmal auch als psychosomatische Störungen bezeichnet.

Schätzungsweise ein Drittel der Personen, die aufgrund diffuser Symptome eine hausärztliche Praxis aufsuchen, leiden unter einer somatoformen Störung. Der Begriff "somatoforme Störung" leitet sich von "soma" (griechisch: Körper) und "forma" (lateinisch: Form, Gestalt) ab.

Hoher Leidendruck bei Betroffenen

Menschen mit somatoformen Störungen haben oft eine Vielzahl an Arztbesuchen hinter sich und fühlen sich nicht ernst genommen. Die Verzweiflung der Betroffenen wächst und auch die behandelnden Fachleute sind oft ratlos. Dabei ist es wichtig zu betonen: Auch wenn keine auffälligen Befunde vorliegen, besteht kein Zweifel daran, dass die Beschwerden real und nicht eingebildet sind.

Formen somatoformer Störungen

Fachleute unterscheiden verschiedene Arten somatoformer Störungen:

  • Somatisierungsstörung: Es bestehen seit über zwei Jahren verschiedene Körperbeschwerden, für die sich keine organischen Ursachen finden lassen. Die Symptome können sich grundsätzlich auf jeden Teil und jedes System des Körpers beziehen. Typisch für Somatisierungsstörungen (auch: somatoforme autonome Funktionsstörung) sind beispielsweise ständige Unterbauchschmerzen, Engegefühl im Hals oder Druck auf der Brust.

  • hypochondrische Störung: Betroffenen haben die Überzeugung, an einer schweren Krankheit (etwa Krebs) zu leiden. Dabei werden sämtliche körperliche Signale auf die angenommene Erkrankung zurückgeführt.

  • Schmerzstörung: Diese Form ist durch langanhaltende Schmerzen (über sechs Monate) an unterschiedlichen Körperregionen ohne hinreichend erklärende organische Ursache gekennzeichnet. Die Schmerzen führen häufig zu Schlafstörungen und beeinträchtigen den gesamten Alltag.

Der Begriff "somatoforme Störungen" ist in der Bevölkerung noch weitgehend unbekannt. Weiter verbreitet sind hingegen das Reizdarmsyndrom, die Fibromyalgie und ME/CFS (chronisches Erschöpfungssyndrom), die alle zu dieser Gruppe gezählt werden.

Fibromyalgie: Wie äußert sich die Erkrankung?

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Symptome der somatoformen Störung

Somatoforme Störungen können sich in einer Vielzahl von Symptomen äußern. Die häufigsten sind:

Neben den somatoformen Körperbeschwerden leiden die Patient*innen oft auch an weiteren psychischen Krankheiten, insbesondere depressiven Störungen, Angststörungen und Störungen der Persönlichkeitsentwicklung.

Somatoforme Störung: Ursachen und Risikofaktoren

So vielfältig wie die somatoformen Störungen selbst, sind auch die Erklärungsmodelle für die zugrunde liegenden Auslöser. Meist lassen sich somatoforme Störungen auf körperliche und psychische Überlastung zurückzuführen. Welche Ursache jeweils vorliegt, muss individuell geklärt werden.

Faktoren, die vermutlich eine Rolle spielen, sind:

  • genetische Prädisposition, weil Verwandte ersten Grades ebenfalls häufig an somatoformen Störungen leiden

  • traumatische Erlebnisse in der Kindheit (etwa körperliche oder psychische Gewalt, Scheidungen der Eltern, Unfälle oder schwere Erkrankungen)

  • psychosoziale Belastungen, Dauerstress

  • Persönlichkeitsstruktur (unzureichende Bewältigungsstrategien)

  • intensive Selbstbeobachtung (Fokussierung auf Beschwerden)

Viele Patient*innen entwickeln zudem eine übertriebene Schonhaltung. Sportliche Aktivitäten werden aus Angst vor einer Symptomverschlimmerung vermieden. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf die Beschwerden oder die Betroffenen suchen in Chatforen oder medizinischen Lexika nach neuen Erkrankungen beziehungsweise möglichen Diagnosen.

Wie wird eine somatoforme Störung diagnostiziert?

