Darmschwäche

Stuhlinkontinenz: Hilfe bei unkontrolliertem Stuhlabgang

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Eine Stuhlinkontinenz liegt vor, wenn Betroffene Darminhalte nicht zurückzuhalten können und es zum ungewollten Abgang von Darmgasen oder Stuhlverlust kommt. Erfahren Sie, welche Ursachen zu einer Stuhlinkontinenz führen und welche Therapiemöglichkeiten und Hilfsmittel es gibt.

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© Getty Images/Anastasija Vujic

Über das Thema Stuhlinkontinenz wird ungern gesprochen, dabei ist es ein häufiges Problem. Laut der Deutschen Kontinenz Gesellschaft sind etwa fünf Prozent aller Deutschen von einer Stuhlinkontinenz betroffen, die Häufigkeit steigt mit zunehmendem Alter. Während in jüngerem Alter mehr Frauen als Männer betroffen sind, ist die Verteilung im höheren Alter bei beiden Geschlechtern gleich.

Artikelinhalte im Überblick:

15 Fragen zum Stuhlgang

Was ist eine Stuhlinkontinenz?

Menschen mit Stuhlinkontinenz können die Entleerung ihres Darmes nicht mehr bewusst steuern. Die Folge: Es kommt zu einem unkontrollierten Abgang von Darmgasen, Darmschleim oder Stuhlgang. Umgangssprachlich wird häufig auch von einer Darminkontinenz oder Darmschwäche gesprochen.

An einer Stuhlinkontinenz leiden überwiegend ältere Menschen, da mit zunehmendem Lebensalter die Gewebeelastizität des Beckenbodens abnimmt und der Schließmuskel des Afters schwächer wird. Etwa zehn Prozent der über 65-Jährigen zeigen Symptome, in Pflegen- und Altenheimen sind es über 50 Prozent. Aber auch andere Ursachen wie eine Schwangerschaft, Übergewicht oder Erkrankungen des Darms fördern die Entstehung einer Stuhlinkontinenz.

Unterschiedliche Schweregrade von Stuhlinkontinenz

Die Stuhlinkontinenz ist bei Betroffenen unterschiedlich stark ausgeprägt. Fachleute unterscheiden drei Schweregrade von Darminkontinenz. Für die Bewertung werden verschiedene Kriterien wie Häufigkeit, Konsistenz des Stuhls (zum Beispiel fest, flüssig) und die Beeinträchtigung der Lebensgewohnheiten herangezogen und nach einem Punktesystem bewertet.

Je nach Schwere der Symptome wird die Stuhlinkontinenz in drei Grade unterteilt:

  • Grad 1: Es kommt nur gelegentlich zu einem Abgang von Darmgasen. Nach körperlicher Belastung können unter Umständen Kotspuren in der Unterwäsche entdeckt werden (Stuhlschmieren).

  • Grad 2: Betroffene können noch festen Stuhl zurückhalten, nicht aber Darmgase sowie flüssigen oder breiigen Stuhl.

  • Grad 3: Der Stuhldrang kann nicht mehr kontrolliert werden. Auch fester Stuhl geht unwillkürlich ab.

Manchmal tritt die Stuhlinkontinenz in Verbindung mit einer Harninkontinenz auf. Dann sprechen Fachleute von einer doppelten Inkontinenz.

Stuhlinkontinenz: Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen der Stuhlinkontinenz sind sehr vielfältig. Liegt eine Störung von Nerven vor sprechen Fachleute von einer primären Stuhlinkontinenz. Andernfalls ist von einer sekundären Stuhlinkontinenz die Rede. Häufig führt eine Kombination mehrerer Auslöser zur Darminkontinenz.

Primäre Stuhlinkontinenz

Bei einer primären Stuhlinkontinenz liegen direkte Schäden an Nerven vor, welche die Darmentleerung steuern. Krankheiten, die zu einer solchen Nervenschädigung führen können, sind beispielsweise:

Sekundäre Stuhlinkontinenz

Eine unkontrollierbarer Stuhlgang kann aber auch Folge von anderen zugrundeliegenden Faktoren oder Erkrankungen sein. Dazu gehören:

  • Gestörte Funktion des Schließmuskels am Darmausgang: Diese kann beispielsweise durch Verletzungen bei Geburten (Dammriss) oder Operationen (beispielsweise aufgrund einer Analfistel) entstehen.

