Autismus-Spektrum-Störung

Asperger-Syndrom: Anzeichen, Ursachen und Diagnose

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Das Asperger-Syndrom ist eine Form des Autismus, die durch Besonderheiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation gekennzeichnet ist. Menschen mit dieser Kontakt- und Kommunikationsstörung sind jedoch meist normal oder sogar überdurchschnittlich intelligent. Was sind weitere typische Symptome und wie wird die Diagnose gestellt?

Mädchen mit Asperger-Syndrom liest Buch
© Getty Images/SeventyFour (Symbolbild)

Kurzübersicht: Häufige Fragen und Antworten

Wie äußert sich das Asperger-Syndrom? Die typischen Anzeichen des Asperger-Syndroms treten oft erst zu Beginn des dritten Lebensjahres auf. Kinder mit Asperger-Syndrom meiden meist den Kontakt zu anderen Menschen. Direkter Blickkontakt ist ihnen unangenehm und ihre Bewegungen wirken oft unbeholfen. Sie neigen zu repetitivem Verhalten und bevorzugen feste Rituale.

Was ist der Unterschied zwischen Asperger und Autismus? Im Gegensatz zu autistischen Personen haben Menschen mit Asperger-Syndrom keine kognitiven oder sprachlichen Entwicklungsverzögerungen.

Wird Asperger als Behinderung anerkannt? Autismus und Asperger sind Behinderungen im Sinne des Sozialgesetzbuches. Auf dieser Grundlage können autistische Menschen einen Schwerbehindertenausweis beantragen.

Artikelinhalte im Überblick:

Autismus: 9 mögliche Symptome und Anzeichen

Was ist das Asperger-Syndrom?

Beim Asperger-Syndrom handelt es sich um eine Kontakt- und Kommunikationsstörung, die zu den Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) zählt. Sie ist vor allem gekennzeichnet durch

  • fehlendes Interesse an sozialen Kontakten,
  • mangelndes Einfühlungsvermögen,
  • Festhalten an Gewohnheiten und Ritualen sowie
  • Spezialinteressen.

Schätzungen zufolge haben etwa 2 bis 3 von 10.000 Kindern das Asperger-Syndrom. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen.

Abgrenzung zu anderen Autismus-Spektrum-Störungen

Das Asperger-Syndrom unterscheidet sich von anderen Autismus-Spektrum-Störungen vor allem dadurch, dass keine Verzögerungen in der kognitiven Entwicklung und Sprachentwicklung zu beobachten sind. Menschen mit Asperger-Syndrom haben eine normale oder sogar überdurchschnittliche Intelligenz.

Auffälligkeiten zeigen sich in der Regel ab dem dritten Lebensjahr. Oft werden sie aber auch erst im Kindergarten- oder Schulalter deutlich, wenn es zum Kontakt mit Gleichaltrigen kommt.

Symptome des Asperger-Syndroms

Das Erscheinungsbild des Asperger-Syndroms ist geprägt durch eine Kombination mehrerer Defizite, vor allem in der sozialen Kommunikation und Interaktion. Dabei können die Symptome und ihre Ausprägungen stark variieren. Typische Merkmale sind:

  • Besonderheiten im Umgang mit Mitmenschen: Kinder mit dem Asperger-Syndrom fügen sich nur schwer oder gar nicht in Gruppen ein. Sie leben lieber zurückgezogen und beschäftigen sich allein mit ihren ganz speziellen Interessen. Zudem meiden sie Blickkontakt und haben Schwierigkeiten, nonverbale Kommunikation wie Gesichtsausdrücke zu interpretieren.

  • eingeschränkte motorische Fähigkeiten: Menschen mit Asperger-Syndrom wirken oft tollpatschig, ungelenk und bei alltäglichen Dingen ungeschickt.

  • sprachliche Auffälligkeiten: Die Sprache erscheint gewählt bis gebildet, der Tonfall stets neutral und in der Stimmfarbe eher monoton. Asperger-Betroffenen zuzuhören wird weiter erschwert, da diese sich nicht an ihren Zuhörer*innen orientieren können und deshalb zu schnell oder in zusammenhangslosen Sätzen sprechen. Andererseits können bei Lieblingsthemen endlose Reden entstehen.

  • spezielle Fähigkeiten und Interessen: Asperger-Betroffene legen ihren Fokus auf Hobbys, die keinen Kontakt zu ihren Mitmenschen erfordern. Darin sind sie teils überbegabt und verfolgen diese mit Leidenschaft (Inselbegabung). Ihre Vorlieben liegen thematisch oftmals in wissenschaftlichen, für sie rational erklärbaren Bereichen wie der Mathematik, Astronomie, Informatik oder Physik oder sie entwickeln Sammelleidenschaften für außergewöhnliche Dinge.

  • ritualisierte Verhaltensweisen: Menschen mit Asperger planen ihren Tagesablauf akribisch und bevorzugen feste Rituale, um Alltagssituationen zu bewältigen. Wenn dann morgens die Milch unerwartet leer ist, gerät das ganze Konzept des Tagesablaufs ins Wanken und stürzt die Betroffenen in nervöse Erregungszustände.

Asperger-Syndrom: Was sind die Ursachen?

Die genauen Ursachen für das Asperger-Syndrom sind noch nicht erforscht. Bekannt ist aber, dass die Autismus-Form durch bestimmte Veränderungen im Wachstum des Gehirns in einer frühen Entwicklungsphase entsteht. Dies wirkt sich insbesondere auf die Anzahl der Nervenverbindungen (Konnektome) aus.