Die Diagnose einer somatoformen Störung beruht zunächst auf dem Ausschluss anderer Ursachen, die die körperlichen Beschwerden erklären könnten. Erforderlich ist dazu eine ausführliche Erhebung der Krankengeschichte sowie eine eingehende körperliche Untersuchung mit Blutbild und Blutdruckmessung.

Des Weiteren können zum Einsatz kommen:

Auch psychische Belastungen sollten zur Sprache kommen. Eine Überweisung zu neurologischen oder psychiatrischen Fachleuten kann empfehlenswert sein, um Depressionen und andere psychische oder neurologische Begleiterkrankungen und Ursachen abzuklären.

Bei der Diagnosestellung müssen Ärzt*innen allerdings berücksichtigen, dass organisch bedingte Schmerzen ebenfalls zu psychischen Veränderungen führen können und daher nur schwierig von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung zu unterscheiden sind.

Behandlung einer somatoformen Störung

Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist zunächst der Aufbau eines vertrauensvollen Verhältnisses zwischen der erkrankten Person und den behandelnden Ärzt*innen. Die Behandlungseinheiten finden in der Regel ambulant statt. Es gibt aber auch Spezialkliniken, die auf somatoforme Störungen ausgerichtet. Häufig besteht die Behandlung aus einer Kombination verschiedener Ansätze:

Psychotherapie

Vielen Betroffenen fällt es zunächst schwer, psychische Belastungen als Ursache ihrer Beschwerden zu akzeptieren. Dann gilt es, vorhandene Muster, die zur Erkrankung geführt haben, zu erkennen und in Zukunft zu vermeiden.

Eine wirksame Möglichkeit dazu bieten psychotherapeutische Maßnahmen. Diese geben den Betroffenen und ihren Angehörigen die Möglichkeit, sich umfassend über die Erkrankung zu informieren und die Zusammenhänge zwischen Schmerz, Psyche und den bestehenden Bedingungen besser zu verstehen.

Bei der hypochondrischen Störung werden beispielsweise häufig in einer Verhaltenstherapie individuelle Krankheitsängste betrachtet und gemeinsam Methoden erarbeitet, mit diesen umzugehen.

Entspannungstechniken

Behandlungsziele sind unter anderem das Einüben von Entspannungsverfahren und Methoden zur Stressbewältigung. In der Praxis bewährt haben sich beispielsweise:

Sport- und Bewegungstherapie können inadäquates Schonverhalten abbauen und den Umgang mit Schmerzen erleichtern. Untrainierte Muskeln und Sehnen schmerzen schneller als trainierte. Außerdem verbessert körperliches Training das Körpergefühl sowie das psychische Wohlbefinden.

Medikamente

Eine medikamentöse Behandlung ist meist nicht erforderlich. Begleitende Angsterkrankungen oder Depressionen sollten jedoch gegebenenfalls behandelt werden. Auch bei Schmerzen ist zu Beginn einer Physiotherapie eine befristete Schmerzmittelgabe sinnvoll.

Prognose bei somatoformen Störungen

Wird die Diagnose einer somatoformen Störung rasch gestellt und eine entsprechende Behandlung eingeleitet, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Symptome auch wieder vollständig abklingen. In der Regel haben die Betroffenen jedoch meist bereits eine mehrjährige Krankengeschichte hinter sich, mit zahlreichen Praxiswechseln und erfolglosen Untersuchungen. Es können lange Krankschreibungen bis hin zur langfristigen Arbeitsunfähigkeit folgen.

Für eine ungünstige Prognose sprechen:

  • gleichzeitig vorliegende psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen
  • zusätzliche belastende Lebensumstände
  • gestörte Partnerschaft
  • enger zeitlicher Zusammenhang mit belastenden Lebensereignissen
  • starke Fixierung auf das Krankheitsbild
  • mangelndes soziales Umfeld
  • berufliche Unzufriedenheit
  • dauerhafte Pflege von Angehörigen

Bei fachgerechter Behandlung bestehen aber auch bei bereits chronischem Verlauf Chancen auf eine Besserung.

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