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Antidepressiva und Reizdarm

Kategorie: Sonstige-Medizin » Expertenrat Schmerzen | Expertenfrage

17.04.2016 | 16:48 Uhr

Hallo Frau Dr. Meyer,

ich leide an einem Reizdarm, verbunden mit Stuhlunregelmäßigkeiten (Durchfall oder Verstopfung oder auch normal), Blähungen, Krämpfe (Hyperperistaltik) verbunden mit starken Schmerzen welche die Lebensqualität stark einschränken.

Mittlerweile habe ich außerdem depressive Verstimmungen deswegen, Erschöpfung, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Lustlosigkeit.

Das einzige was mir wirklich geholfen hat ist das Amitriptylin in einer Dosierung von 100 mg. Nur macht es wirklich sehr müde und ich habe Schlafstörungen bekommen. Die Depression wurde schlechter statt besser. Versuchsweise Dosissteigerung bis 150 mg war erfolglos.

Jetzt habe ich Amitriptilin abgesetzt und mit Imipramin weitergemacht, auch 100 mg. Die Müdigkeit und der trockene Mund sind besser, allerdings habe ich jetzt wieder Schmerzen.

Gibt es ein Antidepressivum welches anticholinerg wirkt und nicht müde macht?

Danke und grüße

 

Missy

 

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Bisherige Antworten
Alexandra Mayer
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18.04.2016, 15:45 Uhr
Antwort von Alexandra Mayer

Guten Tag Missy,

bei Verordnung von Antidepressiva zur Behandlung von Schmerzsyndromen kann man leider im Vorfeld abschätzen, mit welchem der Nebenwirkungen der Patient - im Fall Sie - indivduell reagieren.

Besprechen Sie doch mit Ihrem Arzt eine Kombination aus einem morgendlichen antriebssteigernden Medikament, z.B. Venlafaxin in schrittweiser Aufdosierung und einem abendlich schlafinduzierendem Medikament, z.B. Mirtazapin in niedriger Dosis.

Beste Grüße

Dr. A. Mayer

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18.04.2016, 17:05 Uhr
Antwort

Hallo Frau Dr. Mayer,

danke für Ihre Antwort. Ich komme gerade vom Arzt und er hat mir Duloxetin verschrieben. Zuerst wollte er mir Citalopram verschreiben. Aber SSRI sind doch bei Durchfall nicht indiziert, oder?

Vielleicht probiere ich es ja zusätzlich mit Amitritylin 10 oder 25 mg abends. Vielleicht geht es bei einer niedrigen Dosis mit den Nebenwirkungen.

Momentan habe ich kein Schmerzmittel das wirkt. Buscopan oder Paracetamol haben noch nie gewirkt. Novaminsulfon wirkt nicht mehr, ich habe gestern eine Überdosis genommen, jetzt ist mir übel. Jetzt soll ich Arcoxia probieren.

Wodurch wirkt ein Antidepressivum schmerzlindernd bzw. durch die Blockierung welcher Rezeptoren?

Danke und grüße
 
Missy
Alexandra Mayer
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20.04.2016, 15:27 Uhr
Antwort von Alexandra Mayer

Guten Tag Missy,

mit Duloxetin haben sie ein gut wirksames co-analgetisches Antidepressivum erhalten. Dies kann in der Tat mit Amitriptylin kombiniert werden. Empfehle Amitriptylin gegen 19:00 Uhr einzunehmen, um den morgendlichen "overhang" zu vermeiden.Antidepressiva wirken auf den Stoffwechsel der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin im Gehirn und "stabilisieren" hierdurch die Nervenleitung für langsamleitende Nervenfasern und im folgenden verbessert sich die Stimmung und reduziert sich die Schmerzwahrnehmung. Die Wirkung tritt nicht sofort ein, sondern - patientenindividuell - erst im Laufe von ca 4-8 Wochen.

Beste Grüße

Dr A Mayer

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24.04.2016, 20:52 Uhr
Antwort

Hallo Frau Dr. Mayer,

erstmal danke für Ihre Antwort, ich finde Ihre Ratschläge generell sehr gut. So viel Achtung und Verständnis bekommt man nicht von jedem Arzt.

Ich werde jetzt doch erstmal doch beim Imipramin bleiben, da es jetzt (nach einer Woche) Wirkung zeigt (genauso gut wie beim Amitriptylin). Außerdem war der Wechsel sehr unangenehm, da ich wieder Schmerzen und Krämpfe hatte, dabei habe ich es überlappend genommen, d.h. 50 mg Imipramin morgens, 50 mg Amitryptilin abends für 3 Tage, dann 75 mg Imipramin morgens/mittags und 25 mg Amitriptylin abends für 2 Tage. Danach nur noch 100 mg Imiramin aufgeteilt auf 2 Dosen.

Die Nebenwirkungen (zumindest die unangenehmen) sind weg, ich bin nicht mehr so müde, kein "overhang" mehr, ich kann wieder einigermaßen schlafen und habe keine Alpträume mehr. Die Mundtrockenheit ist besser. Nur friere ich seit einigen Tagen sehr.

Meine Fragen noch:

Bei Antidepressiva generell und bei trizyklischen Antidepressiva ganz besonders wird das Risiko einer Gewichtszunahme immer betont. Wieso? Wirken die Präparate wie z.B. Cortison auf den Stoffwechsel (z.B. Blutzucker, heute morgen 66 mg/dl) und verlangsamen ihn? Oder nur wegen einer evtl. eintretenden Appetitsteigerung und/oder einer verminderten Aktivität durch die beruhigende Wirkung?

Wie findet man am besten die optimale Dosis in Bezug auf die Psyche? In Bezug auf die Schmerzen 75 mg, noch besser 100 mg, da bin ich jetzt. Eine höhere Dosis brachte mir zumindest beim Amitriptylin keinen Mehrwert (in Bezug auf die Schmerzen, psychisch half es mir sowieso kaum). Intuitiv würde ich jetzt 4 Wochen hier verbleiben und abwarten.

Eigentlich wollte ich noch Fragen was Ihrer Meinung nach die Ursache(n) für somatische Beschwerden wie Fibromyalgie, Migräne, Reizdarm usw. ist/sind. Aber ich denke das sprengt hier den Rahmen. Ich habe Ihre Internetseite sowie wissenschaftliche Publikationen hierzu gelesen und bin zu dem Schluss gekommen, dass hier wahrscheinlich mehrere Einflussfaktoren (körperliche z.b. immunologische, hormonelle, genetische sowie psychische) zusammenkommen und bezüglich der Psyche eine Wechselbeziehung (also psychische Faktoren tragen zum Reizdarm bei, umgekehrt führen die Beschwerden wiederum zu psychischen Beinträchtigungen) besteht.

Ich muss gerade weinen, nicht weil ich traurig bin, sondern weil es mir besser geht, weil es gut getan hat, Ihnen das zu Schreiben. Normalerweise weine ich nie, selbst vor mir selbst kann ich schwer Gefühle zeigen.

Danke und grüße

Missy

Alexandra Mayer
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03.05.2016, 16:45 Uhr
Antwort von Alexandra Mayer

Guten Tag Missy,

die Gewichtszunahme unter  Antidepressiva ist ein vieldiskutiertes Thema. Kurz erklärt findet unter tri und tetrazyklischne Antidepressiva, wie zum Beispiel Amitriptylin, die Hemmung bestimmter Rezeptoren statt und hierunter entsteht - leider - die Steigerung des Appetits, sofern man nicht selbst vorrausschauend - dizipliniert - dagegenwirkt. Bei SSRi und NSRI Antidepressiva kommt es vielmehr zur Gewichtsabnahme durch Aktivierung der zentralen AppetitlosigkeitsRezeptoren.

Ich würde auch erstmal die aktuell erreichte Dosis von 100 mg Amitriptylin beibehalten und vor allem das morgendlich antriebssteigernde Medikament - ich meine mich zu errinnern, dass Sie Citalopram einnehmen - in Rücksprache mit Ihrem Arzt ggf steigern oder wechseln auf ein morgendliched co-analgetisches antriebssteigerndes Antidepressivum: z.B. Duloxetin oder Venlafaxin, denn dann könnten Sie im Fall auch die abendliche Dosis von Amitriptylin wieder reduzieren...?

Bezüglich Ihrer weiteren Fragen nach Fibromyalgie, Reizdarm und Migräne - um dies zu beantworten ist vor allem vordergründig ein persönliches Gespräch zu empfehlen, wegen der Interaktivität der Kommunikation. Fragen Sie doch mal Ihrem Arzt wegen einem längeren Beratungsgespräch.

Alles Gute für Sie von Herzen mit besten Grüßen

Dr A Mayer

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