Als Risikofaktoren für das Asperger-Syndrom gelten:

  • höheres Alter von Mutter und Vater
  • Einnahme von Medikamenten in der Schwangerschaft, etwa Antiepileptika oder Antidepressiva
  • Rötelninfektion während der Schwangerschaft

Zudem gilt eine genetische Komponente als weitgehend gesichert. Haben Eltern ein Kind mit Autismus-Spektrum-Störung, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 10 bis 20 Prozent, dass ein weiteres Kind ebenfalls die Diagnose erhält.

Asperger-Syndrom: Wie wird die Diagnose gestellt?

Die Diagnose des Asperger-Syndroms ist komplex und zeitintensiv. Die Untersuchungen finden in der Regel bereits im Kindesalter statt. Sie sollten nur von entsprechend erfahrenen und auf ASS spezialisierten Fachleute durchgeführt werden. Neben der betroffenen Person selbst werden meist enge Bezugspersonen, etwa die Eltern, in den Prozess miteinbezogen.

Zur Beurteilung, ob ein Asperger-Syndrom vorliegen könnte, kommen verschiedene Screening-Instrumente zum Einsatz. Dabei handelt es sich um wissenschaftlich fundierte Fragebögen oder Skalen, die von Betroffenen selbst, Bezugspersonen oder beobachtenden Fachleuten ausgefüllt werden.

Werden Auffälligkeiten in den Bereichen Kommunikation, soziale Interaktion sowie stereotype Verhaltensmuster und Aktivitäten beobachtet, die kognitive und sprachliche Entwicklung erscheint aber unauffällig, wird das Asperger-Syndrom diagnostiziert.

Asperger – umstrittene Diagnose

In der ICD-11 sowie in der fünften Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) ist das Asperger-Syndrom keine eigenständige Diagnose mehr, sondern wird zu den Autismus-Spektrum-Störungen gezählt.

Unter Fachleuten ist umstritten, ob es sich beim Asperger-Syndrom um ein eigenständiges Krankheitsbild handelt oder ob es nur geringe Unterschiede zum Autismus gibt. Auch viele Betroffene wehren sich gegen Begriffe wie Behinderung oder Krankheit. Ihrer Meinung nach haben sie einfach eine andere Art der Wahrnehmung (Stichwort: Neurodiversität).

Aber auch die Bezeichnung selbst ist umstritten, da Asperger-Autismus nach dem österreichischen Arzt Hans Asperger benannt wurde. Dieser soll am Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten beteiligt gewesen sein.

Asperger-Syndrom im Erwachsenenalter

Menschen mit Asperger-Syndrom müssen sich im Berufsalltag meist besonderen Herausforderungen stellen. Das bedeutet nicht, dass sie beruflich nicht sehr erfolgreich sein können. Allerdings ist eine Unterstützung der Vorgesetzten hilfreich. Ist beispielsweise das Führen von Telefonaten für Betroffene schwierig, kann vereinbart werden, bevorzugt per E-Mail zu kommunizieren.

Je nach Person unterscheidet sich auch, wieviel Unterstützung Menschen im Alltag benötigen. Manche Menschen mit Asperger-Syndrom brauchen nur in bestimmten Phasen, etwa nach dem Auszug aus dem Elternhaus, Hilfe. Andere sind ein Leben lang auf irgendeine Form der Unterstützung angewiesen.

Therapien bei Asperger-Syndrom

Das Asperger-Syndrom ist nicht heilbar, da die Entstehung bereits in der embryonalen Entwicklung stattfindet und zentrale Gehirnstrukturen unveränderlich beeinflusst. Es gibt jedoch eine Vielzahl an symptomatischen Therapiemöglichkeiten, die den Betroffenen helfen, mit Asperger im Alltag einfacher zu leben.

Wird die Diagnose Asperger-Syndrom als behandlungswürdig eingestuft, werden meist individuelle Förder- und Betreuungsangebote festgelegt.

Zu den wichtigsten Therapiezielen gehören:

  • Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten
  • Übung im Umgang mit Emotionen
  • Schulung in der Fähigkeit, Probleme lösen zu können

Die Behandlung wird auf individuelle Bedürfnisse angepasst und kann beispielsweise auch Logopädie, Ergotherapie, Verhaltenstherapie oder Musiktherapie umfassen. Vielen Patient*innen hilft zudem der Austausch mit anderen Betroffenen, etwa in Selbsthilfegruppen oder Foren.

Welche Medikamente helfen gegen Asperger-Autismus?

Eine ursächliche, medikamentöse Therapie gegen das Asperger-Syndrom gibt es nicht. Wird das Asperger-Syndrom aber beispielsweise von anderen Erkrankungen wie ADHS begleitet, können diese medikamentös behandelt werden. Auch wenn die Entwicklungsstörung mit einer gesteigerte Aggressivität oder – aufgrund von sozialen Konflikten – depressiven Episoden und Schlafstörungen einhergeht, können entsprechende Arzneimittel hilfreich sein.

Wichtig:

Nicht immer muss ein diagnostizierter Asperger-Autismus behandelt werden. Sind die Symptome nur leicht ausgeprägt, so wird der Asperger zwar anerkannt, aber nicht als Krankheit betrachtet. Werden Betroffene mit milden Formen des Autismus in eine Patient*innen-Rolle gedrängt, können sich die Symptome verstärken. Fachleute raten in diesem Fall dazu, die vereinzelten, leichten Symptome zu akzeptieren und weitestgehend zu ignorieren.

ADHS bei Erwachsenen und Kindern: 20 wichtige Symptome
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