  • Beckenbodenschwäche: Durch (mehrere) Geburten oder starkes Übergewicht wird der Beckenboden geschwächt. Zudem verlieren Muskulatur und Bindegewebe mit zunehmendem Alter an Spannkraft.

  • Magen-Darm-Erkrankungen: Beispielsweise können auch Enddarmentzündungen (Proktitis), chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, Tumoren im Bereich des Enddarms, Hämorrhoiden oder ein Vorfall des Mastdarms (Rektumprolaps) zu einer Darminkontinenz führen.

  • Chronische Verstopfung: Infolge von lang andauernder Verstopfung (Obstipation) können sich Kotsteine (Fäkalome) bilden. Hinter diesen staut sich flüssigerer Stuhl im Darm, der bei Entstehung eines ausreichenden Drucks an dem Fäkalom vorbeifließt und sich entleert.

  • Medikamente: Auch durch einige Arneimittel, zum Beispiel durch die langjährige Einnahme von Abführmitteln, kann eine Darmschwäche gefördert werden.

  • Psychische Störungen: Seelische Faktoren können ebenfalls zu einer Stuhlinkontinenz führen. So kann es beispielsweise infolge einer Psychose oder eines Traumas dazu kommen, dass Betroffene in kleinkindliche Verhaltensweisen zurückfallen und sich einkoten.

Diagnose: Wie wird Stuhlinkontinenz festgestellt?

Ausschlaggebend für die Diagnose einer Stuhlinkontinenz ist eine ausführliche Befragung (Anamnese) durch die*den Ärztin*Arzt. Für viele Betroffene ist es sehr schwierig und peinlich, ihre Probleme zur Sprache zu bringen. Um die notwendige Diagnostik und Behandlung einleiten zu können, ist es jedoch unerlässlich, den unkontrollierten Stuhlverlust beim Besuch in der ärztlichen Praxis anzusprechen.

Die körperliche Untersuchung beinhaltet die Betrachtung des Analbereichs sowie die Abtastung des Enddarms mit dem Finger (digitale rektale Untersuchung).

Zur vollständigen Diagnose sind weitere Untersuchungen möglich. Dazu gehören:

  • Anorektale Endosonografie: Ultraschalluntersuchung über den Anus

  • Darmspiegelung: Untersuchung des untersten Darmabschnitts (Proktoskopie), des Enddarms (Rektoskopie) oder des gesamten Dickdarms auf Veränderungen mithilfe eines speziellen optischen Gerätes

  • Manometrie: Druckmessung, welche die Kraft des Schließmuskels in Ruhe und bei Zusammenziehen aufzeigt und Gefühls- sowie Koordinationsstörungen erfassen kann

  • Defäkografie: Radiologische Untersuchung des Enddarms, bei der der Vorgang der Stuhlentleerung nach Verabreichung von Kontrastmittel aufgezeichnet wird

Behandlung bei Stuhlinkontinenz: Diese Möglichkeiten gibt es

Die Therapie der Stuhlinkontinenz richtet sich nach den Auslösern der Störung. In erster Linie muss die Grunderkrankung, die zu Stuhlinkontinenz führt, behandelt werden. Darüber hinaus stehen weitere konservative und operative Maßnahmen zur Verfügung.

Ernährung bei Stuhlinkontinenz

Ein wichtiger Schritt bei der Behandlung ist die Regulierung eines geschmeidigen Stuhlgangs. Das bedeutet, die Stuhlkonsistenz sollte weder zu fest noch zu flüssig sein.

Vor allem eine ballaststoffreiche Ernährung, eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme (mindestens 1,5 Liter pro Tag) und viel Bewegung tragen dazu bei, den Stuhlgang zu normalisieren und die Verdauung anzukurbeln. Zudem sollte die Toilette regelmäßig besucht werden, um den Darm zu entleeren (Toilettentraining).

Auch kann es hilfreich sein, ein Ernährungs- und Stuhltagebuch zu führen. Darin können Nahrungsmittel und Getränke eingetragen werden, die sich positiv oder negativ auf die Stuhlgewohnheiten auswirken.

Beckenbodentraining bei Stuhlinkontinenz

Eine Ursache für Stuhlinkontinenz ist oftmals eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur. Daher ist es hilfreich, den Beckenboden mit regelmäßigen Übungen gezielt zu trainieren. Beckenbodentraining ist allerdings nicht nur für die Therapie von Stuhlinkontinenz empfehlenswert, sondern auch zur Vorbeugung geeignet.

Die Beckenbodenmuskulatur kann zudem durch eine Elektrostimulation trainiert werden. Durch Elektroden, die in den Anus eingeführt werden und elektrische Impulse übertragen, wird die Muskulatur zur Kontraktion angeregt.

Biofeedback bei Stuhlinkontinenz

Vor allem Menschen, die Schwierigkeiten haben, den eigenen Beckenboden und die Schließmuskelspannung wahrzunehmen, kann eine Biofeedbacktherapie helfen. Patient*innen lernen, die Schließmuskelspannung bewusst zu steuern. In den Übungen bekommen sie beispielsweise einen kleinen Ballon in den Analkanal platziert, den sie zusammendrücken müssen.

Medikamente bei Stuhlinkontinenz

Arzneimittel wie Loperamid, die vor allem bei Durchfall verabreicht werden, können versuchsweise zur Verminderung der Stuhlinkontinenz eingesetzt werden, bei Erfolg auch als Dauertherapie. Alternativ bieten sich auch pflanzliche Quellmittel, beispielsweise Flohsamenschalenan, da sie wasserbindend wirken. Sie können bei flüssigem Stuhlgang sowie bei Stuhlschmieren die Beschwerden lindern.

Bei chronischer Verstopfung können hingegen Abführmittel (Laxanzien) den Stuhlgang fördern. Eine medikamentöse Behandlung bei Stuhlinkontinenz muss immer ärztlich abgesprochen werden.

Operative Behandlungsverfahren

Können konservativen Behandlungsverfahren die Beschwerden einer Stuhlinkontinenz nicht bessern, kann in einigen Fällen eine Operation durchgeführt werden. Beispielsweise kann ein beschädigter Schließmuskel durch eine Operation wieder eine normale Funktion erhalten.

  • Operation am Schließmuskel: In seltenen Fällen kann eine Sphinkter-Ersatztherapie zum Einsatz kommen, bei welcher der Schließmuskel durch körpereigene oder fremde Implantate ersetzt wird. Diese Operationen sind sehr aufwendig und häufig mit Komplikationen behaftet.

  • Sakrale Neurostimulation: Eine weitere Methode zur Behandlung von Stuhlinkontinenz ist die Sakralnervenstimulation (sakrale Neurostimulation). Dabei werden die Nerven, die für die korrekte Funktion des Schließmuskels von Bedeutung sind, mithilfe eines elektrischen Impulsgebers (Schrittmacher) stimuliert. Vor dem operativen Eingriff, der eine Implantation des Schrittmachers beinhaltet, wird eine Testphase mit einem externen Gerät durchgeführt.

Stuhlinkontinenz: Welche Hilfsmittel gibt es?

Eine weitere wichtige Säule bei Stuhlinkontinenz ist die Verbesserung der Lebensqualität durch Hilfsmittel. Diese können die Inkontinenz zwar nicht heilen, Betroffenen aber ein sicheres Gefühl im Alltag geben. Folgende Stuhlinkontinenz-Hilfsmittel stehen zur Verfügung:

  • Analtampons: ähnlich wie ein Menstruationstampon, der von Betroffenen selbst in das Rektum eingeführt werden kann

  • Fäkalkollektor: über dem After platzierter Beutel, der Stuhl aufnimmt und vor allem bei bettlägerigen Patient*innen angewandt wird

  • Aufsaugendes Inkontinenzmaterial: zum Beispiel Bettschutzeinlagen, Windeln für Erwachsene

Inkontinenzartikel wie Bettschutzeinlagen oder Windeln können den Alltag für Pflegende, insbesondere in Pflegeheimen, sehr erleichtern. Nach erfolgtem Stuhlgang sollten Pflegebedürftige allerdings schnellstmöglich gereinigt werden. Stuhlreste können die Haut reizen und zu Entzündungen führen.

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