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Bitte dringend um Hilfe, rätselhafter Symptomkomplex

Kategorie: Innere Medizin » Expertenrat Innere Medizin | Expertenfrage

06.01.2015 | 19:34 Uhr

Hallo, liebe Experten,

ich bin sehr verzweifelt, da ich seit fast 10 Monaten nicht weiß, welche Ursache hinter meiner Erkrankung/den Symptomen steht. Ich weiß, dass Sie keine Ferndiagnosen stellen können, aber vielleicht haben Sie ja eine Idee, in welche Richtung man noch untersuchen könnte. Dazu muss ich leider meine Krankengeschichte erläutern, was nicht mit 3 Zeilen getan ist. Versuche, mich kurz zu fassen.

Im März letzten Jahres wurde mir morgens beim Frühstückzubereiten plötzlich ganz komisch: als ich einen Gegenstand vom Boden aufheben wollte, schien dieser unter mir zu wippen, plötzlich fühlten sich meine Extremitäten wie Blei an und mir war, als würde mein Körper magnetisch zu Boden gezogen, alles schwankte und ich konnte mich nicht mehr aufrichten, schleppte mich mit eingeknickten Beinen taumelnd ins Nebenzimmer und legte die Beine hoch. Mein Kreislauf schien in Odnung, daran lag es nicht. Immer, wenn ich mich wieder aufrichten wollte, war da so ein ganz schweres Gefühl im Bauch und ich konnte weder meine Arme richtig heben noch gerade stehen. Der Zustand hielt ca. eine halbe Stunde an, ließ etwas nach. Trinken und Traubenzucker halfen nicht. Dann ließ ich mich in die Notfallambulanz fahren, dort wurde eine hochgradige Eisenmangelanämie festgestellt und als Ursache benannt. Ich kenne Eisenmangelsymptome (hatte ich bereits mehrfach aufgrund starker Regelblutung) und diese waren andere als die nun aufgetretenen. Im Vorfeld des Anfalls war ich weder müde noch abgeschlagen, hatte abends zuvor sogar noch Sport getrieben. Ich wurde nach Hause geschickt, begann mit Eisenpräparat und verbrachte den Tag ruhend. Bei jedem Aufstehen war mir eigenartig leierig zumute und ich fühlte mich ganztags grippal, jedoch ohne einen Infekt zu haben. Im Bauch hatte ich ein bis dato nicht gekanntes Hohlgefühl trotz ausreichender Nahrungsaufnahme, so als ob Darm komplett leer sei und irgendwie auch so ein schwer zu beschreibendes Entzündungsgefühl in Lunge und Darm. Am Abend raffte ich mich zu einem Spaziergang auf, bei dem mir mein linkes Bein und der linke Arm schwer wie Blei vorkamen und wie nicht richtig koordinierbar, letzteres nur gefühlsmäßig, denn ich war weder bewegungseingeschränkt noch gelähmt o. dgl. Ich nahm weiterhin Eisen ein, bemerkte ein Nachlassen der Linksseitensymptomatik, war aber nicht mehr fit wie zuvor. Irgendwie immer wacklig auf den Beinen, schwächlich, grippales Gefühl, mitunter trockener Reizhusten. Nach 4 Wochen erneuter Schwächeanfall, anders, eher mit Kreislaufbeteiligung. Eisenwerte und dazugehörige Blutwerte waren zu dem Zeitpunkt wieder im unteren Normbereich. Dennoch ist nichts mehr wie vorher. Bis heute tagtäglich eine extreme Körperschwere wechselnder Intensität, ein innerliches Entzündungsgefühl, Hustenreiz, Krankheitsgefühl, jedoch keine Müdigkeit oder Abgeschlagenheit, wie man sie von Infekten her kennt. Linker Arm stets wie schwach und schwer und unkoordinierbar, manchmal auch im linken Bein. Ende April kam noch eine Infektion mit Parvovirus B19 hinzu (ganze Familie). Da bei mir im Vorfeld V. a. undiff. Kollagenose bestand aufgrund wechselnder Sehnen-/Gelenksentzündungen, zwei bis drei Raynaud-Episoden und erhöhten ANAs und ds-DNA-AK, wurde die Diagnostik in diese Richtung geführt mit zwei gegensätzlichen Ergebnissen: SLE ja und SLE unwahrscheinlich/atypisch. 10 mg Prednisolon 4 Wochen und Quensyl brachten keine Besserung, ich hatte eher das Gefühl, dass es unter Cortison noch schlimmer wurde. Mitunter fühlte ich mich so schwach und fiebrig, dass ich kaum gerade gehen konnte. Eine Stuhlprobe in der Klinik erbrachte Entdeckung Infektion mit giardia lamblia, was 7 Tage mit Metronidazol therapiert wurde. Danach 4 Proben negativ, auch keine anderen Parasiten. Abdomen-Sono in erster Klinik ergab leicht Aszites und geringe Pleuraergüsse re>li, in erneuter Sono am gleichen Tag (!) mit anderem Gerät und anderem Untersucher nichts. In zweiter Klinik Abdomen-Sono o.B., Darmspiegelung Normalbefund, Gastro-Duodenoskopie Marsh I, nichtfloride Pangastritis, Zöliakie aber im Serumtest negativ, auch kein IgA-Mangel, daher keine falsch-negativen Gewebstransglutaminase-Werte, also keine Zöliakie. Schädel-MRT o.B. Röntgen-Thorax o.B. Bronchoskopie wurde als Normalbefund gewertet bei lymphozytärer BAL mit niedriger CD4/CD8-Ratio. Herz-Sono o.B., Langzeit-EKG o.B. Sollte daher SLE-Medikation absetzen. Lumbalpunktion Normwerte (nur leicht erhöhte Eiweiße). Evozierte Potenziale i.O. Abulante Nephrolohie: Sämtliche Urin- und Serumwerte normgerecht, Nieren-Sono o.B. Infektiologisch fielen hohe Herpes-IgM auf (hatte nie Herpessymptome), alle 4 EBV-Werte positiv, zwei davon stark erhöht. Kein Hinweis auf Bakterien im Blut, keine Tbc. Was sich wie ein roter Faden durch alle Laborberichte zieht, sind eine Eisenmangelanämie (teilweise wieder im unteren Normbereich) sowie leicht erhöhte Leukozyten und stets erniedrigte Lymphozyten (die allerdings sämtlich im Normbereich liegen bei genauer Aufschlüsselung der Subpopulationen). Auch LDH immer erhöht.

Unterm Strich wurde nichts gefunden, was auf derartige schwere Symptome passen könnte. Nach den Ergebnissen bin ich gesund (eigentlich beruhigend), fühle mich aber undefinierbar krank, und dies von einem Tag auf den anderen, seit 10 Monaten. Habe auch häufig Muskelzuckungen in allen möglichen Muskeln (sogar Zunge) und Muskelschwächezustände.

Ich war vor dem Tag X nicht im Ausland, bin seit jeher Nichtraucherin, trinke keinen Alkohol, nehme keinerlei Medikamente mit Ausnahme Kontrazeptivum seit 3 Wochen (um monatliche Blutverluste und damit den Eisenmangel einzudämmen). Allerdings habe ich seit Jahren diffuse Beschwerden, u.a. seit zwei Jahren leichte Ödeme in beiden Beinen (links etwas stärker) und nun auch verstärkt über und unter den Augenlidern. Seit 10 Jahren habe ich immerwieder Phasen häufiger Extrasystolen, Herz-Sono und die die EKGs allesamt i.o. bis auf die gemessenen Extra-Systolen. Außerdem habe ich seit Anfang 2014 einen Reizhusten, der immer mal wieder verschwindet für paar Tage oder Wochen, dann wieder monatelang da ist und in keinerlei Zusammenhang zu äußeren Einflüssen zu stehen scheint. Allergietests o.B., Lungenfunktion bestens, Lungenvolumen auch. Der Hustenreiz kommt defintiv aus der Lunge, ich kann das deshalb so genau sagen, weil ich vor 5 Jahren einen Keuchhusten hatte, der sich genauso (nur stärker) anfühlte/äußerte. Damals wurden meine Symptome 8 Wochen lang aufgrund normaler Lungenbefunde und normalen Blutbildes als psychogen eingestuft, bis anderer Arzt Erregerdiagnostik einforderte (Ergebnis: hohe Pertussis-IgM). Diese Art Husten hatte ich auch mal vor drei Jahren, er verschwand von selbst nach 4-5 Wochen.Achso: Ich bin weiblich, Anfang Vierzig, habe drei Kinder.

Nun meine Fragen: Früher (habe mir alte Laborwerte kopieren lassen) hatte ich nie erniedrigte Lymphozyten, seit meinem Diagnostik-Marathon aber stets. Was hat dies zu bedeuten?

Kann eine chronische Infektion hinter meinen Beschwerden stecken? (Borreliose-Werte immer widersprüchlich bei mir und wenn, dann liegt die Infektion 20-30 Jahre zurück.) Können Herpesviren solche atypischen Symptome machen und über so langen Zeitraum?

Kann eine Vergiftung vorliegen (wobei ich keine Anhaltspunkte hierfür habe oder kann man plötzlich Amalgam nicht mehr vertragen, können Titan-Zahnstifte so etwas auslösen)?

Wieso habe ich eindellbare Wassereinlagerungen, obwohl Schilddrüse, Nieren, Leber i.O. sind, woher kann das noch kommen und gibt es möglicherweise Zusammenhang zu den Beschwerden?

Kann eine Vaskulitis von Kleinstgefäßen vorliegen, obwohl ANCA negativ? Als ANCA getestet wurden, stand ich unter Prednisolon - falschnegative Werte möglich?

In welche Richtung kann man noch schauen?

Ich wäre für eine baldige hilfreiche Antwort sehr dankbar, da ich mich keinen Tag besser fühle trotz redlicher Selbstheilungsgedanken und diverser Versuche, alles zu verdrängen und mich aufs Leben zu konzentrieren. Arbeitsfähigkeit dennoch leider nicht vorhanden, musste mein Studium aufgeben.

Liebe Grüße und vielen Dank für das Lesen dieses langen Textes.

Ines

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Bisherige Antworten
Lifeline Gesundheitsteam
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08.01.2015, 21:22 Uhr
Antwort von Lifeline Gesundheitsteam

Hallo Ines, 

Lymphozyten sind ein wichtiger Teil des Immunsystems und vertreten vor allem die spezifische erworbene Abwehr. Ursachen können Stress, Cortisoneinnahme und andere Immunsuppressiva oder auch AIDS sein. Selten kann auch eine Tuberkulose einen Lymphozytenmangel verursachen. 

Herpesviren können durchaus zu einer langanhaltenden Abgeschlagenheit führen. Auch eine Borreliose kann Iher Beschwerden durchaus erklären. Leider kann es sehr schwierig sein, den Erreger sicher nachzuweisen. 

Eine Vergiftung über einen so langen Zeitraum wäre möglich, aber selten. Amalgan würde zu einer Anämie führen. Allerdings sind die freigesetzten Quecksilbermengen in der Regel sehr gering. Titan würde dies nicht verursachen. 

Die Wassereinlagerungen können durch das weniger feste Bindegewebe der Frau bedingt sein. Allerdings ist auch eine chronische Entzündung denkbar. 

Eine Vaskulitis kann Gefäße jeder Größe befallen und kann auch ohne positive ANCA-Werte vorkommen. ES gibt sehr wohl seronegative Vaskulitiden. 

Wir würden Ihnen am ehesten raten sich einmal in einer immunologischen Ambulanz einer Uniklinik vorzustellen. Hier befinden sich oftmals Spezialisten auch für sehr seltene Erkrankungen. Bringen Sie hierzu unbedingt alle Ihre Befunde und Arztbriefe mit. 

Wir wünschen gute Besserung - Ihr Lifeline Gesundheitsteam

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09.01.2015, 08:46 Uhr
Kommentar

Vielen Dank für Ihre rasche Antwort und liebe Grüße.

Ines